Anfang Juli 2014 wurde Bernhard Heidbreder von venezolanischen Sicherheitskräften in Mérida festgenommen. Seitdem sitzt der formal deutsche Staatsbürger in der Zentrale von Interpol Caracas am Parque Carabobo in der Hauptstadt Caracas in Polizeihaft. Die deutschen Behörden haben seine Auslieferung beantragt, weil gegen ihn in Deutschland ein Ermittlungsverfahren läuft. Bernhard wird vorgeworfen zusammen mit zwei weiteren Personen vor fast 20 Jahren in einer militanten Gruppe der Linken, dem K.O.M.I.T.E.E., aktiv gewesen zu sein. Diese Gruppe hat 1994 einen Brandanschlag auf ein Gebäude der Bundeswehr verübt. Außerdem hat sie 1995 einen Anschlag auf ein im Umbau befindliches Abschiebegefängnis geplant. Dieser wurde der in letzter Minute nicht ausgeführt. Sollte Bernhard nach Deutschland ausgeliefert werden, droht ihm aufgrund dieser Vorwürfe eine hohe Gefängnisstrafe.
Bernhard und die beiden anderen Beschuldigten haben sich der deutschen Justiz entzogen. Sie konnten damals vor fast 20 Jahren abtauchen und offensichtlich ein neues Leben aufbauen. Wir sind alte Freunde und Freundinnen von Bernhard und kennen ihn als Kämpfer der revolutionären Linken. Wir wissen, dass er auf keinen Fall ausgeliefert werden will. Deshalb wenden wir uns mit diesem Offenen Brief an die venezolanische Öffentlichkeit und die Regierung des Landes.
Das K.O.M.I.T.E.E. war Teil einer linken Bewegung. Ihr Angriff auf das Gebäude der Bundeswehr richtete sich gegen die Verfolgung von Kurdinnen und Kurden in der Türkei und gegen die Unterstützung dieser Unterdrückungspolitik von Seiten der deutschen Regierung. Der geplante Anschlag auf das im Bau befindliche Abschiebegefängnis sollte Wege aufzeigen, zu verhindern, dass Flüchtlinge aus Deutschland in Länder abgeschoben werden, in denen sie verfolgt werden oder in Armut leben müssen. Heute mehr denn je kämpfen Flüchtlinge, Linke und viele andere gegen die rassistische Flüchtlingspolitik der Europäischen Union, durch die fast täglich Menschen sterben. Die Länder der Europäischen Union haben eine unermessliche historische Schuld gegenüber Ländern des Trikonts und wehren sich mit allen Mitteln, sie zu bezahlen.
Auch in Venezuela kritisieren viele Menschen die rassistischen und kapitalistischen Verhältnisse. Die Regierung selbst hat sich eine gerechtere Welt zum Ziel gesetzt, in der alle Menschen ein würdiges Leben haben. Das K.O.M.I.T.E.E. hat für eine solche Welt gekämpft!
Unabhängig davon, ob die Drei tatsächlich an dieser Gruppe beteiligt waren, ist klar: Die Verantwortlichen für diese Anschläge sind keine Kriminellen, ihre Aktionen haben wichtige Zeichen gesetzt und – im Gegensatz zur deutschen Flüchtlingspolitik – niemanden verletzt. Deshalb appellieren wir an die venezolanische Regierung, Bernhard nicht an die deutschen Strafverfolger auszuliefern.
Die Auslieferung von Bernhard kann verhindert werden, wenn eine breite Bewegung in Venezuela dies einfordert. Deshalb nutzt eure Kontakte, um den Aufruf an die venezolanische Öffentlichkeit zu verteilen.
Quelle: Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen | No a la extradición