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Deutschland: HS Beendet

Hunger- und Bummelstreik seitens der Inhaftierten in der JVA Butzbach wird zum 11.12. 2015 beendet – die Auseinandersetzung um die soziale Frage hinter Gittern setzt sich indes fort!
Berlin, 10. Dezember 2015

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

der am 1. Dezember 2015 begonnene Hunger- und Bummelstreik von Inhaftierten in der hessischen JVA Butzbach wird in wenigen Stunden beendet. Auf einer außerordentlichen Sitzung der Interessenvertretung der Gefangenen (IVdG) und der Butzbacher Sektion der Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) mit Angehörigen der Linksfraktion im hessischen Landtag haben die engagierten Gefangenen beschlossen, ihren Protest in der Form eines Hunger- und Bummelstreiks mit Beginn des morgigen Tages zum Abschluss zu bringen. Nachdem die hessische Justizministerin Frau Kühne-Hörmann sich dem Dialog mit den Gefangenen verweigert hatte, hatten mehrere Inhaftierte diese Form des Protestes gewählt, um sich und ihren Anliegen endlich Gehör zu verschaffen. Dies ist durch das hohe Maß der öffentlichen Aufmerksamkeit für den Fall sowie durch den fulminanten Solidarisierungsgrad erreicht worden. Fast vier Wochen hindurch hat die medial weitergetragene Debatte über die Situation des Sozial- und Lohndumpings hinter Gittern angehalten. Mindestlohn, Sozialversicherung und Gewerkschaftsfreiheit für inhaftierte Menschen sind dadurch für eine viel breitere Öffentlichkeit zu einem Thema geworden, als es vorher der Fall war. Nicht zuletzt durch das Engagement des “Netzwerks für die Rechte inhaftierter Arbeiter_innen” konnten die Butzbacher Gefangenen wichtige neue Bündnispartner_innen für ihre legitimen Interessen gewinnen. Eine Unterstützungserklärung des Netzwerks wurde von über 150 großteils namhaften Wissenschaftler_innen, Menschenrechtsaktivist_innen und Gewerkschafter_innen und Menschen aus unterschiedlichen sozialen Bewegungen unterzeichnet. Die Gefangenen bedanken sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich für die Vielzahl solidarischer Bekundungen, die sie erhalten haben. Nach dem Ende des Hunger- und Bummelstreiks wird die Auseinandersetzung um die Erfüllung der sozial- und vollzugspolitischen Zielsetzungen der inhaftierten Gewerkschafter und engagierten Inhaftierten auf anderen Ebenen weitergeführt werden. Die GG/BO wird daran arbeiten, ihre Mitgliederbasis in der JVA Butzbach, die sich während es
Gefangenenprotests deutlich erhöht hat, weiter zu stärken. Sie wird sich außerdem dafür einsetzen, dass verschiedene Punkte auf parlamentarischer Ebene untersucht werden. Die Inhaftierten setzen
außerdem darauf, dass sich die Solidaritätsstrukturen, die sich vor den Anstaltstoren gebildet haben, weiter festigen. Ziel ist, dass der begonnene Austausch um die Verwirklichung der Koalitionsfreiheit für Gefangene fortgesetzt und intensiviert wird. „Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die soziale Frage hinter Gittern und die breit getragene Kampagne, die sich um den Gefangenenprotest in der JVA Butzbach entfaltet hat, sind aus der Sicht der GG/BO ein deutliches Signal, dass eine praktische Solidarität zwischen inhaftierten und nicht inhaftierten Kolleg_innen möglich ist“, so der GG/BO-Sprecher, Oliver Rast.

Deutschland: »Gefängnisse sind extralegale Billiglohninseln«

Hessen: Inhaftierte fordern Mindestlohn und Gewerkschaftsfreiheit. Sie sind in Streik getreten. Ein Gespräch mit Oliver Rast

Interview: John Lütten

Am Montag lief ein Ultimatum aus, dass Inhaftierte der JVA Butzbach dem Justizministerium gestellt hatten. Sie fordern u. a. den Mindestlohn für Arbeit in der hauseigenen Werkstätte, eine Rentenversicherung und das Recht auf gewerkschaftliche Betätigung. Seit Dienstag befinden sich Gefangene im Hunger- und im Bummelstreik. Wie kam es dazu?

Etwa 50 Inhaftierte der JVA sind Mitglieder der »Gefangenen-Gewerkschaft«, und es kam dort schon häufiger zur Einschränkung ihrer Arbeit durch die Anstaltsleitung. Auslöser der jetzigen Situation war, dass Inhaftierte interne Dokumente einsehen konnten, in denen die Verkaufspreise der Waren – u. a. Trampolinmatten – standen. Den zum Teil vierstelligen Summen steht ein Tageslohn der Inhaftierten von nur knapp 11 Euro gegenüber. Sie haben daraufhin eine Petition aufgesetzt, die u.a. unsere Kernforderungen – Mindestlohn, Sozialversicherung und Gewerkschaftsfreiheit – enthält und die aktuell von 62 Gefangenen unterzeichnet wurde. Seit Ende September haben die Inhaftierten sowohl die JVA als auch das Ministerium zu einem Dialog aufgefordert. Da ihr Anliegen jedoch ignoriert wird, hatten sie Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, CDU, schlussendlich ein Ultimatum gestellt.

René Brosius, Sprecher des Justizministeriums, hält Ihnen entgegen, dass Gefangene keine regulären Beschäftigten seien und darum auch keine entsprechenden Ansprüche hätten.

Das ist ein administrativer Trick. Tatsächlich unterliegt die Arbeit der Gefangenen keinem privatrechtlichen Verhältnis, sondern einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis, weshalb sie nicht als Arbeitnehmer definiert werden. Allerdings unterliegen ja auch Beamte einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis, woraus niemand ein Verbot der Koalitionsfreiheit ableiten würde. Gefangene verkaufen ihre Arbeitskraft gegen Entgelt, daher ist es auch Lohnarbeit. Inhaftierte produzieren keinen Ausschuss, sondern Mehrwert, und die Produktion hinter Gittern ist betriebswirtschaftlich organisiert. Diese und weitere Dinge zeigen: Gefangene sind abhängig Beschäftigte, darum muss auch ihnen die im Grundgesetz garantierte Koalitionsfreiheit zustehen, die laut Gesetzestext für »jedermann« gilt.

Wenn es sich um eine gewerkschaftliche Auseinandersetzung handelt, warum drohen die Insassen mit einem Hungerstreik statt mit einer klassischen Arbeitsniederlegung?

Weil in Hessen eine Arbeitspflicht besteht. Würden die Gefangenen zu einem Ausstand aufrufen, wäre das eine Aufforderung zur Meuterei, die Disziplinarmaßnahmen zur Folge hätte. Wer in den Hungerstreik tritt, unterliegt allerdings aus medizinischen Gründen nicht der Arbeitspflicht. Er ist daher die einzige Möglichkeit, sich dem Zwang zu entziehen.

Sie kritisieren das »vollzugliche Arbeitswesen« generell als »Sonderwirtschaftszone«, in der keinerlei arbeitsrechtliche Regulierung besteht, obwohl für die Privatwirtschaft produziert wird …

Die »Gefängniswirtschaft« ist ein fester Bestandteil regionaler Produktionsnetze, sie fungiert als »verlängerte Werkbank«. Eine Befragung unserer Mitglieder hat gezeigt, dass Gefängnisse u. a. für Zulieferer der Automobilbranche oder für die Elektronikindustrie produzieren – auch die Sitzpolster im Berliner Abgeordnetenhaus sind von Inhaftierten der JVA Tegel hergestellt worden. Hier findet de facto staatlich geschütztes Sozial- und Lohndumping statt. Den arbeitenden Gefangenen erwartet nach der Haft aufgrund der fehlenden Rentenversicherung die Altersarmut.

Welche Unterstützung erfahren Sie von seiten der DGB-Gewerkschaften?

Wir stellen eine zunehmende Aufgeschlossenheit für unsere Arbeit fest. Vielen Hauptamtlichen wird deutlich, dass Gefängnisse eine extralegale Billiglohninsel sind, derer die DGB-Gewerkschaften sich annehmen müssen. Wir sehen zwar, dass gewisse Berührungsängste gegenüber inhaftierten Beschäftigten existieren. Man muss sich aber vergegenwärtigen, dass wir hier von mehreren zehntausend Menschen sprechen, die faktisch im Niedriglohnsektor arbeiten – ein nicht unerhebliches Mobilisierungspotential also. Die Auseinandersetzung um den Niedriglohnsektor sehen wir als eine von mehreren Schnittmengen zwischen unserer Arbeit und der der DGB-Gewerkschaften.

Solidarität mit dem Hungerstreik in der JVA Butzbach

Widerstand lässt sich nicht einsperren!GGBO

Auch hinter den Gittern der Knäste regt sich Widerstand. Bereits seit einigen Jahren, schliessen sich immer mehr Gefangene in Deutschland und mittlerweile auch in Österreich der Gefangenengewerkschaft GG/BO an und kämpfen gegen die schamlose Ausbeutung der Gefangenen als billige Arbeitskräfte. Bundesweit haben sich mehr als 850 Häftlinge in über 70 Justizvollzugsanstalten gewerkschaftlich organisiert.
In Knästen müssen die meisten Gefangenen einer Arbeit nachgehen. Mehr als 1,87 Euro pro Stunde können sie dabei nicht verdienen. Eine Altersvorsorge existiert nicht. Besonders perfide ist hierbei, dass Gefangenen nicht nur für interne Arbeiten als BilligarbeiterInnen missbraucht werden, sondern sogar private Unternehmen, günstig für den Markt produzieren können. Gefängnisse kommen somit modernen Sonderwirtschaftszonen gleich, welche es Unternehmen, beispielsweise aus der Automobilindustrie, ermöglichen, Profite auf dem Buckel der Eingesperrten zu erwirtschaften.
Auf Verhandlungen wollen die Behörden nicht eingehen. So erklärte ein Sprecher des Hessischen Justizministeriums der TAZ, den Gefangenen „fehle die Eigenschaft als Arbeitnehmer“.

Dieser menschenfeindlichen Politik stellen sich nun Gefangene der JVA Butzbach mit einem der wenigen, aber wohl stärksten Mittel, die im Knast möglich sind, entgegen. Heute, dem 1. Dezember, traten mehrere Häftlinge in den Hungerstreik. Der Arbeitskampf gegen die Ausbeutung und für einen Mindestlohn, sowie eine Altersvorsorge macht auch vor Zäunen und Stacheldraht keinen Halt.
So wie der Kampf für ein würdevolleres Leben und gegen Ausbeutung und Unterdrückung keinen Halt vor Knastmauern macht, kann auch unsere Solidarität die Mauern, Stacheldraht und Zäune überwinden.

Solidarität mit den Hungerstreikenden in der JVA Butzbach!
Solidarität mit den Arbeitskämpfen in- und ausserhalb der Knäste!
Revolutionäre Grüsse an die GG/BO!

Revolutionäre Jugend Gruppe (Bern)

Deutschland: Hungerstreik für Mindestlohn

In der hessischen JVA Butzbach kündigen Gefangene unbefristete Proteste ab 1. Dezember an
Deutsche Gefängnisse seien längst zu »Sonderwirtschaftszonen« mit Billiglöhnen geworden, kritisiert die Gewerkschaft GG/BO. In der JVA Butzbach könnte Protest in dieser Sache zum Hungerstreik werden.

Einst wurde die JVA Butzbach wegen ihrer Trainerausbildung für Häftlinge gelobt. Nun droht ein Hungerstreik.

In der hessischen Justizvollzugsanstalt (JVA) Butzbach droht ab 1. Dezember ein unbefristeter Hungerstreik von Gefangenen. Die im Haftalltag für reguläre Lohnarbeit eingesetzten Gefangenen kritisieren ihre Arbeitsbedingungen und fordern »Minimalstandards« für Löhne und soziale Absicherung, bestätigte Oliver Rast, Sprecher der neuen Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO), auf »nd«-Anfrage.

»Mit unserem ›Hungerschrei‹ wollen wir ein Zeichen setzen«, so Jürgen Rößner, Sprecher der GG/BO-Sektion Butzbach. »Wir fordern Mindestlohn und Rentenversicherung für alle gefangenen Arbeiter(innen), Tariffähigkeit, Abschaffung der Arbeitspflicht, volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern und Solidarität drinnen und draußen.« Eine Petition mit diesen Forderungen, die »nd« in Kopie vorliegt, haben »nd«-Recherchen zufolge bereits weit über 100 Gefangene unterzeichnet. Grundgesetz, Resozialisierungsgrundsatz und Urteile des Bundesverfassungsgerichts, argumentiert Rößner, sicherten auch Gefangenen das Recht auf ungehinderte gewerkschaftliche Betätigung zu.

Ein Auslöser des Konflikts in der JVA Butzbach mit ihren rund 500 Gefangenen war dem Vernehmen nach ein Dokument im Zusammenhang mit der Produktion von Klettergerüsten für Spielplätze durch die gefängniseigene Schlosserei. Die Häftlinge, sagt GG/BO-Sprecher Rast, hätten die Preise für die Produkte mit ihren Stundenlöhnen in Höhe von maximal 1,50 Euro abgeglichen und seien zu der Schlussfolgerung gekommen, dass sie mit ihrer Arbeit der JVA traumhafte Gewinnmargen bescherten. Entgegen der politischen Zielsetzung einer Resozialisierung von Gefangenen »produziert dieses zur Zeit perfide Strafvollzugssystem den Rückfall von Gefangenen und entlässt sie in die resozialisierte Altersarmut, weil es sich nicht an seine ureigene Gesetzgebung und Verordnung hält«, beklagt Rößner.

Butzbach ist kein Einzelfall. Deutsche Gefängnisse, sagt Rast, seien längst zu »Sonderwirtschaftszonen« mit Billiglöhnen geworden, in denen teilweise auch private Unternehmen ohne Sozialabgaben produzieren und ausbeuten ließen.

Für Unmut unter den Gefangenen sorgen auch die Folgen des Personalabbaus im Strafvollzug. So sind laut Rast vielfach sportliche Aktivitäten und Ausgänge gestrichen worden. Dies komme einer Verschärfung der Freiheitsstrafe gleich. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), ein Ableger des Deutschen Beamtenbunds (DBB), beklagt »Arbeitsunzufriedenheit, Demotivation und zunehmenden Krankenstand« des vorwiegend beim BSBD organisierten Gefängnispersonals. »Die Arbeitssituation ist gefährlich und befindet sich in einer totalen Schräglage«, so die hessische BSBD-Landeschefin Birgit Kannegießer.

Die Butzbacher Gefangenen sind auch deshalb sauer, weil Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) bislang nicht auf ein Schreiben reagierte, das Ende September von der gewählten Interessenvertretung der Gefangenen verfasst wurde. Die Unterzeichner des Briefes hatten darin ihre Probleme geschildert, um ein Gespräch gebeten und sich für Lösungen offen gezeigt. »Es kann nicht sein, dass die Ministerin nicht auf die Sorgen der Gefangenen reagiert hat und diese nun keine andere Möglichkeit mehr sehen, als in einen Hungerstreik zu treten«, so die SPD-Landtagsabgeordneten Heike Hofmann und Lisa Gnadl. Beide forderten von der Justizministerin Aufklärung über Zustände in Butzbach.

»Nach jahrelanger Arbeit in der JVA muss man am Ende auch Rentenansprüche haben«, betont auch die LINKE-Abgeordnete Marjana Schott. »Wenn die Ministerin den Gedanken der Resozialisierung und die Anliegen der Gefangenen ernst nehmen würde, hätte sie auf den Gesprächswunsch reagiert.« Dass die Gefangenen nun mit einem Hungerstreik auf ihre prekäre Lage aufmerksam machen wollten, sei »erwartbar gewesen«, so Schott.

Von Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden, nd 23.11.2015

Deutschland: Wenn eine Band zum Sicherheitsrisiko erklärt wird

Die deutsche Regierung verweigert linker Band aus der Türkei Einreise, weil sie auf einer Liste stehen soll, die niemand gesehen hat.

“Herz und Stimmen gegen den Rassismus” [1] sollte das eher unverfängliche Motto des Konzerts lauten, dass die linke türkische Band Grup Yorum [2] in Oberhausen am 14.11. geben sollte.
Für die Band wäre es fast ein Heimspiel gewesen. Schließlich hat sie auch schon in den vergangenen Jahren in Oberhausen vor einer begeisterten Anhängerschaft gespielt. Im letzten Jahr solidarisierte [3] sie sich bei dem Konzert mit den Opfern des NSU-Terrors. Doch in diesem Jahr wird die Band wohl nicht kommen können. Die deutsche Regierung verweigert ihr die Einreise.
In einer Erklärung der Gruppe heißt es: “Obwohl wir zuvor mehrere Konzerte in Deutschland und Europa gespielt haben, wurde unser Visumantrag vergangene Woche vom deutschen Konsulat abgelehnt. Als ob das noch nicht reicht, gibt man an, dass man Maßnahmen einleiten wird, damit den Grup-Yorum-Mitgliedern auch in Zukunft die Rechte aus dem ‘Schengener’ Abkommen vorenthalten werden.”

Begründet wurde die Visaverweigerung vom deutschen Konsulat mit Sicherheitsbedenken. Ihnen werde die Einreise verweigert, weil elf der Bandmitglieder im Schengener Informationssystem SIS [4] gelistet seien. Dabei handelt es sich um eine Datenbank europäischer Polizei- und Sicherheitsbehörden, in der etwa zur Fahndung ausgeschriebene oder “unerwünschte” Personen gespeichert werden. Hier zeigt sich einmal mehr, welche Folgenes haben kann, wenn man auf einer Liste steht, deren Inhalte und das Zustandekommen kaum jemand kennt.
Amtshilfe für die die türkische Regierung?

Grup Yorum, die auch die schon mal die anatolische Version von Rage against the Machine genannt werden, haben in der Türkei unter linken und säkularen Menschen viele Anhänger. Unter ihren Fans finden sich sowohl kurdische Aktivisten als auch andere ethische Minderheiten. In der zerstrittenen politischen Linken in der in der Türkei gehört ein Grup-Yorum-Konzert zu den Orten, an denen die unterschiedlichen Fraktionen zusammen singen und feiern.
Zur Beliebtheit der Band trägt auch bei, dass sie seit vielen Jahren auf unterschiedlichen politischen AktionenSolidaritätskonzerte geben. Bei den Gezi-Protesten waren sie ebenso vertreten wie bei Streiks und bei Solidaritätsaktionen für politische Gefangene.
Gegründet hat sich die Band, als in der Türkei eine Militärjunta herrschte, die sämtliche Opposition verfolgte. Die aktuelle Bandbesetzung ist jünger und erst im Laufe der letzten Jahre zu der Band gestoßen. Immer wieder kommen die Musiker dabei in Konflikt mit der türkischen Staatsmacht. Sie werden verhaftet, ihre Musikinstrumente werden beschlagnahmt.Doch die Musiker waren dafür bekannt, dass sie improvisierten und der staatlichen Repression trotzen. Das erklärt ihre Popularität.
Ihr Einreiseverbot bezeichnen sie in ihrer Erklärung als deutsche Amtshilfe für Erdogan. Tatsächlich wurde schon in den letzten Wochen die türkische Regierung von vielen Politikern der EU sehr zuvorkommend behandelt, weil man sie als Torwächter bei der Abwehr der Geflüchteten braucht. Auch Merkel hat Erdogan schon als allmächtigen Staatspräsidenten behandelt, obwohl er diese Rolle nach der türkischen Verfassung gar nicht ausüben darf.

Kurdische Aktivisten werden auch in ganz Europa verfolgt. Deutschland ist dabei neben der Türkei Vorreiter. Daher ist der Eindruck, dass Deutschland mit dem Einreiseverbot gegen eine explizit staatskritische türkische Band, Amtshilfe für Erdogan leistet, sicher nicht falsch.

Peter Nowak 04.11.2015
Links:
[1]https://www.facebook.com/Grup-Yorum-4-B%C3%BCy%C3%BCk-Avrupa-Konseri-1702840349951006/
[2]http://www.grupyorum.net/
[3]http://www.linkezeitung.de/index.php/inland/veranstaltungen/732-grup-yorum-konzert-am-28-06-2014-in-oberhausen
[4]http://www.bva.bund.de/DE/Themen/Sicherheit/SchengenerInformationssystem/schengenerinformationssystem-node.html

Deutschland: Internationales Solidaritätstreffen und Diskussion

Am 14. Novem­ber wird in der Ober­hausener Arena ein großes Konz­ert stat­tfinden, bei dem bekan­nte Musik­erIn­nen aus der Türkei, aus Irland, Kat­alonien und Deutsch­land auftreten wer­den, um ein Zeichen gegen Ras­sis­mus zu set­zen.

Wir wer­den am 15. Novem­ber ein Aus­tauschtr­e­f­fen und eine Diskus­sionsver­anstal­tung in Ober­hausen abhal­ten. Gerne dür­fen Eure kon­struk­tiven Ideen in die Diskus­sion miteinfließen.
Wir freuen uns auf Deine/Eure Teilnahme

15. NOVEM­BER 2015
Ort: Linkes Zen­trum Ober­hausen
Elsässer Str. 19
46045 Oberhausen

PRO­GRAMM:

13.00 Uhr: Eröffnung

13.15 bis 14.30 Uhr: Krim­i­nal­isierung rev­o­lu­tionärer, linker Pro­jekte und inter­na­tionale Sol­i­dar­ität
— Erfahrungs­berichte und Perspektiven

15.00 bis 18.00 Uhr: Klassenkämpfe Inter­na­tional — ein Blick auf Gegen­wart und Zukunft
— über selb­stver­wal­tete Pro­jekte, Kul­tur und Kunst im Kampf, antifaschistischen/antikapitalistischen Wider­stand und die Ursachen human­itärer Katastrophen

18.00 Uhr Gemein­sames Essen

19.00 bis 21.00 Uhr: Wie kön­nen wir uns ver­net­zen und welche gemein­samen Kam­pag­nen kön­nen inter­na­tional geführt werden?

Bish­erige Teil­nehmerIn­nen:
Rote Hilfe (NRW), Lower Class Mag­a­zine, Linke Zeitung, Ana­tolis­che Föder­a­tion, Net­zw­erk Poli­tis­che Gefan­gene (Wup­per­tal), Verein für poli­tis­che Flüchtlinge, sowie inter­na­tionale Gäste aus der Türkei (Anwalt­skan­zlei des Volkes), Irland (Pol Mac Adaim), Ital­ien (Area Glob­ale), Ukraine (Union Borotba), Schweiz (On y va-Kolumbien, BDS-Boykottkampagne), und aus Katalonien..

Kon­takt:
E-Mail: anadolunewsblog@gmail.com

Einreiseverbot für Grup Yorum

Istanbul. Mitglieder der linken türkischen Musikgruppe Grup Yorum dürfen nicht in den Schengen-Raum einreisen. Entsprechende Visaanträge beim deutschen Konsulat in der Türkei wurden abgelehnt.

Außerdem wurde den Künstlern angedroht, ihnen würde auch zukünftig die Einreise verwehrt. Am 14. November ist anlässlich des 30jährigen Bandbestehens in Oberhausen ein Konzert geplant. In einer Erklärung verurteilen die Musiker die Zusammenarbeit Deutschlands mit der AKP-Regierung in Ankara. Immer wieder werden Konzerte von Grup Yorum in der Türkei verboten.

Von Effenberger

junge Welt 2.11.15

Zu Feldbauers Artikel in der jungen Welt(jW) vom 5.10.

“Um jeden Preis fernhalten.
Im Kampf gegen die Kommunisten wurden in Italien alle Register gezogen. Faschisten und Christdemokraten, Mafia und CIA arbeiteten Hand in Hand”
Er schrieb u.a.:
“Das Mordkomplott gegen Moro

Im Januar 1978 schloss Aldo Moro mit dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei (PCI), Enrico Berlinguer, ein Regierungsabkommen, nachdem die Kommunisten eine DC-geführte Regierung zunächst im Parlament unterstützt hatten. Als die Regierung des Compromesso storico (Historischer Kompromiss), wie sie bezeichnet wurde, am 16. März 1978 ins Amt eingeführt wurde, wurde das von der CIA und der P2 geplante Mordkomplott gegen Moro in die Tat umgesetzt. Der DC-Führer wurde entführt und 55 Tage später umgebracht. Als Werkzeug benutzten die Rädelsführer die Brigate Rosse (Rote Brigaden, BR), die seit ihrer Gründung 1970 von Geheimdienstagenten infiltriert waren.”

Im Mai 2008 erschien in der jW schon einmal ein Artikel mit ähnlichem Inhalt
Daraufhin wurde damals ein Artikel dazu im Gefangenen Info 340 veröffentlicht.
Die junge Welt weigerte sich damals, diesen Beitrag abzudrucken.
Jetzt noch mal dieser GI-Beitrag aus dem Jahre 2008:

Zum junge Welt-Artikel (jW) vom 3./4.Mai2008 ” Der Coup der P2-Loge” von Gerd Feldbauer
Da die LeserInnen aus der BRD sich mit den italienischen Verhältnissen nicht so gut auskennen, ist Feldbauers Artikel, der sich mit der Entführung des Präsidenten der Christdemokratischen Partei (DC) Adlo Moro durch die Roten Brigaden (BR) im März 1978 befasst, gelinde gesagt etwas verwirrend.

Ein bißchen erinnert das alles an das Buch ” das RAF-Phantom”. Es war für uns leichter, das auseinander zunehmen, da wir die Verhältnisse hier besser kennen. In diesem Buch wird unterstellt, die RAF gebe es seit 1984 nicht mehr und ihre Existenz bis 1998 sei nur eine Geisterarmee bzw. eine Geheimdienstgruppe. Eva Haule, ehemalige Gefangene aus der RAF, hat das im im Gefangnenen Info 330 vom 23.10.2007 richtig gestellt.

Die Entführungen von Moro wird von Feldbauer als vom “CIA gesteuert” bzw. andere Dienste hätten das Kommando der Roten Brigaden damals unterwandert. Kurzum es wird behauptet, diese Entführung sei nicht allein das Werk dieser Militanten gewesen.
Um Feldbauers Diffamierungen und Desinformationen zu entwirren, veröffentlichen wir ein Interview mit Maurizio Ferrari. Maurizio ist ein mailändischer Proletarier und hat in der Autoreifenfabrik Pirelli gearbeitet. Diese war damals eine sehr kämpferische und grosse Fabrik, die eine organisierte Arbeiterschaft hatte. Er war Mitglied der BR der ersten Stunde und ist schon 1974 in den Knast gekommen. Er war 30 Jahre lang politischer Gefangener und hat in dieser ganzen Zeit die Zusammenarbeit mit den Behöden verweigert. Er beteiligte sich an den Kämpfen der politischer Gefangener der BR, die weitere Verurteilungen zu Folge hatte.

Kaum draussen wurde er sofort wieder aktiv und engagierte sich in erster Linie im Kampf um die Haftbedingungen politischer Gefangene, beteiligt sich aber auch an den verschiedenen sozialen und politischen Klassenkämpfen draussen. Er lebt in Mailand im besetzten Zentrum Pannetteria Occupata.

1. Warum und mit welchen Forderungen entführten die Roten Brigaden vor 30 Jahren Moro?

In der “Frühjahrskampagne”, wie die Roten Brigaden (BR) die gesamte Operation nannten, die vor 30 Jahren zur Entführung, zum Prozess und schließlich zur Exekution des Präsidenten der Christdemokratischen Partei (DC) führte, stellten die BR keine Forderungen, sondern setzten sich ein Ziel. Das bestand darin zu beweisen, dass die revolutionäre Bewegung in Italien schon reif genug war, um konkret die Auseinandersetzung mit der feindlichen Klasse, der Bourgeoisie, den Knoten zur Eroberung der Macht, anzupacken. Die Parole, die dieses Ziel zusammenfasste, hieß “Den Angriff auf das Herz des Staates führen”, d.h. die Initiative der gesamten Parteiorganisation (die BR ausgehend von ihren Strukturen, den Brigaden, in den realen Lebens- und Arbeitssituationen des Proletariats in den Fabriken, Schulen, Stadtteilen, Gefängnissen…) gegen das herrschende Projekt der Bourgeoisie in einer bestimmten Phase zu führen. Im Frühjahr 1978 wie übrigens schon seit der Nachkriegszeit – genauer gesagt seit 1948 – wurde dieses Projekt von der DC durchgeführt, so dass man sie als Staatspartei in der Art der SED bezeichnen konnte. Insbesondere war es in dieser Phase das Hauptziel der Bourgeoisie, zu versuchen den Aufstieg der revolutionären Bewegung mit politischen Mitteln aufzuhalten, da die militärischen Mittel (die Massaker an der Piazza Fontana in Mailand vom 12. Dezember 1969 mit 16 Toten, dem der Piazza della Loggia in Brescia vom 28. Mai 1974 mit 8 Toten während einer Gewerkschaftskundgebung, und dem im Italicus-Express vom 4. August 1974 mit 12 Toten; außerdem die Genossinnen und Genossen, die direkt von Polizei und Carabinieri bei Demonstrationen umgebracht wurden) nur die gegenteilige Wirkung gehabt hatten – die Entstehung von Organisationen der kommunistischen und anarchistischen Stadtguerilla waren nur der evidenteste Ausdruck. Das politische Projekt, das durchgesetzt werden sollte, bestand im Versuch, die bürgerliche Legalität und die Repräsentativität des Staates im Bewusstsein und in der Praxis der Massen zu stärken, indem man die Regierungsebene für die Kommunistische Partei Italiens (PCI) und damit für die größte Gewerkschaft, die CGIL, öffnete. Eine historische Wende, die in klarem Gegensatz zu den vorherigen Jahrzehnten stand und erleichtert wurde durch den Weg, den die Partei nach dem Fall der Regierung der Unidad Popular in Chile im September 1973 einschlug. Daraus zog diese Partei nämlich den strategischen Schluss, den sie den “Historischen Kompromiss” nannte, d.h. die völlige Aufgabe jeder sozialistischen Hypothese, jeglicher vom Kapital unabhängigen proletarischen Initiative.

In der DC war es der Gruppe um Moro gelungen, sich mit ihrem Projekt durchzusetzen, die PCI in den Fabriken, den Schulen, der Stadtvierteln zu absorbieren und zu instrumentalisieren, um die bewusstesten Teile der revolutionären Bewegung zu isolieren und zu kriminalisieren, um dann jeglicher revolutionären Hypothese den Todesstoß zu versetzen. Indem die “Frühjahrskampagne” das Luftschloss der “nationalen Einheit” in die Luft fliegen ließ, zeigte sie der revolutionären Bewegung die dringende Notwendigkeit auf, über die eigene Zukunft und ihre konkrete Praxis zu reflektieren: den Sturz der gegenwärtigen bürgerlichen Gesellschaft zugunsten der Schaffung der kommunistischen Gesellschaft. Von heute aus gesehen kann man sagen, dass wir uns da übernommen hatten. Wenn die Generationen von heute und morgen vor einer revolutionären Phase stehen, die so zugespitzt ist wie damals 1978 in Italien, oder noch mehr, werden sie auf diese Erfahrung zurückgreifen müssen, um daraus ihre Lehren zu ziehen. Damals wurde die Entscheidung den Angriff auszulösen, für richtig gehalten, so wie die Genossen, die 1919-1920 die PCI gegründet hatten, es für richtig hielten, die Fabriken zu besetzen – worauf die Jahrzehnte folgten, die wir kennen [der Mussolini-Faschismus], oder wie man es im Deutschland von 1918-1919 für richtig hielt, den Aufstand von Berlin auszulösen usw.

2. Sind noch Mitglieder des Kommandos, die Moro entführten, im Knast?

Die Frage müsste eigentlich so gestellt werden: Wie viele der Personen, die im Zusammenhang mit der Entführung, dem Prozess und der Tötung Moros angeklagt und verurteilt wurden, sind heute noch im Knast?

Von den 32 vom Schwurgericht in Rom nach dem Prozess „Moro 1“ im Januar 1983 zu lebenslänglich verurteilten Personen hat, abgesehen von den wenigen, die zu „Reumütigen“, also Verrätern wurden, die große Mehrheit noch mit dem Knast zu tun. (In den späteren Jahren gab es noch weitere Prozesse „Moro 2“ bzw. „Moro 3“, an denen ein weiteres Dutzend Personen beteiligt war). Und zwar in dem Sinne, dass nach den gesetzlichen 16-21 Jahren Knast auf Antrag und nach dessen Genehmigung auch ein Lebenslänglicher in „Halbfreiheit“ entlassen werden kann, d.h. er kann tagsüber hinausgehen, um zu arbeiten, doch abends, jeden Abend, muss er wieder in den Knast zurückgehen. Der größte Teil dieser Genossinnen und Genossen führt seit zehn Jahren oder auch mehr ein solches Leben.

3. Wir mussten in der jW nach dem “RAF-Phantom” wieder mal einen Aufguss der Geschichte von der Geheimdienst gesteuerten Guerilla lesen. Wodurch entstand das Gerücht, die Entführung von Aldo Moro sei vom Geheimdienst gesteuert worden?

Im Versuch, mit der breit verwurzelten revolutionären Bewegung fertig zu werden, die ihre Ursprünge in den Julitagen von 1960 (Aufstandsbewegungen in Genua, Reggio Emilia und Palermo gegen eine DC-Koalitionsregierung mit den Faschisten) und natürlich im Jahr 1968, in den Arbeiterkämpfen von 1969-1973 hat, setzte der Staat vor allem Massaker und Spione ein, doch dies erwies sich immer als nicht ausreichend und kontraproduktiv. Daher stammte die Idee der „nationalen Einheit“, des Einsatzes des politisch-ideologischen und physischen Apparates der PCI und der CGIL (kommunistischer Gewerkschaftsbund), die zur konterrevolutionären Intelligenz umgedreht wurden, in den Fabriken, Stadtteilen, Schulen, des gesellschaftlichen Lebens insgesamt. Diese Apparate machten sich Mitte der siebziger Jahre aus den hier nur kurz angedeuteten historischen Gründen bereit, „die Furt zu durchqueren“, wie der heutige Staatspräsident Giorgio Napolitano, der damals in der Führung der PCI saß, eines seiner Bücher nannte. Sie machten sich bereit, ins bürgerliche Lager überzuwechseln und versuchten, diesen Schritt zu gehen, ohne einen Funken der Achtung zu verlieren, den sie noch bei den arbeitenden Massen hatten – wäre dies nämlich geschehen, so hätten sie die für die Bourgeoisie und für sie selbst so notwendige Funktion nicht mehr ausüben können. Einzelne Arbeiter vor den Fabriktoren aufzuhetzen, die Betriebsversammlungen gegen die „Extremisten“ zu steuern, indem man sie in den schlimmsten Farben malt, war für diese nun bald verstaatlichten Funktionäre zur Verpflichtung geworden, in enger Abstimmung mit Carabinieri, Polizei, Staatsanwaltschaft, Richtern, kurz mit den Geheimdiensten, mit dem Staat. Sie kamen so unweigerlich in die Situation, das eigene Wahlvolk aufzufordern, diese „Autoritäten“ zu wählen und ihnen die Sitze im Parlament und im Senat zu verschaffen, und nicht den Arbeiterinnen und Arbeitern.

4. Gab es jemals Ansatzpunkte, die diese These belegt hätten bzw. was sagt ihr zu den „Beweisen“ in Feldbauers Artikel. Zum Beispiel zum Ablauf der Aktion selbst. So wie auch im deutschen RAF-Phantom wurden bestimmte Operationen der jeweiligen Stadtguerilla nicht “zugetraut”. (Benutzung von angeblicher Gladio-Spezialmunition, Operation in eigentlich überwachtem Gelände).

Feldbauer muss offenbar Bücher oder damalige Zeitungsberichte gelesen haben, in denen die „Operation Moro“ nicht den „Rotbrigadisten“ zugeschrieben wurde, sondern einem Kommando der RAF, das von den „unfähigen“ Roten Brigaden zu Hilfe gerufen worden sein soll, da Italien solche Leute ja nicht hervorbringt. Auf diese Weise wurde allerdings der Internationalismus überhöht… und so beißt sich die Katze in den Schwanz. Natürlich hat das alles nichts mit der Realität zu tun, angefangen bei den Kontakten zwischen RAF und BR, die damals noch gar nicht bestanden. Das sind alles Spekulationen, um einen Feind auszutreiben, der aber in Wirklichkeit in den Kämpfen in Italien entsteht und sich reproduziert, der gelernt hat Operationen, Kampagnen der Stadtguerilla sich auszudenken, zu planen und durchzuführen. Jedes Mal, wenn ein Arbeiter verhaftet wurde, ein Arbeiter, der Mitglied der BR oder anderer bewaffneter Gruppen war, ging sofort die Diffamierung, die Verleumdung los, und zwar organisiert von der CGIL und der PCI. Die Biografien wurden verdreht, bis sie unglaubwürdig, lächerlich wurden, aber sofort von denen zurückgewiesen, für die sie bestimmt waren, nämlich von den Menschen, die Schulter an Schulter mit den Verhafteten gearbeitet hatten, die sie unterstützten, so gut sie konnten, auch in den Hochsicherheitsgefängnissen.

5. Wie seht ihr die politische Begründung für seine Behauptung, dass die P2-Loge und Teile des Geheimdiensts ein reaktionäres, oder gar faschistisch orientiertes Interesse an der Liquidierung Aldo Moros gehabt hätten.

Das ist eine oberflächliche Behauptung, die er genau so aus diesen Büchern übernommen hat, so wie wenn ich jetzt ein Buch über das „RAF-Phantom“ schreiben würde, dann würde ich ja eine offensichtlich lächerliche Fälschung begehen. Die italienischen Geheimdienste haben immer die Faschisten für die Zwecke des Staates benutzt, die von der Partei bestimmt wurden, die über 40 Jahre lang die entscheidende Macht über die Gewaltapparate des Staates in den Händen hielt. Es würde genügen, die Biographie von jemandem wie Guido Giannettini zu betrachten, eines Agenten des SID [militärischer Geheimdienst], der in Verbindung zu bekannten Personen der italienischen Faschisten wie Rauti, Freda und Ventura stand, um eine historisch zuverlässige Dokumentation zu liefern. Feldbauer hat also geschrieben und dabei bewusst oder unbewusst angenommen, dass nach 30 Jahren in Deutschland vielleicht höchstens noch einige Genossinnen und Genossen, ein paar Professoren, ein paar Spezialisten oder die Alten aus der Spiegel-Reaktion noch etwas über das Massaker an der Piazza Fontana und die „Operation Moro“ wissen.

6. Der aus der DDR stammende Feldbauer ist ein Vertreter des Revisionismus. Er fand den “historischen Kompromiss” zwischen Christdemokraten und PCI zum Beispiel richtig. Ist das eine Erklärung für seine Diffamierungen?

Ich weiß nicht. Man müsste wissen, aus welcher Generation er stammt, auch um zu begreifen, warum er so argumentiert. Zuerst muss gesagt werden, dass weder der „historische Kompromiss“ noch die Partei, die ihn vorantrieb, das Projekt, der Feind waren, gegen den die BR gekämpft haben. Als solche waren jene nur Teil eines umfassenderen Projekts zur Zerschlagung der revolutionären Stärke des Proletariats in Italien, ein Projekt, zu dessen intelligentesten Architekten Moro gehörte. Natürlich ist mit dem Angriff das ganze Luftschloss ins Wanken geraten. Der „historische Kompromiss“ hinkte auf allen Seiten, die Bourgeoisie nutzte ihn so gut es ging aus und warf ihn dann auf den Müll. Das geschah aber erst einige Jahre später, in der Direktion der FIAT Mirafiori in Turin im September/Oktober 1980. In dieser heiklen Phase des Klassenkampfs setzte der Staat wieder einmal ein Massaker ein: Am 4. August ließ er im Wartesaal des Bahnhofs von Bologna eine Bombe explodieren, es gab 85 Tote. In den Monaten davor hatte der Staat den BR harte Schläge versetzt, so dass er wusste, dass sie nicht mehr in der Lage waren, mit so großer Intelligenz wie sonst in den Kampf der Arbeiterklasse bei FIAT einzugreifen. Die PCI hütete sich, außer allgemeinen Erklärungen und unmittelbarer Unterstützung, den Kampf auszuweiten, und die CGIL unterschrieb gegen die Arbeiter, aber zusammen mit anderen Gewerkschaftsverbänden das FIAT-Dokument, in dem die ersten Massenentlassungen bei FIAT seit 1950 vorbereitet wurden, d.h. die Kurzarbeit zu Null Stunden für 24.000 Arbeiter. Vor den Fabriktoren der FIAT starb vor den Augen der Arbeiter, die fassungslos und voller Wut und Ohnmacht die „Unità“ [Tageszeitung der PCI] verbrannten, auch der „historische Kompromiss“.

Nach dem , was Feldbauer schreibt, muss er die Bücher von Sergio Flamini und von Gianni Cipriani gelesen haben, beides Journalisten und Intellektuelle, die aus der PCI kommen, aber nicht mehr die soziale Basis, die politische Motivation und den Parteiapparat auf ihrer Seite haben. Sie schreiben hauptsächlich für Cliquen von Polizisten, Richtern usw., mit der Unterstützung einiger Verräter, Buch um Buch über die jüngste Entdeckung einer angeblichen „engen Verbindung“ zwischen BR und Gladio, wobei doch von all dem, von dem sie gerne möchten, dass es existiert haben soll, doch überhaupt nichts existiert hat. Diese Bücher können heute bei den jungen Generationen vielleicht Verwirrung stiften, aber auch nicht mehr sehr viel. Letztendlich spricht die Praxis der BR, die Biografien der Genossinnen und Genossen, die ihre Intelligenz und ihr Leben in dieser kollektiven Praxis eingesetzt haben, wesentlich mehr. Diese Schreiberlinge im Dienst des Staates stimmen sich heute sogar mit den Regierungen ab, wie man Einwanderer jagt oder in den Krieg zieht.

7. Gibt es Italien auch so eine ähnliche Geschichtsschreibung wie die von Feldbauer?

Ja, teilweise wird sie von Feldbauer zitiert, aber vor allem, wie ich glaube, hat er sie in unkritischer Weise gelesen und gibt sie verkürzt und übereilt wieder, ohne jemals die Genossinnen und Genossen in Fleisch und Blut zu erwähnen, die außer bei ihrer Verhaftung und an den lange Tagen der Folter nie einen Geheimdienstagenten zu Gesicht bekommen haben. Ihn interessiert das alles nicht. Auch er, wie seinesgleichen in Italien, geht von einer These aus, für deren Darlegung man die wirkliche Geschichte schon radikal manipulieren muss. Zusammen mit anderen wollen sie die jungen Generationen davon abhalten, eine revolutionäre Praxis zu beginnen, müssen dafür aber die Geschichte derer verdrehen, die diese revolutionäre Praxis versucht haben, und sie so umschreiben, dass sie Hinz das zuschreiben, was Kunz gemacht hat und z.B. den BR das Massaker vom 12. Dezember 1969 in die Schuhe schieben. So tragen sie dazu bei, dass das Proletariat geschwächt und auch weiterhin ausgebeutet und unterdrückt wird, indem sie seine Geschichte negieren, seine Orientierungskraft und seine Fähigkeit zu agieren, zu denken und den Horizont der Gesellschaft zu verändern. In diesem Sinne tragen sie eine große Verantwortung gegenüber dem Proletariat der ganzen Welt.

Mailand, 2. August 2008

http://political-prisoners.net/item/3801-zu-feldbauers-artikel-in-der-jungen-weltjw-vom-510.html

Weiterhin Schikanen gegen Gülaferit Ünsal: Das System Pankow kommt zurück

Nur wenige Monate nach dem erfolgreichen Ende ihres 54-tägigen Hungerstreiks gehen die Übergriffe und Provokationen gegen die politische Gefangene Gülaferit Ünsal weiter.

Die Freude und Erleichterung bei den solidarischen Unterstützer*innen waren groß, als am 29. Mai das Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses Canan Bayram das Gebäude des Pankower Frauenknasts verließ und verkündete, dass Gülaferit Ünsal ihren Hungertreik nach 54 Tagen erfolgreich beendet hatte.

Gülaferit ist eine politische Gefangene die im Juli 2011 auf Antrag der Bundesanwaltschaft in Griechenland in Auslieferungshaft gekommen und nach drei Monaten nach Deutschland in den Frauenknast in Berlin-Lichtenberg deportiert wurde. Nach zwei Jahren Isolationshaft wurde sie im Mai 2013 zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.

Ihr wird vorgeworfen Mitglied in der türkischen Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C), gewesen zu sein. Dabei soll sie für den Verkauf von Zeitschriften und die Organisation kommerzieller Veranstaltungen zuständig gewesen sein und Spendenkampagnen koordiniert haben. Unter Verwendung des Gesinnungsparagraphen 129b wurden diese eigentlich legalen Tätigkeiten zu einer Gefahr für die Staatsicherheit der BRD hochgejazzt. Wie auch in anderen 129b-Verfahren beruhten große Teile der Anklage auf Informationen von türkischen Sicherheitskräften. Dass beim Zustandekommen solcher Beweise in der Türkei Folter keine Seltenheit ist, war für die Richter nicht relevant.

Mit ihrem Hungerstreik hatte Gülaferit gegen Schikanen und Provokationen durch Schließer*innen und unsolidarische Mitgefangene protestiert. Unter anderem wurde sie von einer Mitgefangenen mit einem Messer bedroht, von einem Schließer sexuell belästigt und es wurden ihr tagelang keine Zeitungen ausgehändigt – ihrer einzigen Möglichkeit sich über die Außenwelt zu informieren.

Nach über Wochen andauernden Protestkundgebungen und Demos vor dem Knast und in verschiedenen Städten Deutschlands und Europas, musste sich eine Abgeordnete die Forderungen der Bewegung zu eigen machen, damit der Widerstand gegen offensichtliche Rechtsbrüche zu einem Erfolg führte. „Für mich als Anwältin ist es absurd, dass man mehr als 50 Tage in den Hungerstreik gehen muss, um seine Rechte zu bekommen“, so Canan Bayram.

In einem von Gülaferit, ihrer Rechtsanwältin, der Gefängnisleitung und Canan Bayram unterschriebenen Protokoll wurde festgehalten, dass die Gefangene Zeitungen und Post künftig sofort ausgehändigt bekommt. Die Gefängnisleitung verpflichtete sich gegenüber Gülaferit „zu einem Umgang in interkulturell respektvoller Form”. Zudem sollten künftig Bedrohungen von Gülaferit im Gefängnis untersucht und geahndet werden. Sowohl Canan Bayram, als auch Hakan Taş (Linkspartei) ein weiteres Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses kündigten an sie regelmäßig zu besuchen, um die Versprechen der Knastleitung zu überprüfen, ebenso wie die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Linke).

Drei Monate sind vergangen seit Knastleitung und Parlamantarier*innen ihre Versprechen abgegeben haben. Der Frauenknast in Pankow wurde Mitte Juli wegen Personalmangels geschlossen und Gülaferit in den Frauenknast Lichtenberg verlegt, wo sie bereits in Untersuchungshaft gesessen hatte.

Der Knast in Lichtenberg wird von der gleichen Leitung verwaltet, wie der Knast in Pankow und ist wohl zumindest von der Architektur her komfortabler. Der Hof ist größer und Gülaferit kann zum ersten mal seit vier Jahren wieder die Sonne sehen, weil sie bisher immer Zellen an der Nordseite hatte.

Das war es aber auch schon mit den positiven Entwicklungen. Die Schikanen durch die Schließer*innen, die von Pankow nach Lichtenberg mitverlegt wurden, gehen unvermittelt weiter und die Konflikte mit anderen sind auch alles andere als Geschichte.

Beispielsweise kam es zu einer Auseinandersetzung mit einer Mitgefangenen, die für die Herausgabe der Putzmittel verantwortlich war, die die Gefangenen brauchen um ihre Zellen in sauberem Zustand zu halten. Die Mitgefangene gab die Putzmittel allerdings nur an „Deutsche” Gefangene heraus. „Ausländerinnen” blieben außen vor. Ein Zustand, der Schließer*innen, frei nach dem Prinzip „teile und herrsche”, nicht zu stören schien. Dieses Günstlingssystem hat Gülaferit skandalisiert, kritisiert und dadurch verändert – der Putzschrank ist jetzt für alle Gefangenen zugänglich.

Wenige Tage später fiel zufällig nur in Gülaferits Zelle der Fernseher aus, den sie auch zum Telefonieren braucht. Als sie sich beschwerte sagten ihr die Wärter*innen sie könne ja bei der Telefonfirma anrufen.

Auch die Zeitungen wurden ihr nur solange zuverlässig ausgeliefert, wie Aktive der Roten Hilfe Berlin sie jeden Morgen persönlich beim Knast vorbei brachten. Seit die Rote Hilfe diese Praxis vor ca. zwei Wochen (Stand Ende August) wieder eingestellt hat, bekommt Gülaferit oft tagelang keine Zeitungen mehr.

Von den Parlamentarier*innen, die angekündigt hatten Gülaferit regelmäßig zu besuchen ist lediglich Canan Bayram am 1.Juli, also noch vor ihrer Verlegung nach Lichtenberg, aufgetaucht.

Die Schließer*innen fragen schon „Na, wo bleibt denn ihre Canan Bayram?”

Die letzten Monate haben wieder einmal gezeigt, dass das Wort von Mächtigen und Mandatsträger*innen nur solange das Papier wert sind auf dem sie geschrieben wurden, wie sie von einer solidarischen und kritischen Bewegung kontrolliert werden. Kaum hatte sich der Blick der Öffentlichkeit wieder von den Zuständen in den Berliner Frauenknästen abgewendet wurde das „System Pankow”, um es mit Gülaferits Worten zu sagen, wieder eingeführt. Es liegt an uns die Knastleitung und Parlamentarier*innen wieder an ihre Versprechen zu erinnern.

Soligruppe Gülaferit Ünsal, https://linksunten.indymedia.org/de/node/153353

Plötzlich war eine von uns verhaftet…. (8. März-Bündnis Nürnberg)

Banu, unsere Freundin und Mitstreiterin im 8. März-Bündnis Nürnberg, wurde am 15. April 2015 völlig unerwartet verhaftet. Sie ist Mitglied von ATIK, der „Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa“ und Yeni Kadin (= neue Frau), der Frauenkommission von ATIK. Seit Jahren engagiert sich Banu im 8. März-Bündnis und kämpft mit uns gemeinsam gegen die Unterdrückung von Frauen. Sie unterstützte im Sommer 2014 die Proteste von Flüchtlingen in Nürnberg. Als Referentin sprach sie in den letzten Jahren bei Veranstaltungen zu den Themen „Gewalt an Frauen“, „Traumatisierung“ und „Unbezahlte Hausarbeit“. Beruflich ist ihr als Ärztin vor allem die Unterstützung von gewaltbetroffenen und traumatisierten Frauen ein Anliegen. Ihr persönlicher Kontakt mit Freund_innen und Familie, ihr politisches Engagement und ihre Arbeit als Ärztin wurden am 15 April schlagartig unterbrochen, als sie verhaftet wurde:

Am Nachmittag des 15. April wurden in Deutschland im Zuge von Razzien Fenster zerschlagen, Türen aufgebrochen, Privatwohnungen verwüstet. 7 linke Aktivist_innen wurden verhaftet – darunter auch Mitglieder von ATIK, der „Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa“. Banu ist eine davon. Auf Betreiben des deutschen Bundeskriminalamts (BKA) wurden am 15. und am 18. April außerdem in der Schweiz, Frankreich und Griechenland 4 weitere Aktivist_innen verhaftet, die nach Deutschland bzw. Frankreich ausgeliefert werden sollen. 10 Aktivist_innen sitzen seitdem in verschiedenen Gefängnissen, 7 davon in Deutschland.

Seit Jahrzehnten kämpfen in ATIK, der „Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa“, Migrant_innen für ihre demokratischen und wirtschaftlichen Rechte. Die Tradition von ATIK geht auf die Organisierung von sogenannten Gastarbeiter_innen zurück. ATIK hat mehr als 20 eingetragene Vereine in Deutschland.

Den Verhafteten wird nun im Rahmen eines Verfahrens nach §§129 a und b StGB die Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in In- oder Ausland vorgeworfen. Das klingt, als wären sie sehr gefährliche Menschen. Allerdings wird keinem/r der Verhafteten vorgeworfen, an konkreten strafbaren Aktionen beteiligt gewesen zu sein, oder Menschen geschädigt oder ermordet zu haben. Für Verurteilungen nach § 129a und b muss eine direkte Beteiligung an konkreten Handlungen nicht nachgewiesen werden: Für eine Anklage kann allein die vermutete Mitgliedschaft in einer Gruppe oder die Öffentlichkeitsarbeit, die positiv auf eine kriminalisierte Gruppierungen Bezug nimmt, Anlass sein. Auch die finanzielle Unterstützung von Aktivitäten, die einer Gruppe in irgendeiner Form zugute kommen können, können für eine Anklage nach §§129a/b ausreichen. Immer wieder standen und stehen die §§ 129 a und b deshalb als Paragraphen in der Kritik, die nicht auf strafbare Handlungen abzielen, sondern politisch unliebsame Aktivität kriminalisieren.

Unterstellt wird den Verhafteten nun konkret, Mitglieder der TKP/ML zu sein („Kommunistische Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch“), die in der Türkei aktiv ist. Die TKP/ML ist in der Bundesrepublik allerdings weder verboten, noch wird sie auf der EU-Terrorliste aufgeführt. Tatsächlich wurden mehrere der Verhafteten bereits in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der TKP/ML inhaftiert und gefoltert. In Deutschland haben einige von ihnen eben deshalb schon vor vielen Jahren Asyl bekommen. Damals gab es für die BRD offensichtlich keinen Anlass, sie zu kriminalisieren. Jetzt gerieten sie plötzlich ins Visier der Justiz. Wir fragen uns natürlich warum.

Die Türkische Regierung unter Erdogan warf den EU-Staaten – insbesondere der BRD – in der Vergangenheit immer wieder vor, nicht konsequent genug gegen linke und fortschrittliche (Exil-) Organisationen aus der Türkei vorzugehen. In der Türkei waren im November 2013 etwa 10 000 politische Aktivist_innen und Oppositionelle in Haft. Außerdem sind 72 Journalist_innen im Gefängnis (Stand Mai 2015). Im Juli und August 2015 gab es massenhafte Festnahmen linker Aktivist_innen in der Türkei. Wiederholt verlangte die türkische Regierung in den letzten Jahren die Auslieferung von Menschen, die in EU-Ländern im politischen Exil lebten. Bei den Ermittlungen gegen die Aktivst_innen, die Mitte April 2015 verhaftet wurden, gibt es eine eine enge Zusammenarbeit zwischen türkischen und deutschen Ermittlungsbehörden. Uns drängt sich der Eindruck auf, dass deutsche Gerichte in diesem Fall die repressive Politik fortsetzen, die die türkische Regierung gegen Oppositionelle anwendet. Die deutsche Justiz macht sich so zum verlängerten Arm der türkischen Regierung und sperrt Menschen ein, die die Regierung Erdogans gerne hinter Gittern sehen möchte!

Banu und die anderen Verhafteten befinden sich im Moment in Untersuchungshaft in verschiedenen bayerischen Gefängnissen. Bis Mitte August waren die meisten von ihnen 24 Stunden am Tag in Isolationshaft. Mittlerweile haben sie während Aufschluss-Zeiten Kontakt mit anderen Gefangenen. Ein Gerichtsverfahren wird voraussichtlich erst in einigen Monaten beginnen.

Als 8. März‐Bündnis Nürnberg rufen wir alle Frauenorganisationen und ‐projekte, alle Feminist_innen und alle die sich gegen die Unterdrückung von Frauen engagieren dazu auf, sich insbesondere für Freiheit und Gerechtigkeit für unsere Mitstreiterin Banu einzusetzen. Wir fordern auch Freiheit und Gerechtigkeit für die anderen linken Aktivist_innen, die im Rahmen des gleichen
Verfahrens verhaftet wurden. Wir fordern die Abschaffung der weißen Folter Isolationshaft! Wir freuen uns, wenn möglichst viele Einzelpersonen, Initiativen und Gruppen diese Forderungen unterstützen.

Was ihr tun könnt:

Diese Erklärung oder eine eigene Erklärung auf die eigene Homepage stellen oder auf andere Art weiter verbreiteten.

Diese Erklärung als Projekt, Gruppe oder Einrichtung unterstützen – schickt uns eine Mail: 8.maerz-buendnis-nuernberg@riseup.net

Postkarten an Banu schreiben. Schreibt an: „Dialog der Kulturen – z.H. Banu – Fürther Str. 40a – 90429 Nürnberg“. Die Post wird dann weitergeleitet.

Beteiligt euch an Solidaritäts-Aktionen – Infos hierzu findet ihr z.B. auf der Homepage von ATIK:http://www.atik-online.net/deutsch/category/europa/

Für die Verhafteten spenden: Spendekonto : Rote Hilfe Regionalgruppe Nbg – Fü – Er, GLS-Bank Iban: DE85 4306 0967 4007 2383 59; BIC: GENODEM1 GLS Kennwort: ATIK

8. März‐Bündnis Nürnberg – September 2015
http://frauenkampftagnbg.blogsport.de/