AntiRep Sitzung „Marsch für’s Läbe“ 2021

Einige haben Strafbefehle gekriegt, einige erhielten bereits Vorladungen. Lassen wir uns von der  Repression nicht vereinzeln. Darum laden wir zur Sitzung ein, wo wir politische und juristisch-technische Fragen gemeinsam angehen.
Wann: Freitag, 26.08.22 um 19 Uhr
Für den Ort schreibe an se_bu@riseup.net
Leitet diese Info allen Betroffenen weiter!

Bussen wegen «Marsch für’s Läbe» 2021

Gegen Verrat und Repression – die Solidarität als Waffe

Der Angriff der deutschen Bundesanwaltsschaft gegen Lina und andere Antifaschist:innen aus Leipzig, die aktuell in Dresden vor Gericht stehen, hat eine erhebliche Bedeutung.

1. Den antifaschistischen Widerstand unterstützen!

Dieser Angriff kommt zu einem Zeitpunkt, an dem der militante Antifaschismus in Europa nötiger denn je ist, gegen die europäischen Neonazis, die an Zahl und Dreistigkeit zunehmen, gegen den türkischen Faschismus und seine immer aktiveren Organisationen in Europa.

Dieses Wiederaufleben faschistischer Aktivitäten profitiert von immer tieferen und systematischeren Komplizenschaften im Staatsapparat:

– Offizielle Komplizenschaft mit der Verfolgung von antifaschistischen Aktivist:innen und Organisationen aus Deutschland, der Türkei und Kurdistan (letzte Woche kehrte der deutsche Generalbundesanwalt Peter Frank von einer dreitägigen Reise in die Türkei zurück, bei der er eine Privataudienz bei Erdogan hatte) ;

– Verdeckte Komplizenschaften, wie die engen Verbindungen der Neonazi-Mörder :innen des NSU zum deutschen Geheimdienst offenbarten.

Und das alles in einem allgemeinen Kontext einer Offensive der Rechten auf allen Ebenen: auf der Ebene der Ideen wie auf der Ebene der Gesetze, auf der Straße wie auf der Ebene der Kultur. Überall befinden sich chauvinistische, rassistische und patriarchale Thesen in der Gegenoffensive.

Die Bedeutung des antifaschistischen Kampfes bedeutet die Bedeutung aller Formen des antifaschistischen Kampfes: Sowohl der militante Antifaschismus, der in Deutschland und anderswo um die Straße kämpft, als auch die internationale Solidarität mit den Kräften, die in der Türkei, in Rojava und den verschiedenen Teilen Kurdistans Widerstand gegen das faschistische Regime leisten.

2. Den Antagonismus zum Leben erwecken!

Der Prozess in Dresden ist auch die Antwort des Staates auf Initiativen des Widerstands, die den Antagonismus lebendig werden lassen, indem sie um die Straße kämpfen und Gewalt als Methode des Kampfes miteinbeziehen.

In einem Land wie Deutschland, dem kapitalistischen, industriellen und finanziellen Gravitationszentrum der Europäischen Union, ist die Entwicklung antagonistischer Kampfformen von entscheidender Bedeutung.

Episoden wie die Mobilisierung gegen die Europäische Zentralbank (Frankfurt 2015) oder der G20-Gegengipfel (Hamburg 2017) haben dies gezeigt:

– In unserem Lager haben diese Kämpfe die revolutionäre Bewegung weit über Deutschland hinaus mobilisiert,

– Im feindlichen Lager hat das Ausmaß und die Intensität der Repression (auf der Straße und in den anschließenden Prozessen) gezeigt, wie empfindlich die Machthaber:innen auf diese Mobilisierungen und ihren antagonistischen Charakter reagiert haben.

Die allgemeine reaktionäre Welle, mit der wir konfrontiert sind, die gestern von der Pandemie, heute vom Krieg in der Ukraine und morgen von der Wirtschaftskrise genährt wurde und wird, könnte diese doppelte Tendenz nähren:

– Radikaler und antagonistischer Widerstand auf unserer Seite ;

– Eine unerbittliche Unterdrückung auf der Seite des Feindes.

3. Den Herausforderungen mit Ernsthaftigkeit, Methode, Kraft und einem Geist der Solidarität begegnen !

Der Dresdner Prozess zielt also auf den antifaschistischen Widerstand in seiner notwendigen gewalttätigen Dimension.

So erklärt sich auch das Ausmaß der eingesetzten Mittel: minutiöse Ermittlungen, die von großen Mitteln profitieren, Anwendung von Verfahren wie Erpressung, um Lähmungen, Desertionen und Verrat in den antifaschistischen Reihen zu erzeugen.

Die Wiederaufnahme der Strafverfolgung Mitte Juni gegen die Antifaschist:innen in Leipzig erfolgte aufgrund der Aussagen eines Verräters.

Der Einsatz von Verräter:innen und/oder verdeckten Ermittlern ist ein altes Rezept der Repression, wurde aber immer in Situationen bevorzugt, die als wichtig erachtet wurden.

Denn Verrat hat neben seinen direkten Auswirkungen (Informationen, die der Feind erhält) auch indirekte, manchmal noch schlimmere Folgen wie Vertrauensverlust und die Verschärfung von Widersprüchen innerhalb der Bewegung.

Die revolutionäre Bewegung war bereits mit diesen Vorgängen konfrontiert und hat oft die Ressourcen in sich selbst gefunden, um den Schock zu verarbeiten und wieder in die Offensive zu gehen:

– Das bedeutet zunächst, sich nicht von Verrat und Verratsdrohungen faszinieren und lähmen zu lassen, sondern die Initiative wieder zu ergreifen;

– Das erfordert, dass wir zusammenhalten, uns gegenseitig helfen und uns unter den verschiedenen Teilen der Bewegung solidarisieren, um Kampfgemeinschaften wieder aufzubauen;

– Und in der unmittelbaren Zukunft erfordert dies die stärkste und demonstrativste Solidarität mit den Personen, die von dem Verräter denunziert wurden.

Dazu werden wir bei der Wiederaufnahme des Prozesses gegen Lina und die Antifaschist:innen in Leipzig am 25. Juli in Dresden Gelegenheit haben.

Solidarität mit Lina und den Antifaschist:innen in Leipzig !

Schande und Strafe für Verräter:innen !

Es lebe der antifaschistische Widerstand !

Es lebe der revolutionäre Kampf !

Sekretariat der Roten Hilfe International

20 Juli 2022

Solidarität und revolutionäre Tendenz

Beitrag eines ehemaligen Militanten für die PC p-m (Kommunistische Partei politisch-militärisch) über die Frage des Verrats anlässlich des Prozesses gegen Antifaschist:innen in Leipzig.

Mao sagte: “Wo es Unterdrückung gibt, gibt es Widerstand”. Aber auch das Gegenteil ist der Fall: Wo gekämpft wird, gibt es Repression. Zwei Seiten derselben Medaille, die hauptsächliche Seiten des Klassenkampfes, in ständiger dialektischer Entwicklung, in enger, der offenen und entscheidenden Konfrontation tendierend.

Diese Dynamik ist seit vielen Jahren mit der globalen politisch-ökonomischen Dynamik des Systems und der bürgerlichen Staaten verwoben, in Bezug zur Verschärfung der kapitalistischen Krise (historischen Ausmaßes) und der damit verbundenen Tendenz zum imperialistischen Krieg. Ein bedeutender, gar epochaler Wendepunkt war die Ausrufung des „endlosen Kriegs gegen den Terror“ durch die USA nach dem 11. September 2001, gleichsam Erklärung einer Perspektive des permanenten, weltweit diffusen Krieges. Konventionell gegenüber nicht unterwürfigen oder konkurrierenden Staaten; und asymmetrisch, mit „geringer Intensität“ gegenüber (revolutionären oder auch reaktionären) Rebellenbewegungen und somit auch gegenüber dem „inneren Feind“. Immerhin Krieg!

Vom „Patriot Act“ in den USA bis hin zu der Reihe von Sondergesetzen in allen Ländern sind wir Zeug:innen einer echten Aushöhlung des „Rechtsstaates”, der verfassungsmäßigen Freiheiten und der – wenn auch formalen – bürgerlichen Demokratie. „Terrorismus“ ist zum Schlüsselwort geworden, zum Stigma, mit dem man Bewegungen, Organisationen, Militante brandmarkt, mit dem man sogar ganze Staaten isolieren mag. Alles, was sich den neuen Strategien der imperialistischen Herrschaft in den Weg stellt, wird zum Terrorismus (in zynischer Umkehrung der historischen Wahrheit). Und wir wissen, wie sehr diese Gesetzgebung nur der formaljuristische Beginn einer kontinuierlichen repressiven Eskalation war.

Dies ist die Realität, in der wir uns befinden (wenn auch mit wichtigen Nuancen zwischen den großen Weltregionen, zwischen den imperialistischen und den unterdrückten Regionen), und mit der sich die sozialen und politischen Kämpfe und Bewegungen auseinandersetzen müssen. Das heißt, jede Bewegung, die eine gewisse Bedeutung hat, muss früher oder später mit Aggressionen der repressiven Kräfte rechnen. Die Fortführung der Debatten, die Weiterentwicklung des Bewusstseins sind daher von entscheidender Bedeutung. Allzu oft werden solche Situationen jedoch unüberlegt angegangen, indem lediglich versucht wird, den persönlichen Schaden zu begrenzen und dabei die Solidarität und die Motivation des Kampfes vergisst. Oder man zieht sich politisch zurück, nimmt rechtfertigende und abschwächende Positionen ein, und sucht die Sympathie und Nachsicht der Macht. Dies ist in der Tat die schlechteste Haltung, denn sie ist politisch und ist die Positionierung eines bedeutenden Teil der Bewegung, um die es geht.

In der klassenkämpferischen und revolutionären Bewegung im Italien der 1970er/80er Jahre war die erste Haltung die Reue, die zweite die der Abschwörung1. Sobald diese Wege eingeschlagen sind, verlieren die Aktivist:innen ihre Identität, bis hin zum offenen Verrat, vermitteln Defätismus und Verunglimpfung, vergiften die sozialen Beziehungen und stellen sich in den Dienst der Macht, um deren konterrevolutionäre Narrative zu verstärken. In der Geschichte der aufständischen Bewegungen haben die Auswirkungen repressiver Phasen oder zwischenzeitlicher Niederlagen im Klassenkampf immer wieder zu Auflösungen und Zerfall geführt. Das Gefängnis ist immer ein Indikator der politischen Konsistenz, der Beständigkeit einer Bewegung, einer Organisation, ihrer Aktivisten. Und leider treten Fehler und Schwächen deutlich zutage, die genau diesen Schaden verursachen.

Aber nicht nur das, auch die Stärke und Konsequenz der reiferen, entschlosseneren Militanten werden hervorgehoben. Gerade angesichts der Niederlagen, der unvermeidlichen Schwierigkeiten und Komplexität des revolutionären Prozesses, gehen diese Militante konsistent von den Gründen des Kampfes als wesentliche Grundlage für die Überwindung der Schwierigkeiten aus. Sicherlich mit kritischer und selbstkritischer Analyse, mit positiver Einstellungen gegenüber Bilanzdiskussionen und Reflexionen, aber unter Beibehaltung einer revolutionären Ausrichtung. Und so kam es, dass viele Militante im Gefängnis weiterhin eine aktive und dialektische Rolle in der revolutionären Bewegung einnahmen. Im Laufe der Jahre, manchmal Jahrzehnte, gewannen sie an Wert und Beachtung, denn ihr Widerstand gegen die harten Lebensbedingungen zeugt von der Stärke und der historischen Verwurzelung derjenigen Bewegung, welche diese Militante hervorgebracht hat. Bedenken wir, wie viele Bewährungsproben und schwierige Momente während langer Haftzeiten durchgemacht werden können, auch und gerade in Bezug auf Entwicklungen, politische Ereignisse in der Gesellschaft und der Welt. Um dies zu veranschaulichen, haben wir das leuchtende Beispiel eines Genossen wie Georges Ibrahim Abdallah und, wie er, in Italien etwa zwanzig Militante (insbesondere der Brigate Rosse), die seit den 1980er Jahren inhaftiert sind. Es geht nicht um „Heldentum“, sondern (wie sie selbst von sich sagen) darum, dass sich in den Menschen die Kraft, der Wert und die tiefgründigen Überlegungen einer historischen revolutionären Bewegung widerspiegeln.

Dies ist der Ansatz, der es uns ermöglichen kann, mit der Unterdrückung, ihren verschiedenen Facetten und Auswirkungen richtig umzugehen. Wir dürfen uns niemals auf den „antirepressiven“, defensiven oder spezialisierten Aspekt (z. B. Anti-Knast) beschränken, sondern müssen diese Situationen als einen inhärenten Teil, eine interne Artikulation des Gesamtkonflikts betrachten. Und zwar nicht nur lokal, sondern international. Gerade die fortgeschrittenen Realitäten zeigen dies: Wie kann man die Frage der Gefangenen in der Türkei und in Kurdistan von der Dynamik des laufenden revolutionären Kriegsprozesses trennen? Oder in Lateinamerika, in Indien? Und es ist klar, dass die Macht Haftdrohungen als Erpressungsmittel und die Gefangenen als Geiseln benutzt. Um die Gefangenen herum wird immer ein wichtiges Spiel gespielt: Der Staat zielt darauf ab, dass die Gefangenen sich ergeben, abschwören, sich distanzieren, was einen Auflösungsprozess, eine Implosion der Bewegung oder Organisation auslöst. Schließlich zur Entwaffnung. Mit Entwaffnung meinen wir eine vielschichtige Entwaffnung, die politische, ideologische und natürlich auch die militärische. Wir beobachten, wie in allen Fällen, historisch und aktuell, dieses Ziel von den Staaten hartnäckig verfolgt wird, wie im Mittelpunkt der Verhandlungen immer die Erpressung über das Schicksal der Gefangenen steht. Und wir beobachten, wie das Ergebnis dieser „Friedensprozesse“ immer eine Katastrophe für die revolutionären Bewegungen und Organisationen ist: Während unser Lager demobilisiert, demoralisiert und entwaffnet wird, erntet der Staat die politischen Früchte, bekräftigt seine unbestreitbare Macht und… setzt den Krieg fort! Die auffälligsten aktuellen Fälle sind in Kolumbien und im Baskenland zu verzeichnen. Aber das gilt auch für die Osloer Abkommen für Palästina.

Das ist der entscheidende Punkt: Man darf niemals das Wesen, die Seele einer revolutionären Bewegung aufgeben, man darf niemals eine Entwaffnung akzeptieren. Auch wenn die Schwierigkeiten einer bestimmten Phase einen “strategischen Rückzug”, einen taktischen Rückzug erzwingen können (die Geschichte, das konkrete Leben, besteht aus solchen Haarnadelkurven), müssen diese als Ergebnis einer internen Ausarbeitung der Bewegung selbst erfolgen, unter der Ablehnung, diese zu einem Objekt der Kollusion und Kollaboration mit dem Staat zu machen.

Unsere beste Geschichte ist daher die der kollektiven Annahme einer eigenen politischen Identität durch die Gefangenen, ihrer eventuellen Organisationsmitgliedschaft, der Umwandlung des Gefängnisses in eine Kampffront in Kontinuität mit der äußeren. Es ist genau die Dialektik von der wir gesprochen haben, die den Widerstand im Gefängnis zu einem großen Wert werden lässt, die ihn zu einem Element der Stärke für die revolutionäre Bewegung als Ganzes werden lässt. Und dies, das muss betont werden, geschieht sicherlich nicht auf lineare, homogene Weise in der Bewegung, ohne Widersprüche und interne Auseinandersetzungen. Schwere Repression, lange Inhaftierungen werden unweigerlich zu einem Prüfstein, der die wahre Konsistenz und die Grenzen jeder organisierten Erfahrung offenbart. Leider ist die Selektion immer hart, aber sie ist auch ein Prozess der Reifung und des Wachstums, der die Bewegung reifer und stärker macht, um den Aufgaben gewachsen zu sein, die der revolutionäre Prozess erfordert. Ein Beweis dafür ist das verbissene Streben des Staates nach totaler Kapitulation und die Kriminalisierung sowie Delegitimierung von langjährigen Gefangenen und revolutionären Organisationen. In Italien beispielsweise ist nicht nur die lebenslange Haftstrafe für militante Gefangene, die sich nicht ergeben haben, wirksam, sondern es wird nun auch die Anwendung des 41bis-Gefängnisregimes ausgeweitet. Der Inhalt, die politische Bedeutung dieser Hartnäckigkeit ist offensichtlich. Wir müssen unsererseits diese Konfrontation annehmen, d.h. uns mit den Gefangenen aufs Äußerste solidarisieren, sie in ihrem harten Widerstand auf jede Weise unterstützen.

Ein grundlegendes Konzept ist, dass das Gefängnis weder „Verlust an Leben“, noch „Aussetzung der Zeit“, „Abzug vom Kampf“ und schließlich „schwarzes Loch“ ist, in dem man die Gründe für den Kampf vergisst und das einzige Ziel darin besteht, so schnell wie möglich wieder herauszukommen. Diese Ansätze führen mit Sicherheit zu einer wirklichen Niederlage, und zwar der wesentlichsten, nämlich der Aufgabe unserer Kampfründe, unserer revolutionären Motivationen. An Stelle dessen werden verschiedene Kampagnen aufgenommen, die sich auf Ziele wie Amnestie, Kronzeugenregelung, Gesetzesrevisionen und die Befriedung des Konflikts konzentrieren. Gefängnisse und Gerichte sind eine Front des Kampfes der Bewegungen und Organisationen, welche sich ernsthaft und konsequent den Horizont der sozialen Transformation setzen. Dies gilt umso mehr in der gegenwärtigen tiefen Degeneration des kapitalistisch-imperialistischen Systems. Die Erscheinungen davon sind allzu offensichtlich: Die Entfesselung imperialistischer Kriege und Aggressionen auf allen Kontinenten als Ergebnis eines wütenden marktwirtschaftlichen und neokolonialistischen Wettbewerbs, die allesamt immense soziale und ökologische Verwüstungen, Exodus und Deportationen, die Ausplünderung von Primärressourcen, unterstützt durch Militarisierung und Staatsterrorismus. Der imperialistische Krieg wird zunehmend mit der internen Kriegsführung gegen das Proletariat, den sozialen Widerstand und die revolutionäre Opposition kombiniert. Die Liste ist leider sehr lang… das Wesentliche bleibt zu verstehen, dass dies nun der gepanzerte Horizont der kapitalistischen Gesellschaft ist. Die Implikationen zu begreifen, die Konsequenzen anzunehmen, ist der grundlegende Schritt: Revolutionärer Kampf, Aufbau von Klassenkräften, um einen revolutionären Prozess in Gang zu setzen und zu entwickeln, der auf den Sturz von Staat und Kapital abzielt. Im Rahmen einer streng internationalistischen Dynamik. Entschlossenheit, Kohärenz und kollektive Solidarität als entscheidende Mittel zur Bewältigung des „langen Marsches“.

Ich schließe diese Notizen mit solidarischen Grüßen an die Genoss_innen in Deutschland, die vor einem schwierigen Übergang stehen, nach dem Verrat eines ehemaligen antifaschistischen Aktivisten, der jetzt mit den Behörden in einer weitreichenden repressiven Operation zusammenarbeitet. Ich kann mir die Enttäuschung und die Demoralisierung, die dies hervorruft, vorstellen und verstehen, sowohl menschlich als auch politisch. Aber gerade aufgrund der in Italien (auch persönlich) gesammelten Erfahrungen komme ich nicht umhin, auf dem Vorherigen zu bestehen: Nur Entschlossenheit, politische und organisatorische Konsequenz ermöglichen es, sich zu wehren, aktiv zu reagieren und manchmal sogar die teilweise Niederlage in einen neuen politischen und organisatorischen Fortschritt umzuwandeln. Dabei stets das kollektive Interesse ins Zentrum stellend, die Entwicklung unserer antifaschistischen, antiimperialistischen, revolutionären Sache vorantreibend. Je stärker und entschlossener diese Reaktion ist, desto mehr wird der durch Verrat verursachte Schaden begrenzt (und das war der Fall bei unseren Prozessen wegen der PC p-m – Partito Communista politico-militare).

Darüber hinaus ist auch in Deutschland die gemeinsame Offensive mit dem faschistischen Regime in der Türkei gegen die kurdische Befreiungsbewegung und internationalistische Solidarität dringende Aktualität. Diese ist ein weitere sehr wichtige Bewährungsprobe, die jede Unterstützung und aktive Solidarität verdient. Wir werden bald mit massiven Auslieferungsversuchen und anderen Formen der Repression in Verbindung mit der türkischen Angriffe in Kurdistan konfrontiert werden. Die europäischen demokratischen Fiktionen sind zusammengebrochen. Wir müssen uns auf unsere eigenen Stärken stützen und sie zu einer klassenkämpferischen, internationalistischen Praxis ausbauen, in enger Zusammenarbeit mit den Organisationen, die sich dort an den verschiedenen Fronten engagieren. Mit dieser Perspektive können wir die Situation auch auf juristischem Terrain umkehren und vor allem aufrecht bleiben!

Ein ehemaliger Kämpfer der PC p-m (Kommunistische Partei politisch-militärisch)

Turin, 9. Juli 2022

1Mit diesen beiden Begriffe wird unterschieden zwischen: 1. die Reumütigen (pentiti), welche von der Repression gebrochen werden, defensiv kollaborieren und vor allem militärischen Schaden anrichten und 2. die Abschwörenden (dissociati), welche darüber hinaus sich aktiv abwenden und im Dienste der Gegenseite an der politischen Delegitimierung der revolutionären Sache arbeiten.

Bussen wegen «Marsch für’s Läbe» 2021

Nach den Verzeigungsvorhalten von vergangenem November haben nun erste Personen Strafbefehle wegen der Demonstration gegen den letzten «Marsch für’s Läbe» im 2021 in Oerlikon gekriegt. Der Staat will uns einschüchtern und dadurch erreichen, dass wir uns nicht mehr gegen die rechte und frauenfeindliche Hetze wehren. Es wird ihm und ihnen nicht gelingen: Auch dieses Jahr werden wir uns am 17.9.22 dem geplanten «Marsch für’s Läbe» der rechten Christen entgegenstellen und ihren Umzug blockieren. Internationale und nationale Entwicklungen der letzten Monate – wie dem Abtreibungsverbot in den USA und den Initiativen der SVP gegen das Abtreibungsrecht in der Schweiz – zeigen die Bedeutung dieses gemeinsamen Kampfes für die Selbstbestimmung klar auf.

Darum: Lassen wir uns von der Repression nicht vereinzeln, sondern stellen wir uns kollektiv dagegen! Wir möchten zu einer Sitzung einladen, wo wir politische und juristisch-technische Fragen gemeinsam angehen können. Meldet euch auf se_bu@riseup.net wenn ihr einen Strafbefehl vom MfL 2021 oder sonstige Post diesbezüglich gekriegt habt!

Haltet euch auf dem Laufenden auf https://rotehilfech.noblogs.org/ und auf https://barrikade.info/. Dort werden alle aktuellen Infos aufgeschaltet.

Solidarische Grüsse
Bündnis für ein selbstbestimmtes Leben & Rote Hilfe Schweiz

Winterthur: Kleisterprozess – Wir lassen uns nicht unterkriegen!

Im Januar 2021, inmitten des zweiten Lockdowns, wurden im Zuge der Corona-Kampagne des Revolutionären Jugendbündnisses Winterthur Plakate gekleistert, die scharfe Kritik an der kapitalistischen Krisenverwaltung üben. Am 8. Januar wurden sechs Personen durch die Stapo Winterthur verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, am Abend der Verhaftung, Plakate in Winterthur angebracht zu haben. Der ganze Fall wird jedoch nicht in Winterthur verhandelt, sondern wurde nach einem langwierigen Gerichtsstandsverfahren an die Staatsanwaltschaft Basel übergeben. Der Prozess findet nun, nach mehr als eineinhalb Jahren am 18. und 19. August in Basel statt.

Hier wollen wir die Hintergründe einerseits der Plakat-Kampagne des RJBWs und andererseits der Verhaftungen und Prozesse erläutern. Denn es ist wichtig, Repression im gesellschaftlichen Kontext zu betrachten und einzuordnen.

Im Zuge der Corona-Pandemie haben sich die Zustände im Kapitalismus verschärft. Dies weil die Pandemie und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen die globale Verwertung beschneidet und die Produktion lahmzulegen drohte. Das Kapital fürchtet die Krise, ein Einbrechen der Profitrate, eine Verlangsamung des Wachstums. Der kapitalistische Staat steht, in seiner Funktion als Erhalter der Gesellschaftsverhältnisse, im Widerspruch zwischen kurzfristigen Kapitalinteressen (also der Steigerung der Profitrate) und der Erhaltung der gesellschaftlichen Reproduktion, welche für ein weiterbestehen der kapitalistischen Verwertungsmaschinerie notwendig ist. Dieser Widerspruch ist in der Pandemie offensichtlich zu Tage getreten. Es lässt sich also beobachten, wie der bürgerliche Staat einerseits die Gesundheit der Bevölkerung schützt und dabei auch vor ökonomischen Einschränkungen nicht zurückschreckt, damit der Kapitalismus längerfristig weiterfunktionieren kann. Andererseits werden pandemisch sinnvolle Massnahmen so schnell wie möglich wieder aufgehoben, um dem Druck der Wirtschaftsverbände nachzugeben. Auch wenn das für viele Menschen Krankheit oder Tod bedeutet. Wieder einmal sind marginalisierte Gruppen von dieser globalen Krise besonders stark betroffen.

Dass Profit in diesem System wichtiger ist, als die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen, zeigt sich auch an der Überlastung des Gesundheitssystems während der Pandemie. Der schon lang andauernde Trend der Privatisierung und somit Verwertung des Gesundheitssektors führt genau zu dieser nach wie vor anhaltenden Überlastung. Zu viele Sparmassnahmen und zu wenig, zu schlecht bezahltes Personal. Anstelle von wirklich sinnvollen Massnahmen hat der Staat lediglich dazu aufgerufen, für das Gesundheitspersonal zu klatschen, um dieses gleichzeitig weiterhin unter unglaublich stressigen, gefährlichen und belastenden Bedingungen arbeiten zu lassen.

Auch die staatlichen Unterstützungsgelder, die locker gemacht wurden, verdeutlichen, auf welcher Seite der Staat steht. Während sich Lohnabhängige mit 80% ihres Lohns zufrieden geben mussten, was viele in massive finanzielle Not trieb, wurden Milliarden an „Rettungs“geldern an Unternehmen vergeben, die diese als Dividenden an ihre Aktionär:innen ausschütten.

Da der Staat, gerade in Zeiten der Krise, die Aufgabe hat, Aufstände zu unterdrücken und die bestehende Eigentumsordnung zu sichern, ist in den letzten Jahren und insbesondere seit Beginn der Pandemie die Repression massiv gestiegen. Als Beispiele lassen sich die gewaltsamen Polizeieinsätze gegen den 8.März, die Wir-tragen-eure-Krise-nicht-Demo und den ersten Mai in Zürich oder auch die Repression gegen die Jugendunruhen in St.Gallen aufführen.

Gerade auch in dem hier behandelten Fall ist es klar, dass der Staat aus dem oben genannten Grund so hart gegen die Aktivist:innen vorgeht. Denn eine revolutionäre Kritik an den bestehenden Verhältnissen, wie sie auch auf den Plakaten geübt wurde, trifft den Staat empfindlich. Die Aneignung des öffentlichen Raumes zur Verbreitung dieser Kritik, sei dies mit Plakaten oder Demos, will der Staat möglichst verhindern. Die Angeklagten werden stellvertretend für alle, die gegen dieses System und seine Auswüchse ankämpfen, angeklagt. Die Stawa und die Bullen benutzen sie, um ein Exempel zu statuieren.

Jedoch steht hinter diesem Vorgehen noch ein weiterer Faktor: Die Bullen haben das erste mal das Gefühl, Aktivist:innen des RJBWs erwischt zu haben. Die massive Repression – die Staatsanwaltschaft fordert eine auf zwei Jahre bedingte Strafe von einem Jahr Knast – diente und dient immernoch dazu, junge Revolutionär:innen vom Kampf abzubringen, einzuschüchtern und zu vereinzeln.

Diese Einschüchterungstaktik – massive Repression gegen junge Revolutionär:innen – ist kein Einzelfall. Zum Beispiel fährt die Polizei in St.Gallen die gleiche Schiene. (https://barrikade.info/article/4353)

Genau deshalb dürfen und werden wir uns nicht einschüchtern lassen. Sie machen ihre Rechnung ohne uns, ohne unsere Solidarität mit den Angeklagten und unsere Bereitschaft den Kampf weiterzuführen, wenn es sein muss auch in den Gerichtssälen. Wir lassen uns nicht in einen Streit um Verhältnismässigkeit drängen – denn für uns ist klar: Egal, welches Strafmass, die bürgerliche Polizei und Justiz dient immer dazu, diese Klassengesellschaft aufrecht zu halten. Weg mit Knästen, Polizei und Gerichten!

Die Maschinerie des Basler Repressionsapparats trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei. Wie wir es schon bei den Prozessen zu Basel Nazifrei beobachten konnten, hält sich die Repression in Basel nicht einmal an die eigenen Regeln der Rechtstaatlichkeit, sondern führt ihrerseits einen klar politisch motivierten Prozess.

Das überrascht keineswegs. Zwar hält sich der Repressionsapparat in vielen Fällen an die eigenen Gesetze, um den Schein demokratischer Integrität zu wahren, doch wenn es für die Aufrechterhaltung der Herrschaftsverhältnisse notwendig scheint, wird das Legalitätsprinzip ohne weiteres gebrochen. Diese Klassenjustiz dient letztlich einzig und allein der Aufrechterhaltung der Eigentumslogik und somit dem Erhalt des warenproduzierenden Systems. Die Justiz arbeitet im Interesse des Kapitals.

Auch die parlamentarischen Politiker:innen haben ein Interesse, hart gegen eine ausserparlamentarische Linke vorzugehen. Denn sie profitieren davon, wenn die Menschen Politik als etwas wahrnehmen, das nur im Parlament passiert. Sie profitieren davon, wenn die Menschen ihre eigene Handlungsfähigkeit nicht erkennen. Doch Politik passiert auf der Strasse und in unserem Leben, eine Abspaltung in eine „politische Sphäre“ stützt den Status quo.

Die Repression, die Einzelne erfahren, betrifft uns alle! Und genau deshalb ist es wichtig, einen politischen Prozess zu führen. Denn dieser bietet die Möglichkeit, der Repression geschlossen entgegenzutreten und anstelle von Resignation, unsere Position ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Anstelle von Vereinzelung, Solidarität treten zu lassen. Und anstelle von Angst eine Stärkung der Bewegung zu erreichen.

Wenn wir gegen die Angriffe des Staates zusammenstehen und die damit verbundenen Arbeiten und Kosten kollektivieren, gehen wir alle gestärkt daraus hervor.

Deshalb: Tragt euch die Prozesstermine, also den 18. und 19. August, in eure Agenden ein und kommt mit uns zum Gericht. Solidarisiert und beteiligt euch, schickt uns Bilder von Soliaktionen. Bis bald, an einem Konzi, im Gerichtssaal, auf der Strasse.

Kämpferische Grüsse, ihr hört wieder von uns,

die Soli-Gruppe – kleisterprozess@immerda.ch

(https://barrikade.info/article/5189)

Der Ukrainekrieg und die Einheit der Revolutionär_innen

Wir erleben eine Zeit von Krisen und extremer Instabilität.

Und trotzdem ist die revolutionäre Linke jedes mal überrascht, zuerst stumm, dann zersprengt in teilweise widersprüchliche Positionen.

Vorgestern der «Krieg gegen den islamistischen Terror», gestern die Covid-Pandemie, heute der Ukrainekrieg, morgen eine Klimakatastrophe oder etwas anderes, wie kann erreicht werden, dass die revolutionäre Linke richtig reagiert? Was sind die Lektionen von gestern für heute? Und was sind die von heute für morgen?

Die Rote Hilfe International hat nicht die Absicht, die «richtige Linie» gegenüber dem Ukrainekrieg vorzuschlagen. Wir wissen sogar nicht einmal, ob es nur eine davon gibt, weil die Situation so komplex ist und die Parameter so viele.

Aber wir wissen, welchen Fehler die revolutionäre Linke auf jeden Fall vermeiden muss.

Dieser Fehler ist, zuzulassen, dass unter uns schwere und schädliche Unstimmigkeiten auftreten, die nicht auf soliden Analysen und sichere Positionen fussen, sondern auf Entscheidungen, die durch die Dringlichkeit diktiert werden, bestimmt durch völlig unangemessene historische Bezugspunkte, beeinflusst durch die Propaganda der bürgerlichen Staaten, die den «Zeitgeist» kennzeichnet und auf legitimere Weise auf den unterschiedlichen Konzepten des revolutionären Prozesses fussend.

In dieser bewegenden Zeit, mit einem gut organisierten Klassenfeind (sowohl in Russland als auch im Westen) und mit der Perspektive auf neue Krisen, müssen wir unnötige Spaltungen vermeiden und eine revolutionäre Einheit auf höchst möglichem Niveau finden.

Wir denken, dass die Fundamente für eine gemeinsame Position vorhanden sind.

Sie bestehen darin, zu verweigern für die Interessen des Feindes zu kämpfen. Weder die NATO noch Putin, noch Selenski, denn die Hauptprotagonisten in diesem Krieg vertreten die Interessen, die dem revolutionären Projekt entgegengesetzt sind. Wir werden nicht für Putin, für die Nato oder für Selenski kämpfen und wir müssen alle Narrative anprangern, die aus ihrer Kriegspropaganda stammen.

Aber sich zu weigern, sich für die bürgerlichen Interessen einspannen zu lassen, heisst nicht, sich darauf zu beschränken, Putin und Selenski auf die selbe Stufe zu stellen. In einer so dramatischen Situation, wie sie ein Krieg darstellt, rechtfertigt nichts Passivität und Zuwarten, eine Haltung von tief betrübten Zuschauer_innen. Es ist nötig, sich zu engagieren und zu handeln, ohne sich auf die Wahl festlegen zu lassen, die uns der Feind (entweder Selenski und die NATO oder Putin) anbietet. Wir weigern uns, ein Lager auszuwählen in dem Sinne, dass unser Lager nicht dieser oder jener offizielle Kriegstreiber ist, sondern das revolutionäre Lager.

In einer Situation wie dieser muss die revolutionäre Linke sich also auf ihre eigenen ideologischen Werte besinnen und auf seine eigenen strategischen Interessen.

Nur auf dieser Basis werden wir in eine Dialektik treten können mit den revolutionären Initiativen, die (unter welchen Schwierigkeiten!) in den feindseligen Bedingungen in Russland, dem Donbass und der Ukraine existieren.

Nur auf dieser Basis werden wir eine authentische revolutionäre Solidarität mit dem ukrainischen Volk, das unter der Aggression des russischen Staates leidet, entwickeln können.

Es existiert tatsächlich ein gemeinsamer Beziehungsrahmen für die revolutionären Kräfte, auch wenn dieser Rahmen eine ziemlich breite Palette an strategischen, operativen und praktischen Vorschlägen erlaubt. Und wir müssen diesen «gemeinsamen Boden» im Bewusstsein behalten und aufwerten, statt uns auf die Unterschiede in den Vorschlägen zu konzentrieren.

Dieser Rahmen ist durch die drei Imperative charakterisiert, die die Revolutionär_innen in ihrer Vielfalt anleiten:

  • Einen Klassenstandpunkt einnehmen und verteidigen gegen jede sogenannte «heilige Allianz» mit der Bourgeoisie. Es kann mit den bürgerlichen Kräften taktische Vereinbarungen geben, denn die zwischen-imperialistischen Widersprüche bieten manchmal die Gelegenheit, Übereinkünfte einzugehen, die der revolutionären Seite dienen. Aber das ist nur möglich, wenn gut zwischen unseren Interessen und denen des Feindes unterschieden wird. Der Unterschied zwischen strategischen und taktischen Partnern, wie er von der kurdischen Bewegung gemacht wird, ist essenziell. Die revolutionäre Perspektive muss immer klar vor Augen behalten, dass die bürgerliche Macht der Feind ist.

  • Die Selbstorganisation des Volkes ermutigen und bestärken, den Einfluss der Staaten bekämpfen und selbstorganisierte Räume öffnen. Eine revolutionäre Perspektive muss versuchen, die Wege, über die die Machtfrage gestellt werden kann, zu entwickeln. Und es ist klar, dass die Kräfte, die an der Macht sind, dafür sorgen, dass diese Räume so beschränkt wie möglich sind.

  • Den Chauvinismus ablehnen und den Internationalismus und die Freundschaft zwischen den Völkern aufwerten. Zuerst als Teil des Kampfes gegen den Rassismus, was wichtig ist in dem Moment, wo sich die Gesellschaft nach rechts bewegt. Und danach um die gemeinsamen Interessen der revolutionären Kräfte der verschiedenen Ländern sichtbar zu machen.

Wir denken nicht, dass es möglich ist, eine Einheit über das «was tun?» zu erreichen in der Frage der Ukraine noch bei anderen Krisen, die eintreten könnten. Aber über diese manchmal tiefgreifenden Unterschiedlichkeiten, was die Wahl angeht hinaus (Kritik an der NATO, Anprangerung des Krieges, Engagement gegen die russische Aggression), braucht die revolutionäre Bewegung in Europa unbedingt eine einheitliche und solidarische Dynamik.

Wir müssen verhindern, dass die Unterschiedlichkeiten zur Ukraine, so tief sie auch seien, die Bewegung hier ohne Notwendigkeit schwächen.

Wir haben es gesagt, wir sind in einer Krisenzeit und diese Krisen treten so schnell auf, dass sie die revolutionäre Linke vor die fast unmögliche Herausforderung stellt, sowohl schnell als auch gut zu reagieren.

Dies wird zwangsläufig unterschiedliche Entscheidungen hervorrufen.

Wenn wir zuliessen, dass diese Unterschiede dauerhafte Spaltungen in der revolutionären Linken hervorriefen, begingen wir politischen Selbstmord. Denn die Bruchlinien, die durch diese Krise provoziert werden, werden sich zu den anderen hinzufügen, die von den vorhergehenden und kommenden Krisen hervorgerufen wurden und werden.

Das einzige Mittel um sich vor dieser Vereinzelung zu bewahren, ist, zu akzeptieren, dass in Zeiten der Krise sehr unterschiedliche oder sogar antagonistische Positionen eingenommen werden können über die eine oder andere Dynamik. Weiter muss aufgrund dieser Akzeptanz unsere Einheit überall dort, wo sie möglich ist, gepflegt werden, nicht indem die Widersprüche verneint werden, sondern indem ihr Einfluss auf genau das Thema limitiert wird, aufgrund von dem sie entstanden sind.

Und die Einheit jenseits der Unterschiede wieder zu finden wird dadurch geschehen, dass unser Feind hier angegriffen wird und wir von den Krisen profitieren können, die er oft ausgelöst oder geschürt hat um seine Profite zu steigern und seine Macht auszubauen.

Sekretariat der Roten Hilfe International, Februar 2022

“Safety for all Refugees”-Autocorso: Treffen am 16. Januar 2022!

Let’s get the money back! Im Frühling 2020 gab es in Zürich einen Autocorso “Safety for all Refugees” in Solidarität mit flüchtenden Menschen an den Grenzen der Festung Europa. Der Autocorso wurde von der Polizei gestoppt, wobei im Nachspiel einige Personen gebüsst wurden. Eine Busse wurde nun aber erfolgreich angefochten – alle, die damals im Auto kontrolliert wurden, haben gute Aussichten, die gegen sie ausgestellte Busse rückgängig zu machen!

Was heisst das konkret? Das Bezirksgericht Zürich hat in einem Urteil festgehalten, dass die Menschen, die in einem Auto kontrolliert wurden, nicht wegen Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration und Verstoss gegen die Covid-Verordnung gebüsst werden sollen. Aufgrund dieses Urteils haben all jene, die damals auch in einem Auto kontrolliert wurden, die Möglichkeit, eine Revision ihres Strafbefehls zu verlangen. Die Erfolgsaussichten dafür sind gut und bei einem Urteil zu unseren Gunsten würde das bereits bezahlte Bussgeld zurückerstattet werden. Damit wir diesen Prozess koordinieren können, treffen wir uns am 16. Januar 2022, um 17 Uhr im Dachstock in der Autonomen Schule Zürich (Sihlquai 125, 8005 Zürich). Bitte sagt es Leuten weiter, die ebenfalls vor Ort in Autos kontrolliert wurden (nur diese haben Aussicht auf dieses Revisionsverfahren). Wichtig ist, dass alle eine vollständige Kopie ihres damaligen Strafbefehls an das Treffen mitbringen. Wer dies nicht mehr hat, kann beim Stadtrichteramt eine Kopie des vollständigen Strafbefehls einfordern. Weitere Details können wir am Treffen klären.

Nutzen wir die gute Gelegenheit, den Bullen gemeinsam ans Bein zu pissen und das Geld sinnvoller einzusetzen – für ein Nachspiel des Nachspiels!

Hast du Fragen oder kannst du nicht an die Sitzung kommen? Schick uns ein Foto deines Strafbefehls an riseagainstborders@immerda.ch und wir nehmen mit dir Kontakt auf.

Solidarische Grüsse

RiseAgainstBorders & Rote Hilfe Schweiz

Freiheit für die OPCW-Gefangenen! (dt/eng)

Vergangenen Freitag – 3.12.2021 – besetzten mehr als 50 Genoss_innen der kurdischen Jugendbewegungen TCŞ und TekoJIN den Sitz der Organisation für das Verbot chemischer Waffen in Den Haag (NL). Bei dieser Aktion zivilen Ungehorsams wurden viele verhaftet, bis heute sitzen Freund_innen deswegen im Knast. International solidarisieren sich Menschen mit den OPCW-Gefangenen und erhöhen den Druck auf den türkischen Staat, der in den kurdischen Bergen Giftgas gegen die Guerilla einsetzt. Wir schliessen uns an!

Seit mehreren Monaten dokumentiert die Guerilla der PKK, dass der türkische Staat in seinen Versuchen, die befreiten Berge militärisch zu besetzen, Giftgas gegen Genoss_innen einsetzt. Verschiedentlich hat die kurdische Freiheitsbewegung dazu aufgerufen, sich dazu zu verhalten, und den Druck von der Strasse auf den türkischen und andere Staaten zu erhöhen, damit der Einsatz dieses barbarischen Mittels untersucht und aufgehalten wird. Ein Adressat dieser Forderung ist die OPCW mit Sitz in Den Haag, eine Organisation, die exakt für diese Frage verantwortlich wäre und zu deren Mitgliedsstaaten auch die Türkei gehört. Doch seit Monaten stellt sich diese Organisation taub und demonstriert damit, dass die Strukturen der Herrschenden den Interessen der Herrschenden dienen.

Umso entscheidender ist es also, sich nicht darauf zu verlassen, dass solche Strukturen von sich aus tätig würden, sondern verschiedentlich und vielfältig dazu beizutragen, den Druck auf diese zu erhöhen, damit sie nicht anders können als sich zu verhalten. Ganz ähnlich wie vor sieben Jahren in Kobane, wo es der massive Druck von der Strasse war, der die Herrschenden dazu zwang, sich in ein militärisches Bündnis mit den YPG/YPJ gegen den sogenannten «Islamischen Staat» zu bewegen. Ganz ähnlich wie damals halten auch heute die Genoss_innen der Guerilla in den Bergen stand gegen die Besatzungsversuche durch die türkische Armee, mehr noch, sie haben diese gerade erst aus Avaşîn zurückgeschlagen und vertrieben! So, wie wir uns mit diesem Widerstandswillen der Guerilla solidarisieren, so solidarisieren wir uns mit all jenen, die diese in ihrem Kampf gegen die türkische Besatzungsarmee verteidigen:

Solidarität mit der Guerilla!
Freiheit für die OPCW-Gefangenen!

Rote Hilfe Schweiz, 6.12.2021
Unterstützt die Gasmasken-Kampagne: widerstandsvernetzung.org/?page_id=1256

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Freedom for the OPCW prisoners!

Last Friday – 3.12.2021 – more than 50 comrades of the Kurdish youth movements TCŞ and TekoJIN occupied the headquarters of the Organisation for the Prohibition of Chemical Weapons in The Hague (NL). Many were arrested during this civil disobedience action, and friends are still in jail today because of it. Internationally, people are showing solidarity with the OPCW prisoners and increasing the pressure on the Turkish state, which is using poisonous gas against the guerrillas in the Kurdish mountains. We support both solidarity and pressure!

For several months, the guerrilla of the PKK has been documenting that the Turkish state is using poisonous gas against comrades in its attempts to militarily occupy the liberated mountains. On several occasions, the Kurdish freedom movement has called for a response to this, and to increase pressure from the streets on the Turkish and other states to investigate and stop the use of this barbaric means. One addressee of this demand is the OPCW, based in The Hague, an organisation that would be precisely responsible for this issue and whose member states include Turkey. But for months this organisation has turned a deaf ear, demonstrating that the structures of the rulers serve only the interests of the rulers.

It is therefore all the more crucial not to rely on such structures taking action of their own accord, but to contribute in various ways to increasing the pressure on them so that they have no choice but to act. Much like seven years ago in Kobane, where it was the massive pressure from the street that forced the rulers to move into a military alliance with the YPG/YPJ against the so-called “Islamic State”. Much like then, the comrades of the guerrillas in the mountains today are standing firm against the occupation attempts by the Turkish army, more than that, they have just repelled and driven them out of Avaşîn! Just as we stand in solidarity with this will of resistance of the guerrillas, we stand in solidarity with all those who defend them in their struggle against the Turkish occupation army:

Solidarity with the guerrilla!
Freedom for the OPCW prisoners!

Red Help Switzerland, 6.12.2021
Support the gasmask campaign: widerstandsvernetzung.org/?page_id=1256

Justizspektakel nähert sich dem Ende: Urteil im RAZ-/RL-Prozess am 1. Dezember

Am Mittwoch, 1. Dezember 2021 wird das Landgericht Berlin im RAZ-/RL-Prozess gegen Cem das Urteil verkünden. Damit findet ein jahrelanges staatliches Repressionsspektakel seinen Abschluss, bei dem die anfangs vollmundigen Vorwürfe immer weiter zurückgeschraubt werden mussten. Trotzdem forderte die Staatsanwaltschaft am 17. November eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und elf Monaten.

Von den laufenden Ermittlungen erfuhren die Betroffenen, als es am 22. Mai 2013 in Berlin, Magdeburg und Stuttgart zeitgleich 21 Hausdurchsuchungen in Privatwohnungen, an Arbeitsplätzen und in linken Vereinsräumen gab. Neun Beschuldigten wurde damals die Mitgliedschaft in einer „kriminellen Vereinigung“ nach § 129 StGB vorgeworfen, indem sie angeblich gemeinsam die Revolutionären Aktionszellen (RAZ) bzw. Radikale Linke (RL) gebildet hätten. Konkret zur Last gelegt wurden ihnen verschiedene militante Aktionen zwischen 2009 und 2012 sowie die Mitarbeit an der Untergrundzeitung „radikal“, die immer wieder mit Verfolgungsmaßnahmen überzogen wurde.

Das Konstrukt des Schnüffel- und Durchleuchtungsparagrafen 129 gab den Ermittlungsbehörden ein umfangreiches Instrumentarium an Überwachungsmöglichkeiten an die Hand, das sie vollständig ausschöpften: Über Jahre hinweg wurde jede Regung der Beschuldigten und ihres Umfelds, sämtliche Kommunikationsformen und Handlungen festgehalten und ausgewertet. Eine der Betroffenen wurde durch diesen enormen Repressionsdruck in den Tod getrieben.

Schon bald war offensichtlich, dass das Konstrukt der „kriminellen Vereinigung“ nicht zu halten war, weshalb die Verfahren voneinander getrennt und die meisten eingestellt wurden. Nur Cem erhielt 2018 eine Anklageschrift, wobei die Vorwürfe auf drei Aktionen – nämlich Brandanschläge auf das Berliner „Haus der Wirtschaft“, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und das Amtsgericht Wedding – zusammengeschrumpft waren. Auch für diesen Vorwurf ließ sich im Prozess, der am 8. Juni 2021 begann, jedoch an den 21 Verhandlungstagen kein wirklich tragfähiger Beweis erbringen. Dafür half der Repressionsapparat dem Geschehen mit einigen rechtswidrigen Hilfestellungen auf die Sprünge, indem beispielsweise den Polizeizeug*innen vor ihrem Auftritt im Gerichtssaal Kopien ihrer damaligen Berichte zugeschickt wurden.

Doch Cem steht nicht alleine: Die Soligruppe gegen 129-Verfahren und die Rote Hilfe OG Berlin begleiten die Beschuldigten schon seit Jahren. Für Sonntag, den 28. November wird zu einer Demonstration unter dem Motto „Freispruch im RAZ-/RL-/radikal-Verfahren!“ aufgerufen, und für den Morgen der Urteilsverkündung am 1. Dezember 2021 ist ab 9 Uhr eine Kundgebung vor dem Landgericht Berlin angekündigt.

„Nach mehr als zehn Jahren systematischer Ausspähung und umfangreicher Verfolgungs- und Überwachungsmaßnahmen, die mit einer angeblichen kriminellen Vereinigung begründet wurden, fällt das ganze Konstrukt wieder einmal wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Was übrig bleibt, ist nur eins: die Sicherheit, dass die Repressionsorgane in ihrem Verfolgungsdrang gegen jegliche linken Bestrebungen völlig außer Rand und Band sind“, kommentierte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. das Verfahren. „Wenn die Staatsanwaltschaft eine Bewährungsstrafe fordert, so tut sie das nur, um das Gesicht zu wahren. Wir fordern Freispruch für Cem! Jedes andere Urteil wäre grotesk.“

https://www.rote-hilfe.de/news/bundesvorstand/1167-justizspektakel-naehert-sich-dem-ende-urteil-im-raz-rz-prozess-am-1-dezember

„Marsch für’s Läbe“ Gegendemo 2021: Verzeigungsvorhalte

In den letzten Tagen haben einige Personen Verzeigungsvorhalte von der Stadtpolizei Zürich gekriegt, weil sie an den Protesten gegen den „Marsch für’s Läbe“ in Oerlikon ZH im September kontrolliert wurden.

Ein Verzeigungsvorhalt ist eine Art schriftlicher Vernehmungsversuch und soll ignoriert werden, denn dies kommt einer Aussageverweigerung gleich. Einmal mehr, wie z.B. auch schon beim “Marsch für’s Läbe” 2019 im Zürcher Kreis 5, versucht die staatliche Repressionsmaschinerie uns einzuschüchtern und Informationen über die politische Widerstandsbewegung zu sammeln. Von der staatlichen Repression betroffen sind zwar nur einige, doch gemeint sind wir alle, die sich gegen rechte Hetze, christlichen Fundamentalismus und für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren eigenen Körper einsetzen. Helfen wir den Bullen und der Staatsanwaltschaft nicht bei ihrer Arbeit, welche sich gegen uns richtet, sondern stellen wir uns kollektiv dagegen!

Deshalb: Ab in den Mülleimer mit den Verzeigungsvorhalten!

Haltet euch auf dem Laufenden auf https://rotehilfech.noblogs.org/ und auf https://barrikade.info/. Dort werden alle aktuellen Infos aufgeschaltet.

Solidarische Grüsse
Bündnis für ein selbstbestimmtes Leben & Rote Hilfe Schweiz