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Georges Abdallah: Nein, meine Herren, Ihr Gericht ist alles andere als unpolitisch (1)

13. November 2014

Am 5.November hat eine Instanz der französischen Justiz den Antrag von Georges Abdallah auf Freilassung für unzulässig erklärt.
Georges Abdallah ist seit über 30 Jahren in Frankreich im Knast. 1984 wurde der arabische Revolutionär in Lyon verhaftet und seitdem ist er in den Händen französischer Kerkermeister. Über 30 Jahre Knast und seine Anträge auf Freilassung auf juristischem Weg sind unzulässig!

Ende 2003 hatte ein vermutlich zu unabhängiger Richter seine Freilassung verfügt. Sofort, und auf direkte Intervention der USA, wurde diese Freilassung annulliert. Der damalige Justizminister liess das Gesetz ändern, damit kein Provinzrichter mehr völlig unabhängig über die Freilassung eines politischen Gefangenen vom Format Georges Abdallahs entscheiden können soll.
Seitdem endet jeder Antrag Georges Abdallahs auf Freilassung unweigerlich mit einer Ablehnung.

Jahr für Jahr erinnert diese juristische Zeremonie an eine nicht enden wollende Maskerade. Die Entscheidung für seine Freilassung kann nur eine politische Entscheidung sein. Die Nicht-Freilassung Georges Abdallahs liegt nicht zuletzt an der objektiven Verbundenheit zwischen dem französischen und dem US-Imperialismus. Die sozialistische Regierung spielt darin eine wichtige Rolle. Bereits 1986 haben sich die damaligen Präsidenten, der Sozialist Mitterand und der Republikaner Reagan darüber verständigt, dass Georges Abdallah nicht freigelassen werden sollte. Der Anwalt Kiejman, der die Interessen der US-Regierung im Prozess gegen Georges Abdallah vertreten hat und der immer noch offiziell interveniert, damit der libanesische Kommunist auf immer eingesperrt bleibt, war unter einer sozialistischen Regierung französischer Justizminister!

Auch derzeit bringen französische Minister der sozialistischen Regierung ihre ideelle Nähe zur US-Administration zum Ausdruck. Am 5. November 2014 wurde Georges Abdallahs Antrag von französischen Richtern für unzulässig erklärt. In diesem Zeitraum war Eric Holder, Attorney General der USA, der US-Justizminister, in Frankreich. Zwei Tage nach dem Georges Abdallahs Antrag für unzulässig erklärt worden war wurde anlässlich dieses Besuches ein Communiqué veröffentlicht:
„Die französische Justizministerin und der General Attorney haben sich über die Qualität der Beziehungen zwischen Frankreich und den USA im Bereich der Justiz und besonders im Kampf gegen den Terrorismus erfreut gezeigt.“(2) Am 7. November twitterte Mme Taubira (Anm. frz. Justizministerin) “Schönes Treffen mit Eric Holder, Justizminister der USA. Ein Verteidiger der Bürger- und Menschenrechte“ (3) Am 7. November bedankte sich die neue US-Botschafterin in Frankreich, Jane Hartley, herzlich bei Innenminister Caseneuve für den gemeinsamen Empfang mit Eric Holder. (4) Herr Cazeneuve ist der Innenminister, dessen Büros auf administrativem Weg die Freilassung von Georges Abdallah blockieren. (Anm.: 2012 hatte sich ein Gericht für Georges Freilassung ausgesprochen, sofern das Innenministerium einen Ausweisungsbeschluss unterschreibt. Dazu kam es nicht – Begründung: keine)

Und zu der Zeit unterzeichnen Frankreich und Saudi-Arabien einen Vertrag über 3 Milliarden Dollar, zur Ausrüstung der libanesischen Armee. Dieser Vertrag macht ein Drittel des jährlichen französischen Waffenexports aus (5). Und in der Zeit bleibt Georges Abdallah aufrecht hinter diesen scheusslichen Mauern des französischen Staates.

Die Lager sind klar abgesteckt.

Um Georges Abdallah Freilassung durchzusetzen muss sich auf einer anderen Grundlage eine neue, erfinderische, intensive Mobilisierung hier in Frankreich, besonders in den Stadtvierteln entwickeln. Der Kampf für die Freilassung von Georges Abdallah, für die Freilassung aller palästinensischen Gefangenen und für die Freiheit Palästinas geht weiter.

GenossInnen für die Freilassung von Georges Abdallah aus Bagnolet
13.11.2014

(1) «Non, Messieurs, votre Cour est loin d’être apolitique. Non, Messieurs, votre procès loin d’être légitime s’inscrit sur le drapeau légal de la guerre impérialiste menée contre notre peuple». Citation extraite de la déclaration de Georges Abdallah lors du procès de 1987. http://ledesordre.over-blog.com/article-25067039.html

(2) Communiqué Taubira : http://www.presse.justice.gouv.fr/archives-communiques-10095/archives-des-communiques-de-2014-12598/entretien-avec-eric-holder-attorney-general-des-etats-unis-27635.html

(3) Tweet Taubira : https://twitter.com/ChTaubira/status/530702814637740032

(4) Tweet Cazeneuve : https://twitter.com/USAmbFrance/status/530779237511208961

(5) L’histoire secrète du mégacontrat d’armement français au Liban : http://www.challenges.fr/entreprise/20141107.CHA0013/l-histoire-secrete-du-megacontrat-d-armement-francais-au-liban.html

Frankreich: Solidarität mit Georges Ibrahim Abdallah!

Überall auf der Welt gab es in den letzten Tagen Aktionen der Solidarität mit Georges Ibrahim Abdallah. Sowohl bei der Secours Rouge (Belgien) wie bei der PFLP gibt es Übersichten über alle Aktionen.

Hier ein Redebeitrag von Georges Ibrahim Abdallah auf französisch:

Und hier ein Video aus Frankreich:

Georges Ibrahim Abdallah – 30 Jahre im Gefängnis

Frankreichs Regierung verweigert Freilassung eines libanesischen Kommunisten
Schon vor 15 Jahren hätte Georges Ibrahim Abdallah freigelassen werden können – doch Ende Oktober wird er seit 30 Jahren in einem französischen Gefängnis sitzen. Der 1951 in Kobayat geborene Libanese hatte sich in den 80er Jahren am Widerstandskampf gegen die israelische Besatzung seines Landes beteiligt. Die Truppen Tel Avivs waren 1978 und 1982 in den Libanon einmarschiert, um die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO zu zerschlagen, die in dem Land ihre wichtigste Basis hatte. Zudem sollte der syrische Einfluß im Libanon zurückgedrängt und eine pro-israelische Regierung in Beirut installiert werden. Erst im Jahr 2000 zogen sich die israelischen Truppen aus dem Südlibanon zurück, nur die vom Libanon beanspruchten Schebaa-Farmen am Fuß der Golanhöhen stehen noch unter israelischer Kontrolle.

Georges Ibrahim Abdallah, der damals zu den führenden Köpfen der »Libanesischen Revolutionären Bewaffneten Gruppen« (FARL) gehörte, soll sich in dieser Zeit an Anschlägen auf Repräsentanten Israels und der USA beteiligt haben. Nach seiner Festnahme 1984 wurde er wegen Mittäterschaft an den 1982 verübten Morden an dem israelischen Diplomaten Yaakov Bar-Simantov sowie am stellvertretenden Militärattaché der US-Botschaft in Paris, Charles R. Ray, zu lebenslanger Haft verurteilt. Die festgelegte Mindesthaftdauer betrug 15 Jahre. »Er hätte also ab 1999 freigelassen werden können«, erläuterte eine Aktivistin des französischen Solidaritätskomitees »Sou­tien à Georges Ibrahim Abdallah – Bagnolet« im Gespräch mit junge Welt. Er habe seither wiederholt Anträge auf Haftentlassung gestellt, die aber alle abgelehnt wurden. Zuletzt sah es im Januar 2013 so aus, als könnte er das Gefängnis verlassen, nachdem die französische Justiz sein letztes entsprechendes Gesuch positiv beschieden hatte. Voraussetzung wäre jedoch gewesen, daß der damalige französische Innenminister und heutige Premier Manuel Valls die Ausweisung des Libanesen angeordnet hätte. Dieser weigerte sich jedoch, das entsprechende Dokument zu unterschreiben – offenbar auf Druck Washingtons. »Es gab eine Intervention der USA, es sei völlig inakzeptabel, daß Georges überhaupt jemals wieder aus dem Gefängnis kommt«, hieß es aus dem Solidaritätskomitee.

Als Reaktion auf die fortgesetzte Verhinderung einer Freilassung ernannte der Stadtrat von Bagnolet, östlich von Paris, Georges Ibrahim im vergangenen Dezember zum Ehrenbürger. Dafür eingesetzt hatte sich der damalige kommunistische Bürgermeister der 35000 Einwohner zählenden Stadt, Marc Everbecq. Inzwischen regiert Tony di Martino von der Sozialistischen Partei die Stadt, und zusammen mit den Konservativen der UMP und der extremen Rechten setzte er sofort alles daran, die Ernennung rückgängig zu machen. Anfang Juli erklärte daraufhin ein Verwaltungsgericht in Montreuil die Ehrung für ungültig.

Georges Ibrahim wird auf die Ehrenbürgerschaft verzichten können, denn in seinem Heimatland gilt er vielen ohnehin als Held. Mit Blick auf den 30. Jahrestag der Inhaftierung am 24. Oktober wollen seine Unterstützer ihre Aktivitäten verstärken. Derzeit läuft der neunte Antrag auf Haftentlassung, doch die Chancen stehen schlecht, denn gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Lage im Nahen Osten würde eine Entscheidung auf Entlassung des Langzeitgefangenen natürlich als politisches Signal an Israel verstanden werden. Von Premier Valls, der im vergangenen Jahr die Freilassung als Innenminister verhindert hatte, ist so ein Schritt kaum zu erwarten. Deshalb appellierten im vergangenen Juni am Rande des UZ-Pressefestes der DKP in Dortmund die Vertreter von 23 kommunistischen Parteien unter anderem aus den USA, Frankreich, Brasilien, Kolumbien, Libanon, Kuba und Palästina an den französischen Präsidenten François Hollande, Georges Ibrahim Abdallah sofort und bedingungslos freizulassen.

André Scheer / Junge Welt vom 12. August 2014