Deutschland: Befangenheitsantrag des Angeklagten Mehmet Yeşilçalı

In der Hauptverhandlung vom 29. Mai 2017 stellte die Verteidigung des Angeklagten Mehmet Yeşilçalı für ihren Mandanten einen Befangenheitsantrag gegen die 5 Richter und Richterinnen.

Anlass für diesen Antrag waren eine ganze Reihe von Entscheidungen und Verhaltensweisen des Gerichts, die Herr Yeşilçalı nur so werten konnte, dass das Gericht gegen ihn eine zunehmend feindliche Haltung eingenommen hat und nun versucht, seine sehr schlechte gesundheitliche Verfassung dafür auszunutzen, ihn zu einem Geständnis zu erpressen.
In der insgesamt 35 Seiten umfassenden Begründung des Ablehnungsgesuchs heißt es zusammenfassend:

„Die Haftfortdauerentscheidung des Senats vom 22. Mai 2017 stellt sich dabei für den Angeklagten Herrn Yeşilçalı als vorläufiger Schluss- und Kulminationspunkt einer Entwicklung dar, die von einer weitgehenden Missachtung und Ignoranz gegenüber seiner schweren psychischen Erkrankung geprägt ist.

Neben dieser Entscheidung gibt es weitere gerichtliche Schreiben und Handlungen, die im Rahmen einer Gesamtschau geeignet sind, bei dem Angeklagten Herrn Yeşilçalı Misstrauen in die Unparteilichkeit des Senats zu rechtfertigen und ihn befürchten lassen, dass der Senat ihm gegenüber eine voreingenommene und teilweise feindliche Haltung eingenommen hat. Nach Kenntnisnahme des Haftfortdauerbeschlusses stellen sich diese für den Angeklagten Yesilcali einerseits als Vorbereitungshandlungen der abgelehnten Richter dar, die die Voraussetzungen des Haftfortdauerbeschlusses konstruieren sollten, andererseits als Versuche einer Geständniserpressung unter Aufrechterhaltung einer tatsächlich und rechtlich nicht gerechtfertigten Haftsituation.

Bei dieser Gesamtbewertung der gerichtlichen Haltung des Senats bzw. einzelner Senatsmitglieder sind im Einzelnen folgende Vorgänge maßgeblich:

• Die rechtlich nicht gebotene und willkürlich erscheinende nachträgliche Einengung bei der Definition des Gutachtenauftrags an die Sachverständige Frau Dr. Limmer durch den Vorsitzenden (s.u. I.),

• das Führen von Gesprächen mit dem Vertreter der BAW über eine mögliche Herbeiführung einer Geständnisbereitschaft bei dem Angeklagten Herrn Yeşilçalı hinter dem Rücken der Verteidigung (s.u. II.) sowie

• die unter willkürlich erscheinender Verkennung rechtlicher Grundsätze und tatsächlicher Grundlagen zustande gekommene Haftentscheidung vom 22.05.2017 (s.u. III).

Dabei stellt sich für den Angeklagten Herrn Yeşilçalı die Situation so dar, dass das Gericht die ihm gegenüber bestehende Fürsorgepflicht bezüglich seiner gesundheitlichen Verfassung in schwerwiegender Art und Weise vernachlässigt hat und teilweise diesen schlechten Gesundheitszustand für ein eigenes Interesse an einer aus Sicht des Senates störungsfreien und beschleunigten Durchführung der Hauptverhandlung und zur Erlangung einer Geständnisbereitschaft auszunutzen trachtet.“

Herr Yeşilçalı muss unverzüglich aus der Untersuchungshaft entlassen werden.
https://www.tkpml-prozess-129b.de/de/29-05-2017/