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Vergrössern wir die internationale Solidarität für die Freiheit der ATIK-Mitglieder!

Am 15. April 2015 hat der deutsche Staat im Namen des “Kampfes gegen den Terror” auf Grundlage der dem Paragraphen 129 a und b des deutschen Strafgesetzbuches gegen die demokratische Institution ATIK, gegen fortschrittliche, und demokratische Aktivisten Staatsterrorismus verübt. Er hat mit willkürlichen und faschistischen Methoden Verhaftungen durchgeführt. Seit einem Jahr befinden sich neun zum Teil leitende ATIK-Mitglieder in Isolationshaft.

Dieser Angriff ist ein Teil der Angriffe gegen die demokratischen Institutionen der Migranten und gegen fortschrittliche, revolutionäre Persönlichkeiten.

Dieser Angriff ist ein Teil der Bedrohungs- und Einschüchterungsangriffe und Ausdruck davon, dass der imperialistische Kapitalismus für die Krise, die er nicht überwinden konnte, die Migrantenmassen verantwortlich macht und davon, dass er ihren legitimen und gerechten Kampf unterdrückt.

Wir rufen alle fortschrittlichen, revolutionären und kommunistischen Parteien, Institutionen und Personen auf, um gegen diese faschistischen Unterdrückungen und Verhaftungen zu protestieren, damit diesen ungerechten, willkürlichen und antidemokratischen Verhaftungen ein Ende gesetzt wird.

Der 15. April 2016 ist der erste Jahrestag unserer ATIK-Genossen im Knast unter schweren Isolationsbedingungen.

Und der 13.Mai 2016 ist der erste Prozesstag vor Gericht.

An den Tagen vom 16. April und 13. Mai rufen wir alle Freunde, Genossen und revolutionären Parteien, Gruppen und Personen zur Solidarität in Form von Protestaktionen vor den deutschen Botschaften und Konsulaten mit dem Slogan “Freiheit für Müslüm Elma und für seine Freunde” auf!

Freiheit für Müslüm Elma und seine Freunde!

Es lebe der internationale Kampf und die internationale Solidarität!

MLKP Internationales Büro

Deutschland: Bericht über die Aktivitäten zum Tag der politischen Gefangenen

Der diesjährige 18. März stand für uns unter dem Motto „den Kampf der Gefangenen zur eigenen Sache zu machen“. Um sich dem anzunehmen gab es wie bereits in den letzten Jahren eine Bündniskundgebung vor dem Knast in Stammheim (siehe Bericht). Neben dieser Kundgebung wurde auch auf dem Schloßplatz eine Kundgebung zum Tag der politischen Gefangenen organisiert.

Darüber hinaus organisierten wir eine Veranstaltung zum Alltag im Knast, bei denen die Gefangenen ihre Eindrücke aus dem Knast schildern konnten und ein Telefoninterview mit Thomas Meyer-Falk (Datei folgt) abgespielt wurde und ein Solidaritätskonzert mit Grup Boran, Nabla, den Esperanza Rap-Stars und Einheizfront. Bei dem Konzert entstand dann auch ein solidarisches Gruppenbild, aus dem eine Postkarte für die Gefangenen entstehen wird.

Wir freuen uns, dass auch in diesem Jahr wieder einige Menschen aktiv und auf unterschiedlichen Ebenen ihre Solidarität gezeigt haben und freuen uns darauf im nächsten Jahr darauf aufzubauen.

Bericht zur Kundgebung

Anlässlich des 18. März, dem Tag der politischen Gefangenen, versammelten sich am 20. März 2016 knapp 40 AktivistInnen in Stuttgart Stammheim, um den politischen Gefangenen ihre Solidarität zu zeigen.

Aktuell sind in Stammheim Yusuf Tas, Özgür Aslan, Ali Özil und Muhlis Kaya weggesperrt. Yusuf Tas & Özgür Aslan wurden vor dem OLG Stuttgart zu langjährigen Haftstrafen wegen der angeblichen Mitgliedschaft in der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) mit Hilfe des §129b verurteilt. Ali Özil wird gerade wegen der angeblichen Mitgliedschaft in der PKK ebenfalls vor dem OLG Stuttgart ebenfalls mit Hilfe des §129b der Prozess gemacht und Muhlis Kaya wurde vor knapp einem Monat verhaftet, da er auch der PKK angehören soll.

Es gab Redebeiträge der Roten Hilfe, des Arbeitskreis Solidarität und der Anatolischen Föderation, sowie Grußworte von politischen Gefangenen, u.a. von Yusuf Tas , Sadi Özpolat und ein aufgenommenes Grußwort von Thomas Meyer Falk. (ist angehängt)

In den Reden wurde thematisiert wie wichtig es ist kontinuierlich Solidaritätsarbeit für die Gefangenen zu leisten, um das solidarische Band von draußen nach drinnen enger knüpfen zu können.

Thematisiert wurden auch die Hunger- und Bummelstreiks in der JVA Butzbach im Dezember 2015 und Anfang März 2016, die kollektiv geführt wurden und von der Gefangenengewerkschaft GG/BO maßgeblich unterstützt wird.

Die Aktivistinnen und Aktivisten grüßten die Gefangenen immer wieder lautstark mit verschiedenen Parolen.

Zum Abschluss der Kundgebung wurden rote Luftballons mit anhängenden Gefangenenadressen als Zeichen der Solidarität in die Luft steigen lassen.

Die Polizei zeigte sich mehr oder weniger im Hintergrund und beobachtete das Geschehen von Weitem.

Abschließend gab es eine Spontandemo zur Rückseite des Knastes, von wo aus die Gefangenen am besten nach draußen sehen können. Dort wurden diese nochmals lautstark mit Parolen und Rufen gegrüßt.

Wir hoffen, dass unsere Solidarität die Gefangenen über die Knastmauern erreichen konnte und die Gefangenen eine ermutigende Abwechslung zum tristen und grauen Knastalltag erleben konnten. Auch wenn uns Mauern voneinander trennen, so finden wir Wege unsere Solidarität zu bekunden und den Gefangenen zu zeigen, dass sie weder alleine, noch vergessen sind.

Die Gefangenen sind unsere Würde.

Hoch die Internationale Solidarität!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

http://aksolidaritaet.bplaced.net/wordpress/kampagnen/den-kampf-der-gefangenen-zur-eigenen-sache-machen/bericht-ueber-die-aktivitaeten-zum-tag-der-politischen-gefangenen/

Kämpfe verbinden! Isolation durchbrechen!

Der 18. März als Tag der politischen Gefangenen hat eine historische Bedeutung (siehe Kasten) und ist ein Teil der Geschichte des Kampfes für eine klassenlose Gesellschaft. Dieser Kampf hält bis heute an. Immer noch kämpfen wir für eine Welt ohne Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung. Denn die kapitalistischen Verhältnisse produzieren Armut, Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung und Entfremdung – und das wortwörtlich am laufenden Band.
Die Methoden haben sich verändert, die Herrschenden haben sich geändert und doch ist die Systematik die selbe geblieben: Die Ausbeutung des Großteils der Bevölkerung, die den Reichtum einer Minderheit produzieren. Wer sich gegen dieses System der organisierten Unterdrückung und Ausbeutung auflehnt und für eine gerechte, solidarische Gesellschaft kämpft, bekommt früher oder später die Repression des Staates zu spüren.
Und so sind nicht nur diejenigen mit Repression konfrontiert, die wie die Pariser Kommunarden die Waffe in die Hand nehmen, sondern jedeR, der/die sich gegen die herrschende Ordnung auflehnt und gegen diese Widerstand leistet.
Die Repression zielt darauf ab Kämpfe zu unterdrücken und letztlich zu zerschlagen, um die herrschende Ordnung mit aller Gewalt aufrechtzuerhalten und die entstehenden Klassenkämpfe zu verhindern.
Sei es durch die Kriminalisierung von Protesten bei Straßendelikten in Form von Strafbefehlen, Geldbußen bis hin zu Haftstrafen,
oder eben auch in Form von Organisationsdelikten, bei denen es nicht um eine bestimmte Tat geht, sondern um die Zugehörigkeit in einer als „kriminell“ oder terroristisch eingestuften Organisation.

Widerstand – Repression – Solidarität
Wenn Repression in der kapitalistischen Logik auf Widerstand folgt, so muss in einer revolutionären Logik Solidarität auf Repression folgen.
Egal ob am 18. März oder an jedem anderen Tag des Jahres: Wir zeigen uns solidarisch mit denjenigen, die mit Repression konfrontiert sind, mit Gefangenen, die für die Perspektive einer Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen und weltweit in Knästen weggesperrt sind.
Denn egal ob es unsere Genossen in Deutschland sind, die nach dem Paragraph 129 a/b verfolgt werden oder ob in anderen Ländern Europas wie in Griechenland Prozesse gegen den Revolutionären Kampf geführt werden. Was uns über Knastmauern und Ländergrenzen hinweg eint, ist der Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse und die Perspektive einer befreiten Gesellschaft.
Mit der Brandmarkung als Terrorist, mit der Diffamierung von politischen AktivistInnen als Gefahr für die Gesellschaft wird die Realität von den Füßen auf den Kopf gestellt: Diejenigen, die für eine klassenlose Gesellschaft kämpfen und sich gegen die herrschenden Verhältnisse richten, werden als angebliche Gefahr für die Bevölkerung stilisiert, während diejenigen, die tatsächlich Menschen auf der ganzen Welt durch Bomben, Verhaftungen, Hunger und der alltäglichen Ausbeutung terrorisieren, als Menschenrechtler und Friedensbringer gefeiert werden.
So wird der Steinwurf oder das Verteilen einer Zeitung zur terroristischen Tat während der Panzer der Herrschenden zum Friedensbringer verklärt wird.

Das solidarische Band zwischen drinnen und draußen…
Solidarität muss praktisch werden!

Deswegen heißt es für uns in mühevoller Kleinstarbeit Tag für Tag gemeinsam Solidarität zu organisieren und unabhängig von ideologischen Differenzen – sei es am 18.03. oder an jedem Tag im Jahr, den stetigen Angriffen der Herrschenden unsere Kollektivität, Solidarität und den Kampf um Befreiung entgegenzusetzen.
Dabei gilt es eine Brücke zu schlagen zwischen den Kämpfen inner- und außerhalb der Gefängnisse. Denn der Kampf hört nicht an den Knastmauern auf. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Hungerstreik 2015 in Griechenland. (Kasten 2).
So gilt es einerseits die Gefangenen in die Kämpfe, Mobilisierungen und Debatten außerhalb mit einzubinden und gleichzeitig die Kämpfe der Gefangenen zu unserer eigenen Sache machen, um die Isolation zu durchbrechen. Wir müssen an ihnen teilnehmen und sie außerhalb der Knäste führen.
Ein guter Ansatzpunkt ist die Gefangenen-Gewerkschaft, die innerhalb kürzester Zeit mehrere hundert Gefangene unter ihrem Dach vereinen konnte. (Kasten 3)
Lasst uns gemeinsam die staatlich verordnete Isolation durchbrechen, den Gefangenen den Rücken stärken und die Kommunikation zwischen den Inhaftierten und der Bewegung stärken.
Nutzen wir Tage wie den 18. März, so wie jeden anderenTag auch, um unsere Solidarität praktisch werden zu lassen.
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Kämpfe verbinden! Isolation durchbrechen!


GESCHICHTE DES 18. MÄRZ
Der 18. März erinnert an den Aufstand der Pariser Kommune im Jahr 1871, aber auch an ihre Zerschlagung und die folgende Repression. Die Reaktion übte nach ihrem Sieg an den KommunardInnen blutige Rache. Mehr als 20.000 Männer und Frauen wurden getötet, mehr als 13.000 zu meist lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Und doch bleibt die Geschichte der Kommune im Gedächtnis der sozialistischen, kommunistischen und anarchistischen Bewegung nicht in erster Linie als eine Niederlage haften, sondern lebt
als die Geschichte eines Aufbruchs, der bis heute andauert und noch lange nicht an sein Ende gelangt ist, weiter.
1923 erklärte die Internationale Rote Hilfe (gegründet 1922) den 18.03. zum „Internationalen Tag der Hilfe für die politischen Gefangenen“.
Nach dem Faschismus wurde der 18. März erst wieder 1996 zum Aktionstag für die politischen Gefangenen. Seitdem wird dieser Tag jedes Jahr mit Veranstaltungen, Demos oder anderen Aktivitäten begangen.

HUNGERSTREIK IN GRIECHENLAND
Zahlreiche Gefangene haben einen Hungerstreik u.a. gegen die Einführung von Isolationsgefängnissen (nach Stammheimer Vorbild), gegen das neue Vermummungsverbot und für die Entlassung kranker Gefangenen, durchgeführt. Auch außerhalb von Griechenland führten Gefangene einen Solidaritätshungerstreik durch und unterstützt und vorangetrieben wurde dies durch zahlreiche Aktivitäten und Aktionen außerhalb des Knastes.
Die inhaftierten GenossInnen haben mit ihrer Aktion direkt am Kampf der Genossen außerhalb beteiligt, in dem sie die Forderung gegen des Vermummungsverbot aufstellten. Es entstand eine Wechselwirkung die letztendlich zum Sieg geführt hat.

GEFANGENEN-GEWERKSCHAFT
Die Gefangenen-Gewerkschaft / Bundesweite Organisation (GG/BO) wurde im Mai 2014 von einigen Inhaftierten in der Berliner JVA Tegel gegründet. Aus diesen wenigen, die die Initiative ergriffen haben, sind innerhalb und außerhalb der Haftanstalten etwa 850 Mitglieder geworden. Die GG/BO fordert den Mindestlohn für Gefangene, die volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern, sowie den Versicherungsanspruch für gefangene ArbeiterInnen.
In verschiedenen Städten haben sich Solidaritätskreise zur Unterstützung der GG/BO zusammengeschlossen.

TERMINE ZUM TAG DER POLITISCHEN GEFANGENEN

Donnerstag, 17. März, 19 Uhr
Veranstaltung: Alltag im Knast
Wir werfen in der Veranstaltung einen Blick auf den Knastalltag. Wir lassen Gefangene dabei zu Wort kommen, die uns ihre Eindrücke schildern und uns ein authentisches Bild ihrer Situation zeichnen, sowie Ansatzpunkte zur Solidarität geben. U.a. wird der Langzeitgefangene Thomas Meyer-Falk interviewt.
im Stadtteilzentrum Gasparitsch,
Rotenbergstraße 125, 70190 Stuttgart

Freitag, 18. März, 20 Uhr
Konzert zum Tag der politischen Gefangenen
mit Nabla (Rock/Funk/Soul), Esperanza Rap-Stars (Hip Hop), Grup Boran (internationale Lieder)
im Stadtteilzentrum Gasparitsch,
Rotenbergstraße 125, 70190 Stuttgart

Sonntag, 20. März, 14 Uhr
Kundgebung vor dem Knast in Stammheim
im Stadtteilzentrum Gasparitsch,
Rotenbergstraße 125, 70190 Stuttgart

Arbeitskreis Solidarität
Für den Aufbau der Roten Hilfe International!
www.ak-solidaritaet.tk

Deutschland: Solidarität, Liebe und Kraft

Mitte Januar ist der Fahndungsdruck auf ehemalige Kämpfer*innen der RAF deutlich gestiegen. Für Burkhard, Dani und Volker bedeutet das, fast 20 Jahre nach Auflösung der RAF und nach über 25 Jahren in der Illegalität eine massive und konkrete Bedrohung ihrer sowieso schon schwer aufrecht zu erhaltenden Freiheit, ihrer Gesundheit, und nach allen Erfahrungen mit bei der Festnahme getöteten RAF-Kämpfer*innen auch ihres Lebens.

Der Hauptvorwurf gegen sie ist die Sprengung des Hochsicherheits- und Abschiebeknasts in Weiterstadt.
Dieser erfolgreiche Angriff auf ein im Bau befindliches Gebäude, in dem die BRD ihre menschenverachtende Straf- und Abschiebepolitik durchsetzen wollte, wäre unter normalen Umständen wahrscheinlich verjährt.
Für Dani, Burkhard und Volker gilt das nicht, gegen sie werden die Sonderparagrafen 129 und 129a angewandt. Das bedeutet für sie ein dauerhaftes Leben in der Illegalität oder die Gefahr einer lebenslangen Inhaftierung.

Wir haben Respekt für ihre Entscheidung für die Freiheit und gegen die Bullen.

Wir wünschen unseren ehemaligen Mitbewohner*innen Freiheit, Glück und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.

Liebe und Kraft

Für die Einstellung aller Verfahren und das Ende der Fahndung.

Bewohner*innen der Hafenstraße

Februar 2016

http://political-prisoners.net/item/4114-solidaritaet-liebe-und-kraft.html

Deutschland: Aufruf zum 18. März

Am 18. März, dem Tag der politischen Gefangenen, wird es erfreulicherweise wieder zahlreiche Aktivitäten geben. Als erstes wollen wir deshalb die Situation der Inhaftierten und Verfolgten kurz schildern, um aufzuzeigen, wie wichtig es ist, sich zu ihnen solidarisch zu verhalten.

Verstärkte Repression gegen den Widerstand
Seit einiger Zeit wird von den Herrschenden die Repression gegen DemonstrantInnen, AntifaschistInnen und HausbesetzerInnen verschärft. Diese Menschen, die sich gegen die Staatsgewalt wehren oder militant intervenieren, haben oft das Konstrukt des „gemeinschaftlichen versuchten Totschlags“ am Hals. Zur Zeit sind 3 linke Fussballfans Mathias, Schubi und Valentin in Nürnberg, Waldeck und Bremen wegen dieses Vorwurfs inhaftiert.

In Hamburg läuft zur Zeit ein Prozess gegen 6 HausbesetzerInnen. Drei von ihnen waren schon bis zu 6 Monaten in Untersuchungshaft. Gegen die anderen drei lautet die Anklage ebenfalls versuchter Totschlag. Einer von ihnen nimmt an diesem Verfahren bewusst nicht teil.

Die Klassenjustiz versucht mit solchen Anklagen uns lange in den Knast zu stecken, damit abzuschrecken und somit Friedshofsruhe im Herzen der Bestie wieder herzustellen.

Verfolgung linker migrantischer Strukturen geht weiter
Auch die Repression gegen kurdische und türkische Strukturen hält weiter an.
Als juristische Waffe dient den Herrschenden dabei der § 129b, der die „Mitgliedschaft bzw. die Unterstützung in/für eine terroristische Vereinigung im Ausland“ unter Strafe stellt.

In langjähriger Tradition richtet sich die Verfolgung insbesondere gegen linke migrantische Organisationen, denen die Mitgliedschaft in der PKK1, der DHKP-C2 oder jetzt auch in der TKP-ML3 vorgeworfen wird.
Am 15. April 2015 wurden in Deutschland 7 und 4 weitere in der Schweiz, Frankreich und Griechenland, also insgesamt 11 ATIK Mitglieder (Konföderation der Arbeiter aus der Türkei) verhaftet. Vorgeworfen wird ihnen Mitglieder der TKP/ML (Kommunistische Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch) zu sein, dass sie Gelder gesammelt, die Aktivitäten der Organisation in der Türkei unterstützt und in Deutschland KämpferInnen für Rojava ausgebildet haben sollen.

Weitere Verurteilungen wegen §129b
Wegen angeblicher „DHKP-C“-Mitgliedschaft wurden in Stuttgart im Juli Özgür Aslan zu 4 Jahre und 9 Monate, Sonnur Demiray zu 5 Jahre 6 Monate, Yusuf Tas und Muzaffer Dogan zu jeweils 6 Jahre, verurteilt.
Am 28.8. wurde der kurdische Politiker Mehmet Demir zu drei Jahren Haft verurteilt.
Eingeknastet nach §129b waren 40, zur Zeit sind es zirka 20 Gefangene.

Soziale und rebellische Gefangene
Doch nicht nur linke AktivistInnen werden von diesem Staat eingesperrt, sondern es werden alle Menschen verfolgt und bestraft, die sich nicht konform verhalten. So wurde z.B. das „Erhöhte Beförderungsentgelt“ der Bahn für sogenanntes Schwarzfahren bundesweit von 40 € auf 60 € angehoben. Es werden selbst kleinste Ladendiebstähle mit hohen Tagessätzen belegt. Aufgrund des kleinen Geldbeutels können diese Sachen oftmals nicht bezahlt werden und dann endet es mit der Verurteilung zu einer Haftstrafe. Hinzu kommt die vermehrte Abnahme von DNA Proben, während einer Festnahme, durch die Polizei. Die Betroffenen willigen leider häufig wegen Unwissenheit ein, obwohl sie keine gesetzliche Grundlage dazu verpflichtet und meist auf Druck der durchführenden Polizisten.

Das Gefängnis ist also eine der wichtigsten Institutionen des kapitalistisches Systems, es dient der sozialer Kontrolle, der Disziplinierung und der Repression. Es werden also nicht nur politische, sondern auch rebellische und widerständige Menschen weggesperrt. Sie sollen hinter Gittern isoliert, gebrochen und auf Linie gebracht werden. Deswegen fordern wir auch die Freiheit der sozialen Gefangenen!

Widerstand gegen die Haftbedingungen
Die seit dem Mai 2014 bestehende Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) ist in etwa 45 Haftanstalten mit bald 650 Mitgliedern präsent. Sie breitet sich weiter aus und verankert sich zunehmends in den Knästen der BRD. Sie fordert Gewerkschaftsfreiheit im Gefängnis, eine Bezahlung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns, den Erwerb aller Sozialversicherungsansprüche und ein Ende des Arbeitszwangs hinter Gittern. Für diese Forderungen traten im Dezember für zehn Tage mehrere Dutzend Insassen in der hessischen JVA Butzbach in einen Hunger- und Bummelstreik, der mit großer medialer Öffentlichkeit begleitet. Der Streik wurde nach 10 Tagen beendet.

Ebenfalls war im April und Mai Gülaferit Ünsal, die wegen §129b in Berlin eingesperrt ist, für 54 Tage in einem Hungerstreik. Nach 54 Tagen konnte sie dank der Solidarität von ebenfalls 6 hungerstreikenden §129b Gefangenen und der Solidarität von draußen durchsetzen, dass das gegen sie betriebene Mobbing eingestellt wurde und sie die Zeitschriften erhält, die ihr davor vorenthalten wurde.4 Da es weitere Schikanen gegen sie gab und ihr Zeitungen vorenthalten wurden, war sie von 5. – 11. Oktober erneut in einem einwöchigen Warnhungerstreik.

Auch die §129b-Gefangenen Sadi Özpolat und Özkan Güzel waren für 43 und 48 Tagen im Hungerstreik und konnten sich schlussendlich mit ähnlichen Forderungen durchsetzen.

Zurück zum 18. März
In vielen Städten dieser Republik entfalten sich wegen dieses Tages vielfältige Aktivitäten, wie Veranstaltungen und Demonstrationen. Zusätzlich gelingt es uns in den bürgerlichen und linken Medien mit Artikeln auf die Lage der Eingekerkerten aufmerksam zu machen. Das sind lobenswerte Initiativen, doch sie reichen bei Weitem nicht aus, um ein wirksamer Faktor gegen Unterdrückung zu werden, denn die Klassenjustiz verhindert mit allen seinen Mitteln, dass sich was am Staus Quo ändert. Warum das so ist wird deutlicher, wenn wir diesen Staat genauer betrachten.

Kurze Skizzierung der BRD
Die Lage in der BRD ist dadurch gekennzeichnet, dass dieser Staat weiterhin die stärkste europäische Macht und auch federführend bei der Konterrevolution in Europa ist. Innenpolitisch macht sich das fest an weiteren Verschärfungen und Einschnitten im sozialen Bereich (Agenda 2010). Diese hat auch Vorbildcharakter für andere europäischen Staaten wie z.B für Spanien und sollen im Rahmen von Europa 2020 flächendeckend eingeführt werden. Außenpolitisch übernimmt Berlin immer öfters führende Rollen bei Kriegseinsätzen. Gegenwärtig sind deutsche Soldaten an 16 Kriegen und militärischen Missionen beteiligt.

Nachdem die griechische Regierung am 13. Juli endgültig gegenüber der Troika eingeknickt ist wird auch auf finanzieller Ebene die führende Rolle der BRD zunehmend deutlicher.

„Deutschland führt Krieg. „Es ist ein brutaler Wirtschaftskrieg, mit dem Berlin das realisieren will, woran Deutschlands Eliten bereits zwei Mal gescheitert sind – die Hegemonie in Europa.“
(Thomas Konicz)

Nicht zuletzt daraus kann erklärt werden warum das innenpolitische Klima weiter durch einen Rechtsruck geprägt ist: Nicht nur durch rassistische Bewegungen wie PEGIDA, der AfD, anderen rechtspopulistischen Bewegungen oder faschistischen Strukturen, sondern auch von den herrschenden Parteien. Allein im ersten Halbjahr 2015 wurden über 500 Flüchtlingsunterkünfte angegriffen.

Insbesondere durch die imperialistische Einmischung in Syrien kommen mehr Geflüchtete nach Deutschland, was von der herrschenden Klasse dazu genutzt wird eine noch restriktivere Flüchtlingspolitik und Asylgesetzgebung weiter durchzusetzen.

Weiterhin läuft der „NSU-Prozess“ gegen die Faschisten in München. In diesem Verfahren wird die Zusammenarbeit von Faschisten mit Teilen der Geheimdienste, Polizei und Ministerien weiter geleugnet und vertuscht.

Probleme und Grenzen der Solidaritätsarbeit
Um es nochmal zu betonen, Solidarität mit den Gefangenen ist grundsätzlich wichtig, aber wir müssen uns fragen, ob die von uns organisierte Solidarität ausreicht. Nein! Weiterhin müssen wir uns deshalb fragen, was an Druck und an Initiativen fehlt.

Zum einen ist der 18. März bei vielen zur Routine, zum Einrichten und quasi zu Anerkennung des Status Quo verkommen. „Wir machen ja an diesem Tag etwas“. Pflicht erfüllt, aber leblos. Damit meinen wir den Eventcharakter dieses Tages, d.h. sich nur zu diesem Tag zu verhalten, reicht nicht aus, um einen notwendigen Druck erzeugen, um die ganze Repressionsmaschinerie zum Stürzen zu bringen.

Problematisch ist auch, dass nur ein kleiner Teil der (radikalen) Linken sich mit Repression beschäftigt. Weiterhin ist es oft so, dass nur dann Betroffenheit da ist, wenn jemand aus dem eigenen politischen Zusammenhang oder Freundeskreis von Unterdrückung und Verfolgung betroffen ist. Fakt ist auch, dass diverse Antirepressionsgruppen nur vereinzelt agieren. Der Bezug auf andere von Repression Betroffene wird nicht oft gesucht, nicht gewollt oder aus politischen Differenzen gemieden.

Die Herrschenden hingegen sind mit der Verzahnung ihrer Repressionsapparate bundesweit und international viel weiter als wir. Wir wären natürlich stärker, wenn wir alle an einem Strang gegen die staatliche Unterdrückung ziehen würden. Somit müssen wir Wege zu finden, um die Grenzen der bisherigen Solidaritätsarbeit zu durchbrechen.

Wichtige Fragen sind dabei:
Was verbindet uns mit den Gefangenen?
Was sind unsere Fragen und was ist unsere Kritik an Ihnen?
Was sind unsere Ziele?
Wie weit sind wir selbst von den herrschenden Normen wie z.b. Entfremdung, Ausbeutung, Resignation betroffen?
Wollen wir selbst das kapitalistische System abschaffen?

Was tun?
Um die Fragen, Probleme und Hindernisse bezüglich der Arbeit zum 18. März und gegen Repression insgesamt zu lösen und somit zu beseitigen, stellen wir „Unsere Eckpunkte gegen Repression und für Solidarität vor, die für uns eine gute Basis für ein geeintes Vorgehen gegen dieses Klassensystem sind.

In diesem Sinne:
Freiheit für die sozialen und politischen Gefangenen!
Drinnen und Draußen – ein Kampf!
Hoch die internationale Solidarität!

Unsere Eckpunkte gegen Repression und für Solidarität
Linke und revolutionäre Strukturen bekommen immer wieder Angriffe der internationalen Repressionsbehörden zu spüren. Der notwendige Widerstand gegen Ausbeutung und Unterdrückung wird mit allen Mitteln verfolgt und versucht einzudämmen. Doch die Repression ist die logische Konsequenz des Kapitals, um den Widerstand bereits im Keim zu ersticken und die Ausbeutungsbedingungen zu optimieren. Diesen Angriffen der staatlichen Behörden müssen wir unsere geeinte Antwort der Solidarität entgegensetzen, dabei werden wir unsere Kräfte bündeln, um trotz der Repressionsschläge die Klassenkämpfe von unten entwickeln zu können. Aus diesem Grund haben sich mehrere Organisationen zusammen geschlossen um die Antirepressionsarbeit zu stärken und eine Verteidigungsfront aufzubauen. Das erklärte Ziel ist, das Bewusstsein über Repression als Teil des Klassenkampfes von oben zu stärken und angegriffene Strukturen gemeinsam auf folgender Grundlage zu organisieren.

Linke Politik verteidigen

Um, als geeinte kämpferische und revolutionäre Linke, Repressionsschläge zurückdrängen zu können, müssen wir ohne ideologische Vorbehalte eine gemeinsame Position zur Aufhebung von Unterdrückungsverhältnissen auf einer solidarischen Basis herausstellen und diese als Ausgangsbasis einer gemeinsamen Praxis betrachten. Denn antifaschistischer, antikapitalistischer, antirassistischer, antipatriarchaler und antiimperialistischer Widerstand wird über ideologische Unterschiede hinweg verfolgt und angegriffen. Wir wollen gemeinsam Linke Politik verteidigen! Gemeinsam werden wir angegriffen und gemeinsam müssen wir uns zur Wehr setzen. Fünf Finger sind ´ne Faust!

Repression ist ein Ausdruck des Klassenkampfes von oben

Repression kann nicht losgelöst von den Verhältnissen betrachtet werden, und richtet sich nicht ausschließlich gegen den aktiv kämpfenden Teil der Klasse, sondern gegen die gesamte Klasse. Soziale Repression betrachten wir als Teil des Klassenkampfes von oben.

Wir sind keine karitative Vereinigung

… und haben keinen karitativen Ansatz, sondern einen klassenkämpferischen.

Sogenannte „Kreative Prozessführung“ lehnen wir ab

Nur Aussageverweigerung und kollektives Handeln im Umgang mit der Justiz können unsere Solidarität und unseren Widerstand stärken. Dies ermöglicht ein geeintes, konsequentes Vorgehen gegen Staat und Repression.

Keine Zusammenarbeit mit Staat und Repressionsbehörden

Wir arbeiten nicht mit Staat und Repressionsbehörden zusammen. Dies beginnt, als grundsätzlicher Widerstand gegen alle Formen der Repression, vor dem ersten Anquatschversuch und gilt für Vorladungen und Prozesse. Wir halten stets an der Aussageverweigerung fest, da wir von der Klassenjustiz zu keinem Zeitpunkt Gerechtigkeit zu erwarten haben. Aussagen sehen wir als politische Fehler. Eine konsequente Aussageverweigerung hingegen bietet keine zusätzliche Grundlage für folgende Prozesse. Dem Staat darf keine Möglichkeit gegeben werden durch Spekulationen und Gerüchte Informationen oder Hinweise abzuschöpfen.

Drinnen und draußen – ein Kampf

Es ist ein gemeinsamer Kampf, egal ob im Knast oder draußen. Der Knast ist einer der schärfsten Ausdrücke der Repressionsbehörden, doch wir lassen uns durch keine Mauern trennen im gemeinsamen Kampf gegen den selben Feind. Gefangene Genossinnen und Genossen kämpfen weiter und müssen sich auf Unterstützung von Draußen verlassen können.

Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen

ak 612: Ein starker Aufschwung der Organisierung

Wirtschaft & Soziales – Seit eineinhalb Jahren kämpft die Gefangenengewerkschaft für die Rechte Inhaftierter

Von Christof Mackinger

Er wurde 2009 wegen seiner Beteiligung an militanten Aktionen der militanten gruppe (mg) gegen Polizei, Arbeitsämter und zuletzt Militärinfrastruktur zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. »Ich wurde in den späten 1980er Jahren politisiert. Das war eine Zeit, in der es noch relativ agile Gefangenenkollektive politischer Aktivisten gab.« Doch das hat sich geändert. Oliver Rast war schon vor seiner Inhaftierung als Basisgewerkschafter aktiv – bei den Wobblies (Industrial Workers of the World) und der syndikalistischen Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union. »Aufgrund meiner Isoliertheit in Haft als politischer Gefangener musste ich gucken, ob es da nicht eine Möglichkeit gibt, Inhaftierte unter einem ganz anderen Label zusammenkommen zu lassen.« Und die gibt es: Im Mai 2014 hat Rast mit dem seit 20 Jahren inhaftierten Juristen Mehmet Aykol in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Berlin Tegel die Gefangenengewerkschaft gegründet, aus der die Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) entstanden ist. »Wir hatten damals keine Vorstellung, dass aus zwei Menschen innerhalb von eineinhalb Jahren knapp 850 Inhaftierte in über 70 Haftanstalten werden könnten.« Mit einer Unterstützungsstruktur außerhalb der Gefängnisse wird »das solidarische Band zwischen Drinnen und Draußen« nochmal gestärkt. Diesem Kreis gehört Oliver Rast nach seiner Entlassung auch weiterhin an.

Ein Freiraum für Unternehmer …

Warum die Idee einer Gewerkschaft hinter Gittern bei so vielen Inhaftierten auf Zuspruch stößt? In Deutschland sind derzeit rund 63.000 Menschen inhaftiert, in Österreich etwa 8.800. Während für Strafgefangene in ganz Österreich Arbeitspflicht herrscht, ist der Justizvollzug Deutschlands aufgrund der Föderalisierung seit 2006 Ländersache und dementsprechend zerfasert. In nur mehr zwölf Bundesländern existiert eine Arbeitspflicht in Haft, wobei Gefangene der übrigen Bundesländer aufgrund des ökonomischen Drucks meist ohnehin auch arbeiten müssen. Die gesetzliche Regelung zur Arbeitspflicht lautet etwa in Hamburg: »Die Gefangenen sind verpflichtet, eine ihnen zugewiesene, ihren körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit oder arbeitstherapeutische Beschäftigung auszuüben«. Was sie arbeiten, können sich die Betroffenen in der Regel nicht aussuchen.

Viele der Inhaftierten sind in »Systemerhaltungsbetrieben«, wie Anstaltsküchen, Wäschereien etc. beschäftigt. Daneben lassen die meisten größeren Haftanstalten für den behördlichen Eigenbedarf produzieren, so Oliver Rast. »Faktisch jede Landesbehörde, von der Kindertagesstätte bis zum Ministerium lässt in den Haftanstalten produzieren. Die gesamte Bestuhlung des Berliner Abgeordnetenhauses wurde in der Polsterei der Haftanstalt Berlin Tegel gefertigt. Da wir den Eindruck haben, dass die Berliner Abgeordneten auch bequem sitzen, werten wir das als Hinweis, dass kein Ausschuss produziert wird – im Knast da wird Qualitätsarbeit geschaffen!« Darauf deutet auch der §34 Abs. 5 im Hamburger Strafvollzugsgesetz hin: »Sind Gefangene zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig, sollen sie arbeitstherapeutisch beschäftigt werden.« Eine wirtschaftliche Verwertung ist also durchaus eingeplant; jeden Zweifel daran räumt die moderne Ausstattung mit Arbeitsgerätschaften so mancher JVA-Werkstätten aus; genauso die umfangreichen, an Ikea erinnernden Kataloge, in denen die hinter Gittern gefertigten Waren feilgeboten werden. (1)

Dass es um Gewinne geht, lässt auch die Umwerbung der Privatwirtschaft vermuten, Aufträge an Haftanstalten zu vergeben: »Ein kluges Konzept für wirtschaftliches Produzieren. Freiraum für Unternehmer!«, so die Website der Arbeitsbetriebe bayerischer Justizvollzugsanstalten. Sachsens Gefängniswerkstätten werden als »verlängerte Werkbank des Handwerks und der Industrie« angepriesen, die »Auftragsspitzen schnell und kompetent abfangen« können. Eine aktivierende Befragung der GG/BO-Mitglieder zeigte, dass dies auch gerne in Anspruch genommen wird: So produziert der weltgrößte Hersteller von Windkraftanlagen, Enercon, über Subunternehmen in niedersächsischen JVA-Betrieben elektrische Bauteile, und international agierende Automobilzulieferer lassen Kunststoffkomponenten hinter Gitter fertigen.

So unterschiedlich die Auftraggeber_innen auch sein mögen, so einheitlich ist die Entlohnung weit unter jedem gesetzlichen Mindestlohn. Der Verdienst in Haft ist gesetzlich in fünf Vergütungsstufen geregelt. »Die meisten liegen mit ihrem Lohn zwischen acht und 15 Euro pro voll geleistetem Arbeitstag. In der Stunde sind das durchschnittlich 1,50 Euro«, so der Sprecher der GG/BO Oliver Rast. »Ich selbst hatte in der Buchbinderei der JVA Berlin Tegel zuerst die Vergütungsstufe zwei, später die drei. Das machte etwa 11 Euro Tagessold aus.«

Die Arbeitsbedingungen in deutschen Haftanstalten sind überaus flexibel. In gleich mehreren Landesstrafvollzugsgesetzen heißt es: »Es gelten die von der Anstalt festgelegten Arbeitsbedingungen.« Dies und die Tatsache, dass Auftraggeber_innen auf Lohnnebenkosten, wie Sozialabgaben etc. verzichten können, macht Gefängnisse tatsächlich zu »Freiräumen für Unternehmer«. Weder wird in die Pensionsvorsorge inhaftierter Arbeiter_innen eingezahlt noch werden sie im Fall einer Erkrankung entlohnt. So droht ihnen, vor allem nach langjährigen Haftaufenthalten, die Altersarmut – trotz geleisteter Arbeit. Eine miserable finanzielle Situation im Alter trägt nicht gerade zum positiven und abgesicherten Neuanfang nach einer Haftentlassung bei, ist doch Armut noch immer einer der Hauptfaktoren, der Menschen hinter Gitter bringt.

… nur beschränkt durch Arbeitskampf

Genau hier setzen die Forderungen der GG/BO an: Sie fordert neben dem Recht auf gewerkschaftliche Organisierung die Einbeziehung in den allgemein gesetzlichen Mindestlohn und in das komplette Sozialversicherungssystem, insbesondere die Einzahlung in die Rentenkasse. Doch wie können Gefangene von grundsätzlichen Arbeitsrechten ausgenommen sein? »Den Inhaftierten wird der Arbeitnehmerstatus mit dem administrativen Trick verweigert, dass die Arbeit hinter Gittern keine richtige Arbeit sei, sondern einem behandlungstherapeutischen Konzept folge«, so Rast. »Dazu kommt der Punkt, dass es eine Arbeitspflicht gibt, also laut dem Staat kein privatrechtliches Arbeitsverhältnis eingegangen wurde.« Die Durchsetzung der GG/BO-Forderungen hätte weitreichende Folgen: »Dann würde das deutsche Betriebsverfassungsgesetz gelten, und es würden auch Mitbestimmungsbefugnisse der Beschäftigten greifen. Deswegen hat ganz sicher der gesamte Justizapparat Bedenken, weil dies hieße, dass der deutsche Strafvollzug ein ziemlich anderes Gesicht bekäme.«

Momentan sind die inhaftierten Kolleg_innen noch weit von einer Umsetzung ihrer Forderungen entfernt, sie organisieren sich aber zunehmend. Erst im November 2015 wurde die Gründung einer ersten österreichischen Sektion der GG/BO in der Justizanstalt Graz-Karlau bekannt.

Arbeitskampf hinter Gitter …

In Hessen haben sich Ende 2015 Inhaftierte entschlossen zu handeln: In der JVA Butzbach verfügt die Gefangenengewerkschaft mittlerweile über eine breite Basis. Inhaftierte hatten mitbekommen, dass die von ihnen gefertigten Waren, wie etwa Trampolinmatten für Spielplätze, hochpreisig verkauft werden – demgegenüber steht der sprichwörtliche Hungerlohn der Arbeiter mit nur knapp elf Euro pro Tag. Dies hat die Inhaftierten dazu veranlasst, einen Forderungskatalog auszuarbeiten, der von rund 60 Gefangenen unterzeichnet wurde. Sie forderten unter anderem die Einbeziehung in den Mindestlohn, den Erwerb von Rentenversicherungsansprüchen und die Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern und unterbreiteten der Landesjustizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) ein Gesprächsangebot. Nachdem alle Anfragen ignoriert wurden, traten mehrere Gefangene in einen angekündigten Hunger- und Bummelstreik.

Aufgrund der gesetzlichen Arbeitspflicht gibt es in Haft keine legale Möglichkeit der Arbeitsniederlegung. »Der Hungerstreik ist nun aber die Möglichkeit, dass man aus medizinischen Gründen von der Arbeitspflicht befreit wird. Deshalb ist er für die Inhaftierten die einzige legale Möglichkeit in den Arbeitsstreik zu treten,« erklärt eine Sprecherin des im Herbst 2015 gegründeten Netzwerks für die Rechte inhaftierter Arbeiter_innen, in einem Interview im Freien Radiosender radio flora. Das Netzwerk unterstützte die Inhaftierten tatkräftig von außerhalb der Mauern mit einer Kundgebung und setzte eine Solidaritätserklärung auf, für die über 150 Wissenschaftler_innen, Gewerkschafter_innen und Aktivist_innen gewonnen werden konnten. Unter großem medialen Interesse wurde der Streik nach zehn Tagen beendet. Jörg Nowak, ein Aktivist des Netzwerks für die Rechte inhaftierter Arbeiter_innen, resümiert: »Die Forderungen der Inhaftierten konnten zwar nicht durchgesetzt werden, doch das Medienecho war ziemlich gut und der Widerhall in der Öffentlichkeit besser als gedacht.« Das erste Mal seit Langem wurden Gefangene wieder als soziale Akteure mit Rechten wahrgenommen.

… und seine Schwierigkeiten

Neben den ersten konkreten Arbeitskämpfen hat die GG/BO aber auch mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen. An erster Stelle stehen die Unionbusting-Maßnahmen der Haftanstalten: »Es gibt kaum einen GG/BOler, der nicht mit verstärkter Postkontrolle, Zellenrazzien, der Ablösung von der Arbeit oder mit Zwangsverlegungen konfrontiert ist. Wir haben hier die gesamte Palette der knastinternen Schikanen und Repressalien, die an unseren Mitgliedern durchexerziert werden.« Um dem zu begegnen versucht die Gefangenengewerkschaft Bündnispartner_innen im traditionellen Gewerkschaftsspektrum zu finden, das sich aber bisher recht zögerlich zur Selbstorganisierung der Inhaftierten verhält.

Daneben behindern die nur sehr beschränkten Kommunikationsmittel der Inhaftierten eine effiziente Organisierung und infolge dessen eine Demokratisierung der Gewerkschaftsstruktur: Gefangene haben keinen Zugang zum Internet und nur eingeschränkte Möglichkeiten für Telefonate. Organisatorisches hängt sehr stark von der Initiative der Unterstützer_innen in Freiheit ab. Daneben hat die GG/BO mit einer Fluktuation zu kämpfen, welche auf der aktuellen Lebenssituation vieler ihrer Kolleg_innen fußt. »In manchen Haftanstalten, wo sehr engagierte GG/BO-Kolleginnen und Kollegen am Werk sind, ist ein sehr starker Aufschwung der Organisierung zu erkennen. Mit deren Enthaftung geht jedoch oft auch ein struktureller Einbruch einher. Wir versuchen dies durch Unterstützungsstrukturen außerhalb der JVAs abzufedern« so Oliver Rast. Unterstützungsstrukturen, die noch viel Verstärkung brauchen können.

Christof Mackinger ist Politikwissenschaftler und politischer Aktivist. Im Unrast-Verlag veröffentlichte er 2015 das Buch »Radikale Ökologie«.

Informationen unter www.gefangenengewerkschaft.de.

Anmerkung:

1) Einen kleinen Einblick bietet zum Beispiel die JVA Butzbach auf ihrer Website (jva-butzbach-justiz.hessen.de) unter dem Menüpunkt »Werkhof/Eigenbetriebe«.

http://www.akweb.de/ak_s/ak612/14.htm

Erdogan’s Krieg und Merkel’s Komplizenschaft

Wir blicken auf ein blutiges Jahr zurück. Das Jahr 2015 war eines der brutalsten und blutigsten Jahre der neueren Geschichte der Türkei. Der Vernichtungsterror, die faschistischen Angriffe, Verhaftungswellen und Mordkomplotte richteten sich nicht gegen eine Personengruppe, nicht gegen eine politische Orientierung, sondern gegen jede Opposition, gegen jede sich artikulierende Minderheit.

Die bewusstesten Kräfte, die sich dem offenen Kampf gegen das kolonialistische faschistische Erdoğan-Regime stellen, sehen sich mit den offenen und verdeckten Mordkommandos, deren Ziel die physisches Vernichtung der Opposition und die Einschüchterung der Bevölkerung ist, konfrontiert. Nicht zufällig sind es in erster Linie die kurdische Freiheitsbewegung und die sozialistischen Kräfte, die im Fadenkreuz der Mordkommandos stehen und allein im vergangenen Jahr zu hunderten ermordet wurden. Durch gezielte Bombenanschläge wie in Amed (Diyarbakır), Pirsus (Suruç) und Ankara, durch extralegale Hinrichtungen wie die fünf Revolutionärinnen in Istanbul, durch den Vernichtungsterror gegen das kurdische Volk in Nordkurdistan.
In wenigen Monaten haben die Kräfte des Palastes, um den faschistischen Diktator Erdogan, mit einer Strategie der Spannung, des Terrors und des offenen Vernichtungskrieges eine gewachsene Hoffnung auf Frieden und Demokratie in der Türkei und Kurdistan zunichte gemacht und das Bewusstsein von Millionen von Menschen vergiftet. Mit dem „Verhandlungsprozess“ zwischen der PKK und der türkischen Regierung, mit dem Juni-Aufstand (Gezi/Taksim), mit dem politischen Kampf der vereinten demokratischen Front, der Demokratischen Partei der Völker (HDP), konnte nicht nur der Chauvinismus der konservativ-islamisch geprägten Bevölkerungsschichten aufgebrochen werden, sondern eine Aufbruchsstimmung mit einer konkreten Perspektive, dem Sturz der AKP-Diktatur und der Demokratisierung der Türkei, schienen in greifbare Nähe gerückt zu sein. Um die dadurch sich verschärfende Regimekrise zu überstehen, griff die herrschende Klasse, mit ihrem „Sultan“ Erdogan an der Spitze, zu einem klassischen Mittel: Krieg und Vernichtungsterror. Doch ihre Rechnung ging im Ganzen nicht auf. Zwar ist es ihnen gelungen an alte Ressentiments anzuknüpfen, die reaktionärsten Teile der Gesellschaft zu faschistischen Mobs auf den Straßen zu Mobilisieren und mit Terror, Betrug und Rassismus die Bevölkerung zu spalten und diese künstliche Spaltung zu betonieren, jedoch der Widerstand der demokratischen, sozialistischen und kurdisch patriotischen Kräfte konnte nicht gestoppt werden. Ganz im Gegenteil erleben wir heute neue Dimensionen des Widerstandes und des Strebens nach Freiheit und Demokratie. Mit ihrem Terror drängen sie immer mehr Menschen in den Widerstand gegen ihr System.

Doch was hat das alles mit uns in Deutschland zu tun?
Deutschland und die Türkei sind auf den unterschiedlichsten Ebenen mit einander Verbunden. Sei es politisch, militärisch, wirtschaftlich. Zudem leben heute mehrere Millionen Menschen die selber oder deren Familien aus dem Staatsgebiet der Türkei stammen in Deutschland. Die Türkei ist zudem eines der beliebtesten Urlaubsziele für Deutsche. Deutschland ist auch der wichtigste Handelspartner der Türkei. Allein aus diesen und vielen weiteren Gründen hat die herrschende Klasse in Deutschland ein reges Interesse an den Entwicklungen in der Türkei. Auf welcher Seite der Entwicklungen sie dabei steht, hat sie im vergangenen Jahr wieder mehr als deutlich gezeigt. Am deutlichsten wurde diese Position wohl als Angela Merkel Mitte Oktober zu einem Staatsbesuch in die Türkei gereist ist. Merkel hat damit zunächst einmal ein Novum begangen, mit bürgerlichen Etiketten gebrochen. Sie hat gerade einmal zwei Wochen vor vorgezogenen Parlamentswahlen ein politisch äußerst instabiles Land besucht, um sich mit dem, selbst in ihren eigenen Kreisen als äußerst autoritär geltenden, allein herrschendem AKP-Regime zu treffen, welches zudem bei den vorher stattgefundenen Wahlen seine Regierungsmehrheit verloren hatte. Um es kurz zusammen zu fassen, Merkel hat hier ganz objektiv Wahlkampf für die AKP und das Erdogan-Regime betrieben. Sie hat mit ihrem Besuch den Terror des türkischen Staates gebilligt und ihm weitere Unterstützung und Wohlwollen zugesichert. Dieser Besuch kommt einem Freifahrtschein für Menschenrechtsverletzungen und Staatsterror gleich. Diese Tendenz bestätigt sich durch den Fakt, dass die EU ihren jährlichen Bericht zur Entwicklung der Türkei, in dem sie nicht drumherum kam, massive Verschlechterungen in Fragen der Menschenrechte und Meinungsfreiheit zu konstatieren, bis nach den Wahlen in der Türkei zurück hielt.

Bei diesem Besuch und den damit einhergegangenen Treffen der Türkei mit EU-Vertretern in Brüssel wurde der sogenannte „Merkel Plan“ konkretisiert und beschlossen. Er bindet die Türkei offiziell in die Festung Europa ein und soll sie zum Schwert Europas gegen Flüchtlinge machen. Für ihre Dienste wird die Türkei mit drei Millarden Euro geschmiert, mit denen sie ihre Grenzen zu Europa hermetisch abriegeln und Flüchtlinge in Internierungslager einsperren soll. Zudem verpflichtet sich die Türkei Flüchtlinge die es schaffen von dort aus in die EU einzureisen wieder zurück zu nehmen. Im Gegenzug verspricht die EU Visa freies Reisen bzw. Visa Erleichterungen für türkische Staatsbürger. Die Türkei soll zudem als „sicheres Herkunftsland“ erklärt werden, was es Flüchtlingen aus der Türkei faktisch unmöglich machen würde in Deutschland Asyl zu bekommen. Ein Land als „sicher“ zu erklären in dem die Regierung einen offenen Krieg gegen einen großen Teil der eigenen Bevölkerung führt ist besonders absurd. Die im Zuge der Gespräche neu angefachten Beitrittsverhandlungen der Türkei zur EU sind bei all dem noch der unbedeutendste Aspekt.

Das dies alles kein Alleingang von Merkel war und ist zeigen die Aussagen von anderen deutschen Politikern. So erklärte Innenminister Thomas de Maizière: „Wir können nicht immer nur auf dem moralischen Sockel sitzen und alle Welt belehren über Menschenrechtszustände.“ Auch die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi wies jede Kritik an Merkels Türkeibesuch zurück. „Auch wenn die Voraussetzungen außenpolitisch und in der türkischen Innenpolitik höchst schwierig sind, führt kein Weg an der Zusammenarbeit mit der Türkei vorbei“.
Wir dürfen diese Zusammenarbeit jedoch nicht falsch interpretieren. Merkel ist nicht irgendein Handlanger Erdogans oder hat sich bettelnd seinen Forderungen gebeugt. Ganz im Gegenteil ist Merkel als Vertreterin der deutschen Bourgeoisie, an der Spitze der EU stehend, in die Türkei gereist um dort ihre eigenen Interessen zu vertreten und durchzusetzen.

Das Geschwafel deutscher Politiker die Türkei sei der „Schlüssel zur Lösung des Flüchtlingsproblems“ ist, selbst wenn man von den unmenschlichen Bedingungen unter denen Flüchtlinge in der Türkei leben müssen absieht, eine doppelte Farce, denn das Erdogan-Regime schafft selber die Ursachen dafür das Menschen fliehen müssen. Sie schafft diese Ursachen, in dem sie seit Jahren einer der engsten politischen, militärischen und logistischen Unterstützer des „Islamischen Staat“, Al Nusra und anderer islamistischer Terrororganisationen ist. Sie schafft diese Ursachen wenn sie hunderttausende Kurden in Nordkurdistan aus ihren Städten vertreibt und sie hält diese Ursachen aufrecht, in dem sie, die effektivsten Feinde der islamistischen Terrorgruppen, die kurdischen Selbstverteidigungseinheiten und die mit ihnen verbundenen Kräfte angreift und Rojava, die demokratische Hoffnung des Mittleren Ostens, versucht zu vernichten.
Und genau dieses faschistische Regime welches jeden Tag Andersdenkende von seinen Sicherheitskräften erschießen lässt, dessen Präsident sich positiv auf das politische System Hitler-Deutschlands bezieht und große Sprünge macht ein ähnliches in der Türkei zu etablieren und in dem es die Herrschenden kaum noch für Notwendig erachten die falsche Maske der Demokratie aufrecht zu erhalten, ist ein guter Freund der deutschen Regierung und Bourgeoisie.

Als Jugendliche aus der Türkei, Kurdistan, Deutschland und anderen Teilen der Welt, sehen wir es als unsere Aufgabe an, dies alles nicht unkommentiert zu lassen. Wir wollen sowohl über den Krieg Erdogans gegen das kurdische Volk und die Repression gegen die revolutionäre Bewegung, als auch gegen die Komplizenschaft Deutschlands informieren, protestieren und uns organisieren. Wir werden weder die psychologischen und physischen Vernichtungsangriffe gegen die kurdische und sozialistische Freiheitsbewegung, noch die Konsolidierung des faschistischen AKP-Regimes durch die offizielle Einführung der Präsidialdiktatur hinnehmen. Nach dem Motto „Wenn nicht wir? Wer dann? Wenn nicht jetzt? Wann sonst?“ werden wir unseren Widerstand vergrößern, egal ob in Deutschland, Europa oder der Türkei und Kurdistan.

Verfasst von: Sozialistische Jugendzeitschrift Young Struggle.

Deutschland: Smily´s Grüße aus dem Untergrund

Gefangene! Dort wo ihr seid waren viele von uns auch schon. Mal weil bei dem einen die Fahnenstange zu kurz war, die er auf einer Demonstration mit sich führte, mal weil sie zu lang war und damit angeblich Polizisten angegriffen wurden. Oder auch mal weil man sich gegen mehrere gewehrt hat die einen physisch angehen wollten, die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Dass worin Ihr Euch jetzt befindet ist nur die ungeschminkte Wahrheit von dem in dem wir sowieso schon alle leben. Die meisten nehmen das nur nicht wahr.
Viele von Euch haben das wahrscheinlich schon erkannt.
„Wir Europäer müssen jetzt zusammenhalten“ wird unterdessen in den Medien propagiert um Kriegspolitik fortzuführen und nützliche Idioten plappern das noch nach.
Wir fragen uns „welche Europäer?“ was für’n Zusammenhalten?“ „gegen wen und für was?“
Etwa die, die sich für die Freiheit einsetzen und aufgrund dessen sofort staatlicher Repression ausgesetzt werden, zusammen mit jenen die sie unterdrücken?
Oder die, die in der kapitalistischen Zwangsgesellschaft kriminell werden, weil sie keine andere Perspektive haben? Zusammen mit jenen die sie dann in Knäste stecken, damit sie dort auf den Arbeiter-Stockwerken noch mit Daimler-Produktionsarbeit ausgebeutet können?
Nein Freunde, so läuft das nicht! Wir bleiben international, und für uns gibt es nur eine Grenze. Diese verläuft zwischen oben und unten!
Wir sagen im Zweifel gegen die Sicherheit die nur ihnen nützt! im Zweifel gegen den Krieg, der nur ihnen nützt! und wir sagen im Zweifel für die Freiheit! Gefangene, macht was aus Eurer Knastzeit! Schaltet den Fernseher auch mal ab und lest Bücher.
Solidarisiert und organisiert Euch mit anderen Gefangenen über nationale, religiöse, oder Alters- Grenzen hinaus und tretet in Streiks wenn es sein muss. Im Knast kann man manchmal mehr Action machen als man so glaubt, und denen die uns hier festhalten auch ne harte Zeit bescheren.
In diesem Sinne wünsche ich jedem einzelnen von Euch ein produktives und revolutionäres Jahr 2016, und das selbst vereinzelten Beamten, die es mal aus der Verblödungspropaganda der Massenmedien raus geschafft haben, anfingen die Welt zu hinterfragen und auch endlich mal begriffen haben, dass auch sie nur Gefangene im Hochsicherheitstrakt eines menschenverachtenden Systems sind und sende Euch allen rote Grüße aus dem Untergrund!

Grußwort und Redebeitrag zur Silvesterkundgebung in Freiburg von Thomas Meyer-Falk

Herzliche und solidarische Grüße aus dem Freiburger Knast.

Auch wenn ich selbst in Sicherungsverwahrung sitze, habe ich doch täglich mit den Strafgefangenen zu tun. Denen geht es noch schlechter, als den Sicherungsverwahrten. So war 2015 für die Strafgefangenen ein Jahr der Verschärfungen. Restriktionen über Restriktionen. Beispielweise wurden die Freizeitmöglichkeiten rigoros zusammengestrichen. Die Möglichkeiten zu telefonieren wurden gekürzt. Es herrscht für viele der bloße Verwahrvollzug.

Nicht vergessen werden dürfen die jugendlichen Untersuchungsgefangenen, wie auch die erwachsenen Untersuchungsgefangenen. Denn in dem Freiburger Knast-Komplex hier sitzen hunderte Menschen hinter den verschlossenen Zellentüren.

Hier wird gelitten, gestorben und trotz allem auch gelebt!

Eine Demonstration wie die hier heute ist ein wichtiges Signal für uns Gefangene, aber auch für die Gesellschaft. Die Gefangenen sind nicht alleine – und es gibt Proteste gegen die Existenz von Knästen.

Euch ein lebendiges Jahr 2016, voller Leben und Kreativität. Und nun erstmal einen feiernden Silvesterabend!

Thomas Meyer-Falk
-Langzeitgefangener-

Grussbotschaft der Gefangenen-Gewerkschaft zu den Sylvester-Demos

Gefangene, ob in Beschäftigungsverhältnisse oder nicht, bewegen sich. Die seit dem Mai 2014 bestehende Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO), die in etwa 70 Haftanstalten mit vielen Hundert Mitgliedern und noch mehr Sympathisierenden präsent ist, ist ein Ausdruck hiervon. Aktuell vermutlich der bedeutendste hierzulande.

Wir nehmen als GG/BO die u.a. in Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart und Freiburg stattfindenden Sylvester-Demonstrationen vor den Haftanlagen dieser Republik zum Anlass, um uns direkt hier und heute an Euch hinter Gittern zu wenden: Ihr habt Euch mit der GG/BO ein eigenes Sprachrohr geschaffen. Und die mediale Resonanz ist Euch seit mehr als anderthalb Jahren gewiss. Ihr seit schon längst keine “Häftlinge” oder “Insassen” mehr – nein, ihr seid inhaftierte Gewerkschafter_innen und engagierte Gefangene, die im solidarischen Verbund mit Kolleg_innen vor den Anstaltstoren um sozial- und arbeitsrechtliche Mindeststandards ringen. Mindestlohn, komplette Sozialversicherung und die volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern sind zu einem Thema geworden – durch Euch!

Trotz der nicht unwesentlichen Teil-Erfolge stehen wir als GG/BO vor großen Hürden: unser rasanter Mitgliederzuwachs stellt uns vor enorme strukturelle Probleme. Wir haben mitunter große Mühe, um´s salopp zu sagen, den Laden zusammenzuhalten. Zu viel bleibt unterwegs liegen und kann mangels Zeit und Kraft nicht so absolviert werden wie es eigentlich erforderlich wäre. Wir sind zu häufig nicht nur am Rande unserer Kapazitäten, sondern zu oft weit darüber hinaus.
Aber wir wollen nicht lamentieren. Dafür besteht unter´m Strich auch keine Veranlassung, denn der GG/BO-Aufbauprozess zeigt nicht nur das Potential drinnen und draußen, sondern schafft die sprichwörtliche Bewegung, die wir alle als Basisgewerkschafter_innen und Aktivst_innen in sozialen Kämpfen suchen.

Unser Ziel muss es sein, die GG/BO innerhalb, aber auch außerhalb der Knäste, personell und organisatorisch zu stärken. Ansätze liegen reichlich vor. Zu Beginn des neuen Jahres wird es darauf ankommen, den Strukturaufbau voranzutreiben und die GG/BO zu festigen. Und vor allem zu dezentralisieren und zu regionalisieren. Ganz oben auf unserer Agenda steht, weitere Spiel- und Gestaltungsräume zu öffnen, damit sich inhaftierte Kolleg_innen bewegen können.
Zudem wollen wir unsere Kontakte zu den Basisgewerkschaften FAU und IWW, aber auch zu Sektoren in den Einzelgewerkschaften des DGB erweitern und vertiefen.

Wir wissen, wir liegen richtig: wir haben nicht nur die richtigen Themenstränge aufgemacht, sondern es gelingt zum Teil bereits, die soziale Frage hinter Gittern in ihrer ganzen Dimension – wie jüngst durch den Butzbacher Gefangenenprotest – konkret und praktisch aufzuwerfen. Und genau an diesen Punkten wollen wir direkt anknüpfen – mit EUCH!

Gewerkschaftliche Solidarität ist unteilbar – drinnen und draußen!
Kein Knast ohne GG/BO!
Volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern!

Quelle: http://aufbau.org/index.php/rote-hilfe-international-2/2139-grussbotschaft-der-gefangenen-gewerkschaft-zu-den-sylvester-demos