Tag Archives: Balu

U-haft, Deals und Soligruppen: Vorbereitung ist mehr als Handschuhe und ein Tuch …

Dieser Text ist als Antwort auf einen Beitrag der Soligruppe Aaron & Balu mit dem Titel „Einige Gedanken zu Deals und offensiven Strategien gegen Repression“ zu verstehen. Die dort vorgestellten Analysen sind absolut richtig, im Alltagsbetrieb einer linksradikalen Szene jedoch nicht gegenwärtig. Das könnte an ihrem geringen Organisierungsgrad liegen, der u.a. auch auf die kurze Verweildauer im Widerstandsmilieu zurückzuführen ist. Wäre es anders, wüssten mehr Menschen das ein Deal, neben einer etwas schnelleren Haftverschonung, in der jüngeren Vergangenheit kaum eine geringere Strafe eingebracht hat.

Die letzten Jahrzehnte haben das im Bereich des Vorwurfs „Schwerer Landfriedensbruch“ bewiesen. Der Strafrahmen vor dem Gericht in Moabit orientiert sich an der politischen Konjunktur der um ihre Kompetenz bezüglich innerer Sicherheit besorgten Landesregierung. Knallt es oft und heftig auf den Straßen, steigen die Strafen an, Haftbefehle werden schneller ausgestellt. Im Zusammenhang mit dem 1. Mai war das gut zu beobachten. Und es hat auch gewirkt, gemessen an der Anzahl immer noch aktiver ehemaliger Gefangener aus den Hunderten 1. Mai Prozessen.

Genau so verhält es sich mit den Autobrandstiftungen, die zu einer Belastung des Senats wurden. Hier ein kurzer Rückblick auf Deals, die bestimmt nicht mehr vielen Leuten heute bekannt sind.

Im Prozess gegen Det gegen Tobias und auch gegen Thomas wurden Strafen verhängt, die trotz eines Deals ziemlich hoch waren. In allen Fällen wären die Urteile ohne Geständnis kaum härter gewesen. Wenigstens von der Soligruppe für Thomas ist eine Auswertung erhalten geblieben, die das Problem sehr differenziert betrachtet.

Eine These dazu könnte sein, dass sich Leute nicht über den Grad der Konfrontation mit dem Feind bewusst sind oder das sie vereinzelt sind. Oder beides, was für die Szene symptomatisch ist.

Die AnwältInnen sollten es besser wissen, aber auch das ist kein Geheimnis, einige kämpfen während andere eher den Kompromiss suchen. Demnach wäre eine Wissensvermittlung in der risikobereiten Szene notwendig, die ein realistisches Verhältnis zum Knast ermöglicht und auch AnwältInnen meidet, die konfliktscheue Prozessstrategien prinzipiell bevorzugen. Nicht auf einen Deal ging in der heißen Phase der Autobrände Alex ein, die ebenfalls fünf Monate in Untersuchungshaft saß. Sie wurde freigesprochen nach mehreren hart geführten Prozessen, obwohl es anfangs nicht gut für sie aussah, hatten doch Bullen behauptet sie auf frischer Tat beobachtet zu haben.

Um auf einige Fragen im o.g. Text einzugehen wie, „Wird ihnen dadurch auf perfide Art und Weise eine Verantwortung gegenüber den Strukturen aufgebürdet, die sie nie freiwillig auf sich genommen hätten?“ – Nein, egal ob du ein Auto anzündest, auf Demos Steine wirfst oder dich vielleicht nur in der entsprechen Situation oder Szene bewegst, du musst für alles die Verantwortung (er)tragen können. Wenn du an kollektive Lösungen glaubst. Glaubst du an individuelle Lösungen und hast kein Vertrauen in dein Umfeld, dann stehst du eben wirklich alleine da. Auch der Prozess um die Breite Straße in Hamburg hat genau diese Defizite aufgezeigt. Die dort erfolgten Einlassungen (Zur Einlassung eines Beschuldigten im Breite Straßen Verfahren) werden sicher die Justiz in ihrer Strategie der Angstverbreitung und Zermürbung bestätigt haben.

Die Vorbereitung von unfriedlichen Demonstrationen oder anderen militanten Projekten sollte deshalb einher gehen mit der Schaffung eines Bewusstseins für Repression und der Kollektivierung von Problemen und deren Lösung. Das Zusammengehörigkeitsgefühl in einer Kleingruppe kann stärker sein als die Verlockung auf einen Deal vor Gericht einzugehen. Dann stellt sich auch nicht die Frage ob „die Soligruppe zum Beispiel „mit offenen Karten“ spielen und Inhaftierten sagen soll, dass sie will, dass diese ohne Geständnis daraus kommen?“, denn diese Entscheidungen würden dann gemeinsam getroffen, was ja im zu Grunde liegenden Fall von Aaron offenbar nicht so war. Natürlich gibt es Situationen, in denen ein Deal, der niemanden belastet und ohne Distanzierung läuft, juristisch gerechtfertigt ist und der politische Schaden, der ihm immanent ist in Kauf zu nehmen ist.

Untersuchungshaft als Druckmittel in politischen Prozessen ist nicht neu, Gruppen die organisatorisch und theoretisch viel weiter entwickelt waren als die heutigen Autonomen, mussten sich damit auseinandersetzen – zum Beispiel im RZ-Prozess. Auch in diesem Verfahren gab es Deals und Einlassungen, von dem damaligen Soli-Büro bekannt gemacht (Die Stille nach dem Deal) und von Klaus Viehmann nicht ohne Sarkasmus kommentiert (Kritische Anmerkungen zu den Einlassungen im Berliner RZ-Prozess).

Beide Texte gehen den gleichen Fragen nach, vor denen wir heute stehen, sind aber mit großer Wahrscheinlichkeit für Angeklagte und Soligruppen der letzten Jahre keine Entscheidungshilfe gewesen. Kollektive Handlungsstrategien zu entwickeln, wie es die Soligruppe Aaron & Balu vorschlägt, setzt das Wissen über vergangene militante Initiativen und deren staatliche Verfolgung sowie der juristischen und politischen Anti-Repressionsarbeit voraus. Nur das Vermitteln der eigenen Geschichte auch in diesem Bereich kann uns davon freisprechen, mit Mobilisierungen unvorbereitete Menschen zu verheizen und nur der ständige Diskurs über den Umgang mit Repression würde uns legitimieren, zum Beispiel dem EA nahe zu legen, nicht mehr mit konfliktscheuen AnwältInnen zusammenzuarbeiten.

Jetzt, im Vorfeld des G20 Treffens in Hamburg, wird wieder die Werbetrommel gerührt für radikale Widerstandsformen. Verlaufen diese Mobilisierungen erfolgreich und sollte es ordentlich knallen im Juli, werden mit Sicherheit Menschen der Justiz in die Hände fallen. Darum müssen wir dafür sorgen, dass nicht Leute unvorbereitet diesen Aufrufen folgen, so wie ein gewisser Fede aus Mailand im März 2015 nach Frankfurt gefahren ist, um sich später vor Gericht nicht nur auf einen Deal einzulassen sondern auch von allem zu distanzieren (Heiligt der Zweck die Mittel? Fede nach 11 Wochen U-Haft frei).

Gleichzeitig mit der Entwicklung von Militanz sollten Antireppressions-Gruppen das Wissen über unsere Gegner verbreiten und den Diskurs über den Umgang mit Repression in ständigem Fluss halten, damit nicht bei Verhaftungen alles wieder von vorne anfängt.

aus dem Umfeld der Tag X Mobilisierungen

https://linksunten.indymedia.org/de/node/200160

Berlin: Einige Gedanken zu Deals und offensiven Strategien gegen Repression

Am 8. November ist Aaron an seinem ersten und letzten Prozesstag aus der Untersuchungshaft freigekommen. Nach viermonatiger Untersuchungshaft in der JVA Moabit wurde er u.a. für den Vorwurf eines Steinwurfes am 9.7. zu 20 Monaten Knast, ausgesetzt auf eine dreijährige Bewährungsstrafe, sowie 1000€ an die Justizkasse verurteilt. Ein Deal mit der Staatsanwältin Sadri-Herzog hat die Freilassung möglich gemacht. Über seine Anwält*innen hat sich Aaron zu der Tat bekannt. Dabei hat er sich weder entschuldigt, noch andere belastet. Sadri-Herzog hatte noch bis zum letzten Moment auf eine Distanzierung gedrängt.

Darauf folgend entstanden Diskussionen über U-Haft als Instrument einer politischen Justiz, das Eingehen von Deals, deren Symbolhaftigkeit und die Auswirkungen von gezielter Repression, dem Mittel U-Haft und hoher Strafandrohungen auf eine gesamte Bewegung / Szene. Der folgende Text ist aus der Auseinandersetzung innerhalb der Soligruppe entstanden. Wir haben keine abgeschlossene und einheitliche Position und verstehen diesen Text als Debattenbeitrag und -anregung. Bei der hoffentlich entstehenden Diskussion wünschen wir uns, dass sich von der individuellen Ebene, wie der von Aaron, weg bewegt wird.

Im Umgang mit Repression müssen wir uns immer neu mit unseren eigenen Überzeugungen, mit den Konsequenzen unseres Handelns, mit der Gefahr weggesperrt zu werden, mit Angst und Ohnmacht auseinandersetzen. Die klirrenden Scheiben, die Feuer der Nächte und die unzähligen Menschen, die am 9.7. auf die Straße gegangen sind und gekämpft haben, all dies können die Herrschenden nicht unbeantwortet lassen. Über mehrere Wochen konnten die Bullen der Öffentlichkeit keine Ermittlungserfolge präsentieren. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis die aggressive Kampagne des Rachefeldzugs einsetzt.  Die Festnahmen im Rahmen der Demo werden jetzt dazu benutzt, um mit voller Härte und politischer Motivation gegen den Widerstand der letzten Monate vorzugehen. Die Staatsanwältin Janine Sadri-Herzog treibt den Rachefeldzug mit aller Kraft an. Wie trotzen wir den Repressionsschlägen? Indem wir sie gemeinsam beantworten und den Kampf gegen die unterdrückenden Strukturen und Institutionen umso entschlossener fortführen.

U-Haft als Instrument
Untersuchungshaft wird dafür benutzt, individuellen Widerstand zu brechen und ein einschüchterndes Klima zu erzeugen. U-Haft soll isolieren, wodurch es möglich werden kann, Verhaftete in eine scheinbar ausweglose Situation zu bringen. Es soll keine andere Möglichkeit mehr gesehen werden, als auf „Angebote“ der Justiz einzugehen: man soll eine Tat eingestehen, sich entschuldigen, distanzieren oder Gefährt*innen belasten. Andauernde Haft, Isolation, Ungewissheit, eine vermeintlich erdrückende Beweislage, Erpressung seitens der Staatsanwaltschaft, viele Gründe können eine*n dazu bewegen, Kompromisse einzugehen. U-Haft an sich erzeugt Druck auf die angeklagte Person. Die Beweisführung muss dann nicht so genau sein, die Anklage kann hoch angesetzt sein. Denn Angeklagte sind unter der Last der U-Haft vielleicht schneller bereit „nachzugeben“ und scheuen einen langen Prozess. Die hohe Strafe, die zum Beispiel gegen Aaron verhängt wurde, setzt nun eine hohe Messlatte an.

Deals und Offensive Strategien
Wenn wir über offensive Strategien im Umgang mit der Justiz reden, sollten wir nicht vergessen, dass wir in unserem alltäglichen Leben ständig Deals mit dem System eingehen. Warum werden Bußgelder bezahlt? Klar ist, umso weniger Kompromisse gemacht werden, desto höher ist die Gefahr von Bullen, Fahrscheinkontrolleur*innen oder Securities bedroht zu werden. Das letzte Zwangsmittel staatlicher Gefügigmachung ist dann der Knast. Wir regen dazu an, sich neben der Frage nach dem Umgang mit der Justiz auch die Frage des Alltäglichen zu stellen.

Anti-Repressionsarbeit bedeutet solidarisches Verhalten und Widerstand gegen staatliche Repression zu stärken. Repression trifft einzelne, die als Exempel für eine Kampfansage gegen widerständige Strukturen verhaftet, vors Gericht gezerrt und eingesperrt werden. Wird ihnen dadurch auf perfide Art und Weise eine Verantwortung gegenüber den Strukturen aufgebürdet, die sie nie freiwillig auf sich genommen hätten?

Im Gegensatz zur juristischen Verteidigung geht Anti-Repressionsarbeit auch weg von der individuellen Ebene. Was bedeutet dies für die Soligruppe? Sollte sie zum Beispiel „mit offenen Karten“ spielen und Inhaftierten sagen, dass sie will, dass diese ohne Geständnis daraus kommen?

Eine offensive Strategie gegen Repression zu wählen, darf nicht bedeuten, von außen Inhaftierte moralisch unter Druck zu setzen, in dem wir ihnen sagen, dass ein bestimmtes Verhalten „unpolitisch“ wäre – so lange sie sich nicht distanzieren oder andere Personen belasten. Wir wollen nicht, dass der Eindruck entsteht, dass durch das Eingehen eines Deals die solidarische Unterstützung ausbleiben könnte. Wir fordern kein heldenhaftes Verhalten. Es ist legitim, sich für einen Deal zu entscheiden. Wichtig ist es jedoch, diesen juristisch und politisch abzuwägen.

Was können die Folgen individueller Deals sein? Wir sollten Strategien im Umgang mit Repression ständig zur Diskussion stellen. Wir haben es mit einer Qualität von Repression zu tun, bei der schon ein Zucken während einer Festnahme eine Anzeige wegen Widerstand zur Folge haben kann und so die Anzahl der Leute, denen Strafbefehle zugeschickt und Verhandlungstermine gesetzt werden, stetig wächst. In Strafverfahren ohne Knast als Druckmittel werden oft Deals eingegangen, zum Beispiel wenn der Strafbefehl akzeptiert und das Geld eingezahlt wird. Auch hier müssen wir uns die grundsätzliche Frage stellen, wie weit wir uns auf unsere Feindbilder Justiz und Staatsanwaltschaft einlassen. Werden, wie am 9.7., massenhaft Leute festgenommen ist es wichtig kollektive Handlungsstrategien zu entwickeln. So kann die systematische Individualisierung überwunden und eine gemeinsame Stärke erreicht werden, die als Druckmittel dienen kann.

Klar sollte sein, dass Deals nie etwas Erstrebenswertes sein können. Denn ein Deal bedeutet auch, sich auf die Justiz einzulassen, was immer eine Gratwanderung ist, vor allem wenn der Prozess eine politische Dimension besitzt. Die Akte kann geschlossen und eine hohe Strafe verhängt werden, ohne dass die Verteidigung diese erneut anfechten wird. Der staatliche Verfolgungswahn wird dadurch legitimiert, jeder Deal kann die Justiz dazu einladen, zukünftig schneller Haft- oder Strafbefehle zu erlassen. Ökonomisch ist es ein Gewinn für die Justiz, da eine lange Beweisaufnahme und mehrere Prozesstage erspart bleiben. Auf der ökonomischen Basis ist es also auch möglich, Druck zu erzeugen und die kapitalistischen Zwänge anzugreifen. Die Taktik einen Prozess mit vielen Beweisanträgen in die Länge zu ziehen, ist ein Beispiel dafür, bedeutet aber gleichzeitig für eine Person im Knast, länger sitzen zu müssen.

Allein machen sie dich ein
Macht euch vorher Gedanken, wie ihr im Fall von gezielter Repression gegen euch damit umgehen wollt. Auf Demos sind Bezugsgruppen und eine gemeinsame An- und Abreise mit vertrauten Menschen unverzichtbar. So bekommt man mit, wenn jemand festgenommen wird und weiß dann, was zu tun ist. Am besten wurden vorher schonmal solche Situationen in der Gruppe besprochen. Geht jemand in einer chaotischen Situation verloren und taucht auch Stunden danach / am nächsten Tag nicht wieder auf, dann ruft den EA an, nehmt Kontakt mit der Roten Hilfe auf, fahrt ins Krankenhaus oder zur Bullenwache. Haltet eure Wohnungen sauber, vermeidet Spekulationen und offene Gespräche in Kneipen etc, passt auf euch und andere auf!

Lasst uns zusammenkommen
Nutzen wir die aktuelle Repression dafür, zusammenzukommen anstatt auseinanderzubrechen. Die staatliche Reaktion auf Proteste gegen Gentrifizierung und Polizeistaat ist vorhersehbar. Es ist eine Reaktion darauf, dass Nachbar*innen zu hunderten gegen Zwangsräumungen zusammenkommen und diese verhindern, Hausgemeinschaften sich gegen Mieterhöhungen wehren und nachts die Profiteure des Ausverkaufs der Stadt angegriffen werden. Je erfolgreicher wir dabei werden, Widerstand entschlossen auf allen Ebenen zu führen, desto härter werden die Herrschenden agieren und repressive Schläge sind Teil einer staatlich aggressiven Kampagne gegen uns. Dieses Jahr sind die verschiedenen stadtpolitischen Kämpfe näher zusammengerückt, haben sich aufeinander bezogen und miteinander gekämpft. Begreifen wir die Kontinuität des Widerstandes und lassen wir uns nicht einschüchtern. Kämpfen wir weiter für die Freiheit!

Soligruppe Aaron & Balu

https://linksunten.indymedia.org/node/198856

Deutschland: Freiheit für Aaron und Balu

Vor ca. 6-5 Jahren begann der Jubel der Investor*innen, dass es in
Berlin zu anhaltender Wertsteigerung von Immobilien kommt und keine
Preisblase in Sicht ist. Dementsprechend schritt die
Stadtumstrukturierung nach kapitalistischem Maße voran. Mietpreise
schossen bei stagnierenden Realgehältern in die Höhe, sodass auch
teilweise bürgerliche Kleinfamilien sich in Teilen von Friedrichshain
Kreuzberg oder Neukölln die Mieten nicht mehr leisten können. Linke
Wohnprojekte wie die Liebig 14 wurden geräumt, um Platz für
Investor*innen zu schaffen und Kieze, die für Selbige als hartes Terrain
gelten, zu „bereinigen“. So liegt es nah, dass sich Widerstand formt und
permanente Kämpfe gegen Gentrifizierung und für den Erhalt von linken
Freiräumen geführt werden.

Die Antwort der Herrschenden darauf ist Repression in Form von bspw.
(Zwangs-)Räumungen oder dem vom Innensenat ausgerufenen Gefahrengebiet,
welches mit staatlichem Terror einhergeht. Dieser Terror äußert sich in
dauerhaften polizeilichen und verdachtsunabhängigen Kontrollen von
Personalien, sowie der Schikanierung von Anwohner*innen oder auch nur
zufällig vorbeikommender Menschen. Fakt ist: Jeder Mensch, der sich
solidarisch mit dem Friedrichshainer Nordkiez zeigt, wird angegriffen.

Mensch bedenke, dass sich seit ungefähr 8 Monaten der Nordkiez in einer
Dauerbelagerung durch den permanenten Aufenthalt von ca. 2
Einsatzhundertschaften befindet. Dieser Gedanke wird noch abstruser, da
im Allgemeinen Ordnungs- und Sicherheitsgesetz (ASOG) nichts von einer
derartigen zeitlich und örtlich unbeschränkten Ausführung steht. Dazu
kommen verschiedene Höhepunkte von staatlichen illegalen Angriffen auf
die Rigaer94, wie die Hausdurchsuchung im Januar diesen Jahres, die von
550 Polizisten und einer Einheit des SEK, bewaffnet mit
Schnellfeuerwaffen, durchgeführt wurde. Dabei wurden 1,5 Tonnen Kohle
beschlagnahmt, die Wohnungen beschädigt und Bewohner*innen schikaniert.
Die radikale Linke antwortete am 6.2. mit der „rebellische Kiez
verteidigen“-Demonstration, bei der 5000 Demonstrant*innen ein
energisches und kraftvolles Zeichen gegen politische Repression und die
von der Politik befeuerte Gentrifizierung setzten.
Hiermit noch nicht genug! So wurden am 22.6.2016 die Kadterschmiede im
Erdgeschoss und der Dachboden der Rigaer94 geräumt und sollten von einem
Trupp Bauarbeiter renoviert werden. Bis zum Urteil des Berliner
Landesgerichts, welches die Räumung natürlich ohne entsprechenden Titel
am 12.7.2016, als illegal beurteilte, hielten sich ein großes Aufgebot
Polizisten*innen vor und in der Rigaer94 auf um die Bauarbeiten zu
„sichern“. Auch dieses Ereignis löste selbstverständlich Widerstand aus.
Enough is Enough!

Der Senat steckte auf diese Art und Weise eine Niederlage ein, die
besonders Einen traf: den Innensenator Frank Henkel(CDU), den Initiator
der staatlichen Angriffe. Seine Antwort war eine Sonderkommission LinX
ein zurichten, die sich lächerlich machte, in dem sie ihren eigenen
Informanten Marcel Göbel festnahm und das als Triumph feierte. Er
lieferte auch die Vorgabe an die Polizei die Solidaritätsdemonstration
am 9.7. eskalieren zu lassen. Nach dem zweimal von Seiten der Polizei
mit Knüppeln und Pfefferspray die Demonstrant*innen stark angegriffen
wurde, kam es im weiteren Verlauf zu 86 Festnahmen und 123 „verletzten“
Polizist*innen.

Aus diesen 86 wurden 2 Menschen ausgewählt, Aaron und Balu, die für die
Legitimation der Repression gegen Linke und der Law&Order-Politik
Henkels zur Verantwortung gezogen werden sollen und immer noch in
Untersuchungshaft sitzen. Mit anwältlicher Hilfe wurde bisher alles
erdenkliche unternommen, um unsere Gefährten wieder aus der
Untersuchungshaft zu holen. Die Richter*innen der ersten und zweiten
Haftprüfungen entschieden sich gegen Freilassung, da die Staatsanwältin
Sadri-Herzog eine Fluchtgefahr auf Basis vermeintlich ungeklärter
Wohnverhältnisse suggerierte und auf die vermeintliche Schwere der
Vorwürfe einging. Der Beschluss unsere Gefährten in Untersuchungshaft zu
stecken, dient lediglich der Zermürbung und dem Brechen der beiden. Sie
sollen sich vor Gericht als reuige, demütige Angeklagte zeigen.
Interessant ist auch, dass im Fall von Balu der Vorwurf der versuchten
gefährlichen Körperverletzung lediglich auf Aussagen von
Zivilpolizeizeugen basiert und keine geschädigte Person gefunden werden
konnte. Die vermeintliche Fluchtgefahr von Balu beruht darauf, dass er
Einblick in seine Wohnsituation erlaubte. Er gab an bei seiner Mutter
gemeldet zu sein, in einer WG in Münster zu leben und in Frankfurt ab
nächstem Semester studieren zu wollen. Aarons Fluchtgefahr wird mit
vielen Stempeln in seinem Reisepass und österreichischen Herkunft begründet.

Um weiter Druck aufzubauen, erklärte die Staatsanwältin sich dafür
einsetzen zu wollen, dass beide mehrjährige Haftstrafen erhalten. Für
uns ist klar, dass an Aaron und Balu ein Exempel statuiert werden soll,
das widerständige Menschen einschüchtern soll und der Abschreckung
dient, sich gegen eine Stadtumstrukturierung nach kapitalistischen
Maßstäben aufzulehnen, sowohl als die herrschenden Verhältnisse
anzugreifen. Gleichzeitig muss Henkel seinen Wahlkampf, der sich wie
beschrieben an der radikalen Linken abarbeitet, verteidigen. Für Henkel,
der für seine Law&Order-Politk bekannt ist, gilt es zu vermeiden von
konservativen Teilen der Bevölkerung als schwach zu gelten. So fischt er
auch auf Kosten auf unserer Gefährten nach Stimmen, die er der AFD zur
kommenden Berlinwahl im September abringen möchte.

Angesichts der bestehenden Gegebenheiten betrachten wir rebellisches
Verhalten als eine Notwendigkeit, um die bestehenden
Herrschaftsverhältnisse anzugreifen, abzuschaffen und nach
freiheitlichem Maßstäben umzugestalten! Wir zeigen uns bedingungslos
solidarisch mit Aaron und Balu und möchten euch auffordern dasselbe zu
tun! Werdet aktiv und kreativ! Schreibt den Beiden! Spendet, um kommende
Repressionskosten abzudecken und deren Anwalt zu finanzieren!

Unsere Solidarität gegen ihre Repression! Freiheit für Aaron und Balu!

Rote Hilfe OG Berlin

Addressen:
Aaron
Balu
RH-Berlin
Stadtteilladen Lunte (Neukölln)
Weisestraße 53
12049 Berlin

Als Absender könnt ihr unsere Adresse angeben. Bitte schreibt uns eine Mail
mit deinem im Brief verwendeten Namen, damit wir Briefe an euch
weiterleiten können.

Spendenkonten:

Rote Hilfe e.V.
GLS-Bank
IBAN: DE55 4306 0967 4007 2383 17
BIC: GENODEM1GLS
Stichwort: support Aaron und Balu

oder

Schwarz-Rote-Hilfe Münster
Kontonr.: 282052468
BLZ 440 100 46
Postbank Dortmund
Stichwort: support Aaron und Balu

Wenn ihr euch weiter informieren wollt. Homepage des Solikreises für
Aaron und Balu:
https://aaronbalu.blackblogs.org/ oder berlin.rote-hilfe.de