Tag Archives: TKP/ML

Hungerstreik gegen Geiselaustausch

Türkischem Kommunisten Turgut Kaya droht Auslieferung von Griechenland an die Türkei

Seit mehr als einem Monat verweigert Turgut Kaya die Nahrungsaufnahme. Mit seinem Hungerstreik wehrt sich der in der griechischen Hauptstadt Athen inhaftierte kommunistische Journalist gegen seine drohende Auslieferung an die Türkei. Aufgrund seines sich verschlechternden Gesundheitszustandes wurde Kaya am Wochenende in die Krankenstation des Gefängnisses Korydallos eingeliefert.

Kaya war am 28. Februar aufgrund eines über Interpol verbreiteten Haftbefehls der türkischen Justiz in der Nähe der griechisch-türkischen Grenze festgenommen worden. Er wird beschuldigt, Leitungskader der maoistischen Kommunistischen Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch (TKP/ML) zu sein. Auf der Liste der meistgesuchten »Terroristen« des türkischen Innenministeriums findet sich Kayas Name in einer Reihe mit denen des Führungskaders der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Cemil Bayik und des Sektenführers Fethullah Gülen, der für den Putschversuch vor zwei Jahren verantwortlich gemacht wird. Rund eine Million Euro (vier Millionen Türkische Lira) Kopfgeld sind auf die Ergreifung Kayas ausgesetzt, der in Abwesenheit zu einer Haftstrafe von 14 Jahren und sieben Monaten verurteilt wurde.

Kaya ist seit seiner Studienzeit Anfang der 90er Jahre politisch aktiv, mehrfach wurde er inhaftiert und schwer gefoltert. Zuletzt saß er wegen seiner Mitarbeit an der legalen sozialistischen Zeitung Özgür Gelecek sechs Jahre lang unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation in Untersuchungshaft. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gegen überlange Untersuchungshaft kam er 2012 frei. Er setzte sich zuerst nach Griechenland ab, kehrte dann aber heimlich in die Türkei zurück, wo er bis zu seiner erneuten Flucht seine politische Tätigkeit im Untergrund fortführte.

Obwohl Kaya nach seiner Festnahme unverzüglich Asyl beantragt hatte, erklärte das Oberste Verwaltungsgericht in Athen Ende Mai eine Auslieferung für zulässig. Die endgültige Entscheidung liegt seitdem bei Justizminister Stavros Kontonis von der Partei Syriza.

Süleyman Gürcan von der »Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa« (ATIK), die seit Wochen Protestaktionen vor diplomatischen Vertretungen Griechenlands organisiert, äußerte gegenüber junge Welt die Befürchtung, dass Kaya gegen zwei in der Türkei inhaftierte griechische Soldaten ausgetauscht werde könnte. Die Soldaten waren im März während einer Grenzpatrouille einige hundert Meter auf türkisches Territorium vorgedrungen, Ankara wirft ihnen deshalb Spionage vor.

Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras steht zunehmend unter Druck aus nationalistischen Kreisen, weil es ihr nicht gelungen ist, die Soldaten aus der Haft eines NATO-Partners freizubekommen. Umgekehrt fordert die Türkei die Auslieferung von acht nach Griechenland geflohenen türkischen Soldaten, die am Putschversuch im Juli 2016 beteiligt waren. Deren Auslieferung wurde jedoch vom Obersten Verwaltungsgericht in Athen für unzulässig erklärt, so dass für einen »Geiselaustausch« nur Kaya übrigbliebe.

Der Vorstand der deutschen Partei Die Linke hat wie auch die linke Demokratische Partei der Völker (HDP) aus der Türkei und die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) an die griechische Regierungspartei ­Syriza appelliert, Kaya freizulassen. In Athen gibt es nahezu täglich Protestaktionen von türkischen Emigranten.

Unterdessen droht dem zusammen mit Kaya festgenommenen Hidir Gönek in Griechenland eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren wegen »Menschenschmuggels«. Im Verhör wies Gönek, der ebenfalls ein aus der Türkei stammender Kommunist ist, den Vorwurf der Schleusertätigkeit zurück. Er kenne Kaya schon seit langer Zeit und habe ihm aus politischen Gründen geholfen. Der Prozess gegen Gönek, der im Gefängnis von Komotini festgehalten wird, ist für den 6. Juli angesetzt.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/335184.hungerstreik-gegen-geiselaustausch.html?sstr=kaya

Deutschland: Befangenheitsantrag des Angeklagten Mehmet Yeşilçalı

In der Hauptverhandlung vom 29. Mai 2017 stellte die Verteidigung des Angeklagten Mehmet Yeşilçalı für ihren Mandanten einen Befangenheitsantrag gegen die 5 Richter und Richterinnen.

Anlass für diesen Antrag waren eine ganze Reihe von Entscheidungen und Verhaltensweisen des Gerichts, die Herr Yeşilçalı nur so werten konnte, dass das Gericht gegen ihn eine zunehmend feindliche Haltung eingenommen hat und nun versucht, seine sehr schlechte gesundheitliche Verfassung dafür auszunutzen, ihn zu einem Geständnis zu erpressen.
In der insgesamt 35 Seiten umfassenden Begründung des Ablehnungsgesuchs heißt es zusammenfassend:

„Die Haftfortdauerentscheidung des Senats vom 22. Mai 2017 stellt sich dabei für den Angeklagten Herrn Yeşilçalı als vorläufiger Schluss- und Kulminationspunkt einer Entwicklung dar, die von einer weitgehenden Missachtung und Ignoranz gegenüber seiner schweren psychischen Erkrankung geprägt ist.

Neben dieser Entscheidung gibt es weitere gerichtliche Schreiben und Handlungen, die im Rahmen einer Gesamtschau geeignet sind, bei dem Angeklagten Herrn Yeşilçalı Misstrauen in die Unparteilichkeit des Senats zu rechtfertigen und ihn befürchten lassen, dass der Senat ihm gegenüber eine voreingenommene und teilweise feindliche Haltung eingenommen hat. Nach Kenntnisnahme des Haftfortdauerbeschlusses stellen sich diese für den Angeklagten Yesilcali einerseits als Vorbereitungshandlungen der abgelehnten Richter dar, die die Voraussetzungen des Haftfortdauerbeschlusses konstruieren sollten, andererseits als Versuche einer Geständniserpressung unter Aufrechterhaltung einer tatsächlich und rechtlich nicht gerechtfertigten Haftsituation.

Bei dieser Gesamtbewertung der gerichtlichen Haltung des Senats bzw. einzelner Senatsmitglieder sind im Einzelnen folgende Vorgänge maßgeblich:

• Die rechtlich nicht gebotene und willkürlich erscheinende nachträgliche Einengung bei der Definition des Gutachtenauftrags an die Sachverständige Frau Dr. Limmer durch den Vorsitzenden (s.u. I.),

• das Führen von Gesprächen mit dem Vertreter der BAW über eine mögliche Herbeiführung einer Geständnisbereitschaft bei dem Angeklagten Herrn Yeşilçalı hinter dem Rücken der Verteidigung (s.u. II.) sowie

• die unter willkürlich erscheinender Verkennung rechtlicher Grundsätze und tatsächlicher Grundlagen zustande gekommene Haftentscheidung vom 22.05.2017 (s.u. III).

Dabei stellt sich für den Angeklagten Herrn Yeşilçalı die Situation so dar, dass das Gericht die ihm gegenüber bestehende Fürsorgepflicht bezüglich seiner gesundheitlichen Verfassung in schwerwiegender Art und Weise vernachlässigt hat und teilweise diesen schlechten Gesundheitszustand für ein eigenes Interesse an einer aus Sicht des Senates störungsfreien und beschleunigten Durchführung der Hauptverhandlung und zur Erlangung einer Geständnisbereitschaft auszunutzen trachtet.“

Herr Yeşilçalı muss unverzüglich aus der Untersuchungshaft entlassen werden.
https://www.tkpml-prozess-129b.de/de/29-05-2017/

Deutschland: »Justiz wird zum langen Arm Erdogans«

Türkische Kommunisten stehen wegen Aktivitäten für eine Gruppe vor Gericht, die hierzulande nicht verboten ist. Gespräch mit Süleyman Gürcan

Interview: Pit Beuttel
Seit Juni 2016 läuft in München ein großangelegter Staatsschutzprozess gegen insgesamt zehn Aktivistinnen und Aktivisten des Vereins ATIF im Rahmen des Paragraphen 129 b StGB. Was wird den Kommunisten vorgeworfen?

Nicht jeder Angeklagte ist ATIF-Mitglied. Drei Angeklagte wohnten in Österreich, der Schweiz und Frankreich. Aber die meisten sind Mitglieder von ATIK (Konföderation der Arbeiter und Arbeiterinnen aus der Türkei in Europa, jW). Den Aktivisten wird aber die Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei der Türkei – Marxisten-Leninisten, der TKP/ML, vorgeworfen. Sie ist nur in der Türkei verboten. Laut Bundesanwaltschaft soll die Organisation für den türkischen Staat »gefährlich« sein; die Angeklagten sollen Mittel und Gelder für die Organisation beschafft haben. Obwohl die TKP/ML hier nicht verboten ist, gilt sie in den Augen des deutschen Staates als »gefährliche Vereinigung«.

Wie erklären Sie sich den ausgeprägten Verfolgungswillen des deutschen Staates?

Es gibt verschiedene Gründe dafür. Ein wichtiger ist sicherlich, dass die Angeklagten sich als Kommunisten verstehen. Der deutsche Staat hat ja in Sachen Antikommunismus einige Erfahrungen. Die KPD ist beispielsweise in diesem Lande ja bis heute verboten. Zweitens ist die Beziehung zwischen Deutschland und der Türkei in historischer, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht sehr eng. Auch in der heutigen Zeit hat die Bundesrepublik ein Interesse am Nahen Osten und damit an der Türkei. Es seien hier nur genannt: der deutsche Militärstützpunkt in Incirlik, das Abkommen über Flüchtlinge mit Erdogan und natürlich wirtschaftliche Beziehungen. Drittens kann man sagen, dass Kommunisten und Revolutionäre, unter ihnen auch die TKP/ML, sich aktiv mit dem kurdischen Volk während des Kobani-Aufstands (die Befreiung Kobanis und ganz Rojavas, dem syrischen Teil Kurdistans, jW) solidarisiert haben. Es ist sicherlich eines der Ziele der Türkei, dass diese Solidarität zwischen Kurden und Revolutionären gestört und möglichst unterbunden werden soll.

Welche Rolle spielen die aktuellen Entwicklungen in der Türkei, etwa die Errichtung eines Präsidialsystems, im Prozess?

Für uns spielen sie eine große Rolle. Für die Richter dagegen offenbar gar nicht. Beim Übersetzungsskandal im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass interne Briefe zwischen Anwälten und Mandanten ohne Verschlüsselung und Datenschutzgarantien in der Türkei übersetzt wurden! Das gleiche gilt für Dokumente. Darüber hinaus werden auch weiterhin Beweismittel aus der Türkei, die unter Folter »gewonnen« wurden, von der Bundesanwaltschaft genutzt. Das jetzige Verfahren ist daher ein Skandal.

In einer Ende Januar verbreiteten Erklärung vom Gefangenen Seyit Ali Ugur wird von Folter im Knast gesprochen. Können Sie mehr dazu sagen?

Seyit Ali Ugur hat in seiner Erklärung auf die Folter am Gefangenen Mehmet Yesilcali hingewiesen. An einem Prozesstag, bei dem Mehmet Yesilcali gesagt hatte, dass er krank sei, wurde der Prozess früh beendet. An genau diesem Tag wurde er im Knast komplett ausgezogen. Das soll mit Gewalt geschehen sein. Er soll dann bis zum nächsten Tag nackt in seiner Zelle auf den Arzt gewartet haben.

Was erwarten Sie vom Prozess und von der deutschen Justiz?

In Verfahren nach den Paragraphen 129 a und b funktioniert die Gewaltenteilung nicht. Die Regierung sagt, gegen wen solche Verfahren eröffnet werden sollen. Die Interessen der Staaten untereinander spielen hier die bei weitem größte Rolle. Wenn Erdogan einen harten Schlag gegen Revolutionäre oder Kurden sehen will, setzt das die deutsche Regierung um. Vergessen wir nicht: Aktuell sind in der BRD mehr als zehn kurdische Politiker im Knast. Die deutsche Regierung und damit die Justiz sind letztendlich zum langen Arm von Erdogan geworden.

https://www.jungewelt.de/2017/02-14/093.php

Kroatien: Murat Catulay wurde freigelassen

Der 52-jährige Murat Catulay wurde in Split freigelassen und konnte in die BRD ausreisen.

Der seit 25 in der BRD lebende Kurde, der aufgrund politischem Asyls die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, konnte nach 28 Tagen Haft nach Hause zu seiner Familie in Köln, nachdem die türkischen Behörden die kroatischen Fristen hatten verstreichen lassen.

Catulay wurde Ende Juli wegen eines Interpol-Haftbefehls der Türkei in der kroatischen Küstenstadt Omnis verhaftet, wo er sich mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Urlaub befand. Sein Ferienhaus wurde durchsucht, jedoch nichts gefunden. Im wurde vorgeworfen von 1989 bis 2001 für die TIKKO aktiv gewesen zu sein.

Dieser Angriff reiht sich ein in einen andauernden Prozess der Kriminalisierung politisch aktiver progressiver Migranten in der BRD, wie dem Angriff auf ATIK oder das Verbot der Zeitung Yürüyüs.

http://www.demvolkedienen.org/index.php/europa/986-murat-catulay-wurde-freigelassen

Murat Catulay in Kroatien verhaftet

Kroatien, als unterdrückte Nation unter der Knechtschaft des deutschen Imperialismus, betätigt sich erneut als Repressionsorgan gegen revolutionäre und demokratische Aktivisten im Auftrag der BRD.
Im folgenden dokumentieren wir eine Erklärung der Konföderation für demokratische Rechte in Europa (ADHK):

Murat Catulay soll sofort frei gelassen werden

Der Angriff auf in Deutschland lebende revolutionäre-demokratische Menschen und auch auf die Verbände oder Vereine nimmt kein Ende Der in Deutschland lebende Murat Catulay, der seinen Urlaub mit seiner Familie in Kroatien verbringen wollte, wurde während seinem Aufenthalt in Kroatien festgenommen. Die Festnahme geschah in einem Haus wo sich Murat Catulay befand, unter dem Vorwand: gesuchter bei Interpol. Kroatischen Medien zufolge wird Murat Catulay derzeit in Split gehalten. Nach Angaben der kroatischen Polizei wird behauptet, die die Information vom Interpol erhalten haben, dass Murat Catulay sich zwischen den Jahren 1989-2001 in der Türkei an Aktionen von TKP/ML TIKKO teilgenommen haben soll. Zudem wird Medienberichten zufolge angenommen, das Murat in Kroatien verurteilt und dann in die Türkei ausgewiesen werden soll. Die nach Europa und vor allem in die Balkanländer geflüchteten politische Flüchtlinge aus der Türkei oder Nordkurdistan werden als politische Flüchtlinge akzeptiert. Zu Beachten ist aber, dass diese Menschen mit dem Grund „vom Interpol gesucht“ immer wieder willkürlich verhaftet. Diese Aktionen werden von den imperialistischen europäischen Ländern durchgeführt, weil diese einen Zusammenarbeit mit dem faschistischen türkischen Staat führen. Diese Zusammenarbeit führt dazu, dass der deutsche Staat gegen die willkürliche Verhaftung von Murat Catulay keine Stimme erhebt und nur zuschaut.
Wir, die Konföderation für demokratische Rechte in Europa rufen alle demokratisch-revolutionäre Institutionen auf, gegen diese Gesetzlosigkeit die gegen Murat Catulay durchgeführt wird, ihre Stimme zu erheben.

-MURAT CATULAY SOLL FREI GELASSEN WERDEN
-FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHENEN GEFANGENEN
-ALLE DURCHSUCHUNGEN VOM INTERPOL SOLL BEENDET WERDEN

21.AUGUST 2016
KONFÖDERATION FÜR DEMOKRATISCHE RECHTE IN EUROPA
(ADHK)

In der jüngeren Vergangenheit führten die Arbeiter- und Bauern-Befreiungsarmee der Türkei, TIKKO, der TKP/MLund die Volksbefreiungsarmee, HKO, der MKP verschiedene Aktionen durch. So wurde Erkan Dogan durch die TIKKO in Geyiksuyu verhaftet und bestraft und die HKO führte eine Operation gegen die Militärbasis von Cevizlidere in der Nähe von Ovacik durch.

http://www.demvolkedienen.org/index.php/europa/978-murat-catulay-in-kroatien-verhaftet

Deutschland: PRESSEERKLÄRUNG DER VERTEIDIGUNG

Presseerklärung der Verteidigung in dem 129b-Verfahren gegen 10 türkische/kurdische KommunistInnen vor dem OLG München.

Aus dem „Putsch nach dem Putsch“ müssen die deutschen Behörden jetzt Konsequenzen ziehen.

Verteidigung fordert die Rücknahme der Verfolgungsermächtigung und die sofortige Einstellung des Strafverfahrens.

Seit dem 17. Juni 2016 wird vor dem OLG München das Verfahren gegen 10 vermeintliche Mitglieder der TKP/ML (Türkische Kommunistische Partei/Marxistisch-Leninistisch) wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129b StGB) geführt. Die TKP/ML ist in Deutschland nicht verboten und findet sich auch nicht auf internationalen Terrorlisten. Allein die Türkei deklariert sie als terroristische Organisation.

Der Einleitung dieses Strafverfahrens liegt eine außenpolitische Entscheidung, nämlich die Erteilung der sogenannten Verfolgungsermächtigung durch das Bundesjustizministerium (BMJV) zugrunde: Ob eine Strafverfolgung durchgeführt wird hängt davon ab, ob diese den Interessen der Bundesrepublik Deutschland entspricht. Maßgebend soll dabei nach dem Gesetz u.a. sein, ob sich die Ziele der Vereinigung gegen einen ausländischen Staat richten, der die Würde des Menschen achtet.

Bereits mit Presseerklärung vom 17. Juni 2016 hat die Verteidigung unter Hinweis auf die Menschenrechtsverletzungen und totalitären Tendenzen in der Türkei die Rücknahme der Verfolgungsermächtigung durch das Bundesjustizministerium und die Einstellung des Verfahrens gefordert.

Die “Maßnahmen“ der AKP-Regierung seit dem 15. Juli 2016 zeigen der gesamten Welt, dass sich die Türkei auf dem Weg zu einem offen diktatorisch agierenden Staat befindet, der sämtliche demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien über Bord wirft. Die Menschenwürde und Menschenrechte werden missachtet. Die Entwicklung in der letzten Woche, der „Putsch nach dem Putsch“, muss auch zu Konsequenzen in der Politik der Bundesregierung führen. Allein der konsequenzlos bleibende Ausdruck einer „Besorgnis“ kann nicht mehr ausreichen. Das gegen unsere Mandanten geführte Verfahren musste schon bisher als Auftragsarbeit für Erdogan und sein Regime verstanden werden. Eine Fortführung dieses Strafverfahrens würde nach den Geschehnissen der letzten Tage eine Legitimierung der antidemokratischen und antirechtsstaatlichen Maßnahmen Erdogans bedeuten. Oder, in der Formulierung des verfolgten Istanbuler Journalisten Can Dündar, einen „Tritthocker unter die Galgen in der Türkei“.

Spätestens nach der Verhängung des Ausnahmezustands ist offensichtlich, dass der türkische Staat keine die Würde des Menschen achtende staatliche Ordnung ist.

Diese veränderten außenpolitischen Umstände können und müssen deshalb zu einer Rücknahme der Verfolgungsermächtigung führen, will sich die Bundesregierung nicht zum Handlanger der Autokratie Erdogans machen.

Wir fordern deshalb das BMJV auf, die Verfolgungsermächtigung in Bezug auf unsere Mandanten zurückzunehmen.

Hintergrund

Der gescheiterte Militärputsch wird von der AKP-Regierung zum Anlass genommen, offensichtlich schon lange vorbereite „Säuberungsaktionen“ durchzuführen. Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung sind allein in den letzten Tagen ca. 65.000 Richter, Staatsanwälte, Beamte und Polizisten, Militärs, Hochschullehrer und Lehrer suspendiert und/oder verhaftet worden. Erdogan-kritische Radio- und Fernsehsender werden abgeschaltet. Am 20. Juli 2016 wurde für die gesamte Türkei der Ausnahmezustand verhängt.

Menschen, die deutliche Spuren der Folter aufweisen, werden öffentlich zur Schau gestellt. Lynchjustiz wird toleriert und die Wiedereinführung der Todesstrafe gefordert. Andersdenkende und Minderheiten werden gezielt eingeschüchtert und angegriffen. Wir erleben eine islamistische Mobilmachung gegen jede Form der Abweichung. Die türkische Regierung erklärt die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) für derzeit nicht anwendbar. Die Gewaltenteilung ist aufgehoben.

München, den 21.07.2016

Information
https://www.tkpml-prozess-129b.de
RA Alexander Hoffmann: info@anwalthoffmann.de
RA Dr. Peer Stolle: stolle@dka-kanzlei.de
Verteidigerinnen und Verteidiger

RA Rainer Ahues
RA Sinan Akay
RAin Antonia von der Behrens
RA Berthold Fresenius
RA Marvin Hegermann
RA Martin Heiming
RA Manfred Hörner
RA Alexander Hoffmann
RA Frank Jasenski
RA Dietmar Kleiner
RA Ulrich v. Klinggräff
RA Stephan Kuhn
RA Roland Meister
RAin Franziska Nedelmann
RA Bernhard Pradel
RA Iñigo Schmitt-Reinholtz
RA Yener Sözen
RA Dr. Peer Stolle
RA Yunus Ziyal

21.07.2016 Presseerklärung der Verteidigung

 

Brief von Sinan Aydin: Alltag im Knast / 11.03.2016

Liebe Genossen,

ich habe den Brief den Ihr mir am 30.12.2015 geschickt habt erst heute
(11.03.2016) bekommen. Leider verspätet sich alles wenn es solch massive
Kontrollen gibt. Es ist völlig egal wie schnell ich euch zurückschreibe,
ich vermute meinen Brief werdet ihr erst in ein paar Monaten bekommen.

Ich werde auf das Schreiben von euch eingehen obwohl ich mir dessen
bewusst bin, dass es bis zum 18.03., dem Tag der politischen Gefangenen,
nicht reichen wird. Außerdem habt ihr auch geschrieben, dass ich auch
über andere Themen schreiben kann. Wenn Ihr mir beim nächsten Brief
schreiben könnt was es für Themen es sein sollen und ob ihr meine Briefe
übersetzen lassen könnt, würde ich mich freuen.

Seit dem 15. April 2015 bin ich wegen dem TKP/ML Prozess in Kaisheim
inhaftiert. Vom ersten Tag bis 31.August war ich einer kompletten
Isolation ausgesetzt gewesen. (Wie die anderen Genossen die wegen
demselben Verfahren sitzen)

In einer kompletten Isolation, durfte ich morgens eine Stunde alleine
zum Hofgang. Nachdem ich danach alleine duschen durfte saß ich 23
Stunden lang in meiner Zelle ohne jeglichen Kontakt. Bei der Ausgabe von
Essen haben sie mir das Essen sogar entweder als erstes oder als letztes
das Essen gegeben. Wenn ich zum Arzt musste, bin ich als Einziger
hingegangen. In Wartezimmer war außer mir niemand da. Also, in den
ersten 4 Monaten habe ich / haben wir niemandem außer Vollzugsbeamten
oder die, die essen verteilen gesehen. 2mal im Monat habe ich meine
Familie, die zu Besuch da war, gesehen. Das war die einzige Zeit wo ich
mit jemandem gesprochen habe. Zu diesem Zeitpunkt habe ich auch in
einigen Briefen erwähnt, dass ich den ruhigen Sinan in mir entdeckt
habe, der eigentlich sehr gerne spricht.

Zu diesem Zeitpunkt fing mein Tag morgens um 6 Uhr mit der Stimme von
Beamten, die vorbeigekommen sind und nach mir geschaut haben mit einem
„Guten Morgen“, an. Aktuell fängt mein Tag immer noch so an. Von Anfang
an hatte ich einen Fernseher in meiner Zelle. Nachdem ich aufgestanden
bin habe ich ihn sofort angemacht, um ATV, einen türkischen Sender,
einzuschalten, um die Nachrichten zu sehen; bis der Vollzugsbeamte mich
zum Hofgang abgeholt hat. (07:30 Uhr)

In der Zeit habe ich wie Nazim es gesagt hatte mich im Spiegel
angeschaut und rasiert.* Ich mache es immer noch so mit dem einzigen
Unterschied, dass der Hofausgang um 8:45 Uhr stattfindet. Die
Nachrichten dauern auch bis dahin an.

Dieser Sender ATV und die die Nachtrichten senden sind mehr Erdogan als
er es selber ist und somit niederträchtig. Das heißt, dass mein Tag mit
dem psychischen Terror schon beginnt.

Ihr fragt euch jetzt bestimmt wieso ich es dann anschaue. Erstens: Es
ist der einzige Sender auf Türkisch. Zweitens: Durch die ständig
durchlaufenden Untertitel kann ich Nachrichten lesen. So bekomme ich
Informationen. Drittens wenn ich Zeitungen lese oder Nachrichten höre
kann ich dann die Widersprüchlichkeiten herausziehen. Somit bekomme ich
einen besseren Eindruck auf das Geschehen. Die deutschen Nachrichten
sind schlimm. Wenn es um Türkei, Kurdistan und menschenverachtendes
Verhalten geht spielen sie die drei Affen.

Wenn ich zu meinem Alltag zurückgehe, nachdem ich aus der kompletten
Isolation raus bin, habe ich angefangen täglich die Hürriyet, die
(Özgür) Politika und die Junge Welt zu bekommen. Die habe ich natürlich
komplett durchgelesen. Ich habe Druck bei der Vollzugsleitung gemacht
und habe Bücher bekommen, um Deutsch lernen zu können. Damit habe ich
auch angefangen.

Monatelang durfte ich keine türkischen Bücher von Außen bekommen.
Nachdem Ende August der Druck erhöht worden ist habe ich das Kapital
Band 1 von außen erhalten. Jetzt habe ich auch das 2. Buch und bin schon
fast damit durch. Das dritte werde ich auch noch erhalten.

Während der Isolation habe ich versucht täglich eine Stunde Sport zu
machen. Kurz gesagt verbringe ich die Zeit des Tages so:

– morgens um 6 aufstehen,
– TV und Nachrichten,
– mich frisch machen und rasieren
– zwischen 07:30 – 08:30 Uhr Hofgang
– 08:30 – 09:00 Uhr: Duschen,
– 09:00 – 11:00 Uhr: deutsche Nachrichten. Die Artikel der Zeitungen,
die nicht gelesen worden sind, lesen und Kreuzworträtsel, Bücher zum
Deutschlernen,
– 11:00 – 12:00 Uhr: Mittagessen,
– 12:00 – 13:00 Uhr: Türkische Nachrichten,
– 13:00 – 14:00 Uhr: ausruhen evtl. schlafen,
– 14:00 – 17:00 Uhr: Zeitungen die frisch gekommen sind, lesen,
– 17:00 Uhr: Abendessen,
– 18:00 – 19:00 Uhr: Türkische Nachrichten,
– 19:00 – 20:00 Uhr: Deutsche Nachrichten,
– zwischen 20:00 – 00:00 Uhr habe ich, wenn es einen schönen Film auf
deutschen Kanälen lief, diesen angeschaut oder gelesen.

Jetzt ist es morgens genauso.

– 08:45 – 10:00 Uhr: Hofausgang,
– 10:00 – 11:00 Uhr: Duschen und Mittagessen kommt.
– 11:00 – 12:15 Uhr: Essen und ausruhen.
– 12:15 – 13:30 Uhr: Sport (montags, dienstags, mittwochs und
donnerstags). Zu dieser Zeit ist die Zellentür offen und es ist
Duschzeit. In dieser Zeit habe ich die Möglichkeit mich mit den anderen
Gefangenen zu unterhalten oder Schach zu spielen.
– Zwischen 15:00 – 00:00 verbringe ich meine Zeit in meiner Zelle damit
deutsch-türkische Nachrichten anzuschauen, Lesen oder damit Filme
anzuschauen.

Am Freitag, Samstag und Sonntag sind die Zellentüren ab 11 Uhr
geschlossen bis zum nächsten Tag 08:45 Uhr.
Ich mache auch an diesen Tagen immer dasselbe bis auf das, dass ich an
diesen Tagen Briefe beantworte. Wenn unter der Woche ein Champions
League Spiel kommt, dann schaue ich es mir an. Damit ich ein gutes
Gewissen habe löse ich während der Zeit Kreuzworträtsel.

Wenn ich zu dem Punkt komme wie es bis jetzt für mich läuft, kann ich
nur sagen, dass ich kein Problem hatte mich an die neue Situation zu
gewöhnen.

Deutschland: »Gewaltenteilung wird zur Farce«

Am Freitag begann in München ein Prozess gegen türkische Revolutionäre. Die Ermächtigung dazu hat das Justizministerium gegeben. Ein Gespräch mit Roland Meister
Interview: Kevin Hoffmann, junge Welt 21.6.2016

Roland Meister ist Rechtsanwalt aus Gelsenkirchen und vertritt Sami Solmaz

Am vergangenen Freitag begann der Prozess gegen zehn türkische Revolutionäre vor dem Oberlandesgericht München. Die Beschuldigten sind Aktivisten der »Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa«, ATIK. Was wird ihrem Mandanten und den anderen Angeklagten an konkreten Straftaten vorgeworfen?

Unsere Mandanten werden nach Paragraph 129b Strafgesetzbuch angeklagt. Ihnen wird aber keine konkrete Straftat vorgeworfen. Man hält ihnen vor, dem sogenannten Auslandskomitee der »Türkischen Kommunistischen Partei/Marxistisch-Leninistisch«, TKP/ML, anzugehören. Nach den Paragraphen 129 a und b besteht hier die Möglichkeit zur Bestrafung mit bis zu zehn Jahren Gefängnis. Mit diesen Paragraphen wurde in Deutschland in den letzten Jahrzehnten ein umfassendes Instrumentarium zum Kampf gegen den sogenannten Terrorismus entwickelt. Seit dem August 2002 wird es insbesondere zur Unterdrückung und Kriminalisierung fortschrittlicher und revolutionärer Organisationen im Ausland eingesetzt. Seither wurden mehrere hundert Verfahren gegen Menschen, die linken Kräften in der Türkei angehören sollen, eingeleitet. In der Regel endeten sie mit Haftstrafen. Gegenwärtig sind vor den Staatsschutzsenaten verschiedener Oberlandesgerichte in Deutschland Verfahren gegen angebliche Angehörige der »Arbeiterpartei Kurdistans«, PKK, bzw. der »Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front«, DHKP/C, anhängig.

Welches Verständnis der Begriffe »Terrorismus« oder »terroristische Organisation« liegt dem Verfahren zugrunde?

Die TKP/ML wird als »ausländische terroristische Vereinigung« bezeichnet. Im internationalen Völkerrecht gibt es keine einheitliche Definition, was »Terrorismus« bzw. eine »terroristische Vereinigung« sind. Bereits selbständige Arbeitskämpfe werden mitunter als »Terrorismus« bezeichnet. Nach der gesetzlichen Regelung in Paragraph 129a gelten Taten als terroristisch, die darauf zielen, einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich zu schädigen. Der TKP/ML und den Angeklagten wird vorgeworfen, in der Türkei gegen das Erdogan-Regime zu kämpfen, um es zu stürzen und statt dessen eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen. Der revolutionäre Befreiungskampf wird so als Terrorismus abgestempelt.

Worauf beruft sich die Bundesanwaltschaft im Verfahren gegen die Angeklagten?

In der Anklageschrift werden u. a. Hunderte abgehörte Telefonate oder SMS genannt, die teilweise über Jahre gesammelt wurden. Vorgeworfen wird den Angeklagten etwa das Sammeln von Spenden, das Schreiben von Berichten. Aus anderen Verfahren wissen wir, dass das Organisieren eines Dönerstandes als mitgliedschaftliche Betätigung angesehen werden kann. Was die Beweise angeht, stützt man sich auf eine umfassende Zusammenarbeit zwischen deutschen und türkischen Geheimdiensten und der Polizei, die sich regelmäßig zur sogenannten Terrorismusbekämpfung treffen. Das Verfahren in München hat deshalb eine besondere Funktion, da es sich auch gegen kämpferische migrantische Strukturen richtet, hier der ATIK. Weder sind die TKP/ML oder die ATIK in Deutschland verboten, noch stehen sie auf der sogenannten Antiterrorliste der EU.

Wie bewerten Sie aus politischer Sicht das Verfahren?

In Paragraph 129b wird das juristische Vorgehen gegen einzelne Gruppierungen mit den Interessen der Bundesregierung vermengt. Die Strafverfolgung hängt von einer politischen Entscheidung der Bundesregierung ab, konkret einer Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz. Die Regierung hat diese ausdrücklich erteilt. Ihr ist dabei nicht unbekannt, dass mit der TKP/ML und der PKK Kräfte kriminalisiert werden, die an führender Stelle im Kampf gegen den faschistisch-islamistischen »Islamischen Staat« stehen. Die deutsche Regierung unterstützt mit diesen Ermächtigungen das reaktionäre Erdogan-Regime. Zugleich wird die Gewaltenteilung durch die Ermächtigung der Bundesregierung zu einer Farce.

Ihr Mandant sitzt bereits in Untersuchungshaft. Wie gestaltet sich die?

Die Angeklagten sitzen jetzt seit mehr als 14 Monaten in Untersuchungshaft. Vier der Angeklagten wurden von anderen europäischen Ländern an Deutschland ausgeliefert. Die Verteidigung wird eingeschränkt. So können wir mit unseren Mandanten nur durch eine Trennscheibe reden. Auch der Briefwechsel wird kontrolliert, und es dauert Wochen, bis uns Briefe unseres Mandanten erreichen. Gegen meinen Mandanten betreibt die türkische Regierung ein Auslieferungsverfahren. Ihm droht in der Türkei erneut Folter, nachdem er dort bereits mehrere Jahre lang inhaftiert war und gefoltert wurde.Interview: Kevin Hoffmann

Türkei: Aufruf zum Widerstand von gefangenen Frauen

Im geschlossenen Sincan Frauengefängnis in Ankara führten die MLKP- [Marxistisch-Leninistisch-Kommunistische Partei der Türkei], TKP/ML- [Kommunistische Partei der Türkei / Marxisten-Leninisten] und MKP [Maoistisch Kommunistische Partei der Türkei]-Gefangenen eine Reihe von Aktionen gegen die Vernichtungsoperationen der AKP und für die Unterstützung des Widerstandes der Selbstverwaltungsorgane in Kurdistan durch, die sie im Gefängnis durchführten und jeden dazu aufriefen, den Widerstand in Kurdistan zu übernehmen.

Nachrichten Zentrale (22.02.2016) Die gesamten Operationen der AKP und von Erdogan, die von der Regierung zur Zerstörung des Selbstverwaltungs-Widerstandes ausgeführt werden, führten zu einer Unterstützung durch die gefangenen Frauen der MLKP, TKP/ML und MKP im Sincan Frauengefängnis in Ankara. In Briefen, die durch einen Anwalt überbracht wurden, schreiben die weiblichen Gefangenen, dass sie die Aktionen unterstützen, die von den PAJK-Gefangenen gegen das Massaker in Kurdistan ergriffen worden sind. „Zerstörung, Verleugnung, Assimilation und Vertreibung des kurdischen Volkes durch die Massaker kann verhindert werden durch die Erklärung der Selbstverwaltung durch die YPS gegen diese Unterdrückung und Tyrannei. Den Kampf gegen den Faschismus und die Unterordnung krönt der heroische Widerstand, der sich nicht fügen wird. Von Rojava bis zu Kobane bauen die Aufstände den Weg in die Zukunft der Kämpferinnen.“

„Als Revolutionärinnen im Gefängnis begrüßen wir den heroischen Widerstand der kurdischen Revolutionärinnen und als kommunistische Gefangene den Widerstand unseres Volkes.“ Sagten die weiblichen Gefangenen, damit der Widerstand, besonders der Frauen, und die Barrikaden mächtiger werden, führten sie eine Reihe von Aktionen aus, die dazu führen sollen, dass unsere Schultern den Widerstand verstärken.

Folgende Aktionen führten die Gefangenen aus:

  • Am 4., 5. und 6. Januar wurden Lärmaktionen ausgeführt und während dieser Woche wurden Parolen gerufen.
  • Vom 4. bis zum 18. Januar wurde gegen das Massaker protestiert und wir gingen zu Gericht und skandierten Parolen, um den Widerstand zu begrüßen.
  • Vom 18. bis zum 22. Januar beteiligten wir uns am Protest der PAJK und der Gefangenen, um Brot und Essen für fünf Tage zu bekommen, und vom 27. bis zum 29. Januar schrieben wir Geschichte, als Zentrum der PAJK-Gefangenen, und unterstützten einen dreitägigen Hungerstreik.
  • Zum Schluss in den letzten zwei Wochen ab dem 8. Februar begannen wir nicht nachzulassen und den Standpunkt der Aktionen zu klären.

Die weiblichen Gefangen erklärten zum Schluss, dass sie damit fortfahren werden, dem Widerstand in Kurdistan eine Stimme zu geben: „Vor diesem Kampf, der Frauen und Kinder tötet, verbeugen wir uns respektvoll im Gedenken und im Kampf, besonders dem Widerstand der Revolutionärinnen und Revolutionäre, und gestehen alle unsere revolutionären Gefühle als kommunistische Gefangene ein, und grüßen Euch. Unser ganzes Volk in Kurdistan rufen wir dazu auf, dem Widerstand seine Schultern zu geben.“

http://www.nouvelleturquie.com/de/non-classe-de/aufruf-zum-widerstand-von-gefangenen-frauen/

Plötzlich war eine von uns verhaftet…. (8. März-Bündnis Nürnberg)

Banu, unsere Freundin und Mitstreiterin im 8. März-Bündnis Nürnberg, wurde am 15. April 2015 völlig unerwartet verhaftet. Sie ist Mitglied von ATIK, der „Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa“ und Yeni Kadin (= neue Frau), der Frauenkommission von ATIK. Seit Jahren engagiert sich Banu im 8. März-Bündnis und kämpft mit uns gemeinsam gegen die Unterdrückung von Frauen. Sie unterstützte im Sommer 2014 die Proteste von Flüchtlingen in Nürnberg. Als Referentin sprach sie in den letzten Jahren bei Veranstaltungen zu den Themen „Gewalt an Frauen“, „Traumatisierung“ und „Unbezahlte Hausarbeit“. Beruflich ist ihr als Ärztin vor allem die Unterstützung von gewaltbetroffenen und traumatisierten Frauen ein Anliegen. Ihr persönlicher Kontakt mit Freund_innen und Familie, ihr politisches Engagement und ihre Arbeit als Ärztin wurden am 15 April schlagartig unterbrochen, als sie verhaftet wurde:

Am Nachmittag des 15. April wurden in Deutschland im Zuge von Razzien Fenster zerschlagen, Türen aufgebrochen, Privatwohnungen verwüstet. 7 linke Aktivist_innen wurden verhaftet – darunter auch Mitglieder von ATIK, der „Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa“. Banu ist eine davon. Auf Betreiben des deutschen Bundeskriminalamts (BKA) wurden am 15. und am 18. April außerdem in der Schweiz, Frankreich und Griechenland 4 weitere Aktivist_innen verhaftet, die nach Deutschland bzw. Frankreich ausgeliefert werden sollen. 10 Aktivist_innen sitzen seitdem in verschiedenen Gefängnissen, 7 davon in Deutschland.

Seit Jahrzehnten kämpfen in ATIK, der „Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa“, Migrant_innen für ihre demokratischen und wirtschaftlichen Rechte. Die Tradition von ATIK geht auf die Organisierung von sogenannten Gastarbeiter_innen zurück. ATIK hat mehr als 20 eingetragene Vereine in Deutschland.

Den Verhafteten wird nun im Rahmen eines Verfahrens nach §§129 a und b StGB die Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in In- oder Ausland vorgeworfen. Das klingt, als wären sie sehr gefährliche Menschen. Allerdings wird keinem/r der Verhafteten vorgeworfen, an konkreten strafbaren Aktionen beteiligt gewesen zu sein, oder Menschen geschädigt oder ermordet zu haben. Für Verurteilungen nach § 129a und b muss eine direkte Beteiligung an konkreten Handlungen nicht nachgewiesen werden: Für eine Anklage kann allein die vermutete Mitgliedschaft in einer Gruppe oder die Öffentlichkeitsarbeit, die positiv auf eine kriminalisierte Gruppierungen Bezug nimmt, Anlass sein. Auch die finanzielle Unterstützung von Aktivitäten, die einer Gruppe in irgendeiner Form zugute kommen können, können für eine Anklage nach §§129a/b ausreichen. Immer wieder standen und stehen die §§ 129 a und b deshalb als Paragraphen in der Kritik, die nicht auf strafbare Handlungen abzielen, sondern politisch unliebsame Aktivität kriminalisieren.

Unterstellt wird den Verhafteten nun konkret, Mitglieder der TKP/ML zu sein („Kommunistische Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch“), die in der Türkei aktiv ist. Die TKP/ML ist in der Bundesrepublik allerdings weder verboten, noch wird sie auf der EU-Terrorliste aufgeführt. Tatsächlich wurden mehrere der Verhafteten bereits in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der TKP/ML inhaftiert und gefoltert. In Deutschland haben einige von ihnen eben deshalb schon vor vielen Jahren Asyl bekommen. Damals gab es für die BRD offensichtlich keinen Anlass, sie zu kriminalisieren. Jetzt gerieten sie plötzlich ins Visier der Justiz. Wir fragen uns natürlich warum.

Die Türkische Regierung unter Erdogan warf den EU-Staaten – insbesondere der BRD – in der Vergangenheit immer wieder vor, nicht konsequent genug gegen linke und fortschrittliche (Exil-) Organisationen aus der Türkei vorzugehen. In der Türkei waren im November 2013 etwa 10 000 politische Aktivist_innen und Oppositionelle in Haft. Außerdem sind 72 Journalist_innen im Gefängnis (Stand Mai 2015). Im Juli und August 2015 gab es massenhafte Festnahmen linker Aktivist_innen in der Türkei. Wiederholt verlangte die türkische Regierung in den letzten Jahren die Auslieferung von Menschen, die in EU-Ländern im politischen Exil lebten. Bei den Ermittlungen gegen die Aktivst_innen, die Mitte April 2015 verhaftet wurden, gibt es eine eine enge Zusammenarbeit zwischen türkischen und deutschen Ermittlungsbehörden. Uns drängt sich der Eindruck auf, dass deutsche Gerichte in diesem Fall die repressive Politik fortsetzen, die die türkische Regierung gegen Oppositionelle anwendet. Die deutsche Justiz macht sich so zum verlängerten Arm der türkischen Regierung und sperrt Menschen ein, die die Regierung Erdogans gerne hinter Gittern sehen möchte!

Banu und die anderen Verhafteten befinden sich im Moment in Untersuchungshaft in verschiedenen bayerischen Gefängnissen. Bis Mitte August waren die meisten von ihnen 24 Stunden am Tag in Isolationshaft. Mittlerweile haben sie während Aufschluss-Zeiten Kontakt mit anderen Gefangenen. Ein Gerichtsverfahren wird voraussichtlich erst in einigen Monaten beginnen.

Als 8. März‐Bündnis Nürnberg rufen wir alle Frauenorganisationen und ‐projekte, alle Feminist_innen und alle die sich gegen die Unterdrückung von Frauen engagieren dazu auf, sich insbesondere für Freiheit und Gerechtigkeit für unsere Mitstreiterin Banu einzusetzen. Wir fordern auch Freiheit und Gerechtigkeit für die anderen linken Aktivist_innen, die im Rahmen des gleichen
Verfahrens verhaftet wurden. Wir fordern die Abschaffung der weißen Folter Isolationshaft! Wir freuen uns, wenn möglichst viele Einzelpersonen, Initiativen und Gruppen diese Forderungen unterstützen.

Was ihr tun könnt:

Diese Erklärung oder eine eigene Erklärung auf die eigene Homepage stellen oder auf andere Art weiter verbreiteten.

Diese Erklärung als Projekt, Gruppe oder Einrichtung unterstützen – schickt uns eine Mail: 8.maerz-buendnis-nuernberg@riseup.net

Postkarten an Banu schreiben. Schreibt an: „Dialog der Kulturen – z.H. Banu – Fürther Str. 40a – 90429 Nürnberg“. Die Post wird dann weitergeleitet.

Beteiligt euch an Solidaritäts-Aktionen – Infos hierzu findet ihr z.B. auf der Homepage von ATIK:http://www.atik-online.net/deutsch/category/europa/

Für die Verhafteten spenden: Spendekonto : Rote Hilfe Regionalgruppe Nbg – Fü – Er, GLS-Bank Iban: DE85 4306 0967 4007 2383 59; BIC: GENODEM1 GLS Kennwort: ATIK

8. März‐Bündnis Nürnberg – September 2015
http://frauenkampftagnbg.blogsport.de/