Category Archives: RHI

Marco Camenisch: Internationale Aktionstage – Übersicht

Die Rote Hilfe International und die Rote Hilfe Schweiz haben zu internationalen Aktionstagen in Solidarität mit Marco Camenisch aufgerufen. An dieser Stelle dokumentieren wir Aktionen, die stattfanden. Wir sind – wie immer – froh um Hinweise, gerne an rotehilfe@aufbau.org oder info@rhi-sri.org.

Santiago: Brandanschlag gegen Autofirma (15.6.)

Rothrist: Sprays gegen AXPO und AEW (16.6.)
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Santiago de Compostela: Filmvorführung (17.6.)

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Hamburg: Filmvorstellung zu Marco Camenisch (19.6.)

Frankreich: Plakate mit Marco (19.6.)

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Zürich: Transparente beim Ausschaffungsknast Zürich-Flughafen (20.6.)

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Italien: Flugblatt und Plakate zu Marco (20.6.)

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Tessin: Flugblatt in Solidarität mit Marco (20.6.)

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Magdeburg: Transparente und Plakate (20.6.)

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Buenos Aires: Wandbild für Marco (21.6)

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Bern: Spray an der Autobahn (21.6.)

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Tessin: Verteilung einer gefälschten 20-Minuten-Beilage (22.6.)

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Bern: “BKW Hauptsitz in Bern angegriffen” (22.6.)

“In den frühen Morgenstunden des 22.06.2015 haben wir die geparkten Autos vor dem Hauptsitz des Energiekonzerns BKW in Bern entglast. Wir wollen damit auf die Rücksichtslosigkeit der von der BKW betriebenen Energiepolitik aufmerksam machen. Der Konzern wirtschaftet mit einer enormen Profitgier, ohne sich dabei in geringster Weise um den Lebensraum von etlichen Millionen Menschen, Tieren und Pflanzen zu scheren.

Mit der Aktion solidarisieren wir uns ausserdem mit Marco Camenisch, welcher sich seit 1991 im Gefängnis befindet. Marco setzte sich mit millitanten Mitteln gegen die Zerstörung der Umwelt, unter anderem durch Energiekonzerne, ein.”

Türkei: Stand und Flugblätter zu Marco (22.6.)

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Schweiz: Grussbotschaft des “Solidaritätskomitee der Freiheitsgefangenen Schweiz” (22.6.)

“Lieber Marco Camenisch,

Den Weg, die Mühe, den du für die Brüderlichkeit der Menschen, damit die Menschen glücklich zusammenleben können, antreibst, schätzen wir sehr. Du solltest wissen, dass wir bei dir sind.

Als anerkannte, weltberühmte Demokratisch im mittelpunktstehendes, „Menschenrechte“ berücksichtigendes Land (Schweiz), kann an Hand dein Beispiel ihr wahres Gesicht zeigen. Dass sie dir eine psychische Therapie aufzwingen, wegen deiner Gedanken, ist schon ein Eingriff. Das kann man nicht akzeptieren.
Das imperialistische System hat die Revolutionäre im Schussziel, sie wollen solche psychische Therapien einsetzen, um die Revolutionäre durchdrehen zu lassen. Sie spielen uns das Kranke vor, um uns wirklich krank zu machen.
Das ist eine unakzeptable und Menschenrechte schreitende Intervention. Dass die schweizerische Bund sich den eigenen Regeln und Gesetzen hintergeht, spricht gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.

Bekannte interessierte Institutionen rufen wir sofort auf um dagegen etwas zu unternehmen.

Als Solidaritätskomitee der Freiheitsgefangenen Schweiz, rügen wir die gezwungenen Therapien jegliche Arten und unterstützen deinen Widerstand!

Der Sieg wird denen gehören die Wiederstand zeigen, ohne Zweifel! Auch wenn es unser Leben koste, wir werden unseren Kampf nicht aufgeben!

Auf diesem Wege bist du nicht alleine, Revolutionäre Grüsse…

Solidaritätskomitee der Freiheitsgefangenen Schweiz”

Winterthur: Film und Veranstaltung zu Marco (22.6.)

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Brüssel: Spray gegen Sitz von Areva und Asea Brown Boveri (22.6.)

“Ce 22 juin, nous avons tagué l’immeuble du 15 rue Guimard, à 1040 Bruxelles, d’un MARCO LIBERO!
Cet immeuble est le siège bruxellois des sociétés AREVA et ASEA BROWN BOVERI.

Solidarité avec Marco Camenisch!
Solidarité avec tous les prisonniers révolutionnaires!”

Zürich: Angriff gegen forensisch-psychiatrischen Dienst von Urbaniok (22.6.)

“Wir haben in der Nacht auf den 23.06.2015 das Büro des forensisch-psychiatrischen Dienstes von Frank Urbaniok am Helvetiaplatz in Zürich mit Farbe markiert und dessen Türen verklebt.

Wir werden nicht zulassen, dass Marcos politische Positionen als psychische Störung entpolitisiert werden! Marco steht als ungebrochener Langzeitgefangener für den erfolgreichen Kampf, seine Würde und seine politischen Positionen auch im Knast aktiv zu verteidigen und zu bewahren. Die feigen Schergen des Repressionsapparates welche versuchen, seine politische Identität anzugreifen, sollten sich dabei nicht allzu sicher fühlen. Wir werden sie weiterhin benennen, markieren und angreifen.”

Dresden: Transparente und Sprays (22.6.)

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Melbourne: Transparent (23.6.)

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Belgien: Video zu Marco Camenisch neu mit spanischen Untertiteln!

Stuttgart: Filmvorführung und Diskussion (3.7.)

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Solidarität mit den KämpferInnen von Rojava, die in der Türkei und in Europa in Haft sind!

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Solidarität mit den KämpferInnen von Rojava, die in der Türkei und in Europa
in Haft sind!
Die Rote Hilfe International hat eine Kampage für die linken Revolutionäre lanciert, die in
Haft sind wegen ihrem Engagement in der Schlacht um Kobane und in der
Befreiungskampage für Rojava. Viele linke revolutionäre Kräfte (MarxistInnen-LeninistInnen
der MLKP, MaoistInnen der TKP/ML, AnarchistInnen der Sosyal Isyan, westliche
kommunistische, antiimperialistische Freiwillige, Lions of Rojava, Internatinalst Free Brigade
usw.) haben die Vereinigten Kräfte für Befreiung (Birleşik Özgürlük Güçleri) gebildet, um
mit der YPGYPJ zu kämpfen. Neun MLKP-Mitglieder sind bereits beim Kampf für die
Befreiung von Rojava gefallen: Serkan Tosun, Sibil Bulut, Oğuz Saruhan, Erkan Altun,
Sinan Sağır, Suphi Nejat Ağırnaslı, Coşkun İnce, Emre Aslan und Ivana Hoffmann.
Türkei: Kämpfer im Knast
In der Türkei sind viele KämpferInnen aus Rojava im Knast. Einige wurden beim
Grenzübergang verhaftet und dabei auch verletzt. Das türkische Militär behindert, ja bekämpft
die kurdische Bewegung und bevorzugt die islamistischen Bewegungen. Andere wurden in
Spitälern verhaftet, wo sie wegen Kriegsverletzungen hätten behandelt werden sollen. Dies ist
zum Beispiel bei den zwei Kämpferinnen der YPG, Savaş Sönmez et Erkin Selanik, der Fall,
die am 17. März von der türkischen Polizei im Spital Şanlıurfa Balikligol wegen “Beteiligung
an einer terroristischen Organisation” verhaftet wurden. Sie sind im Gefängnis von Omaniye
in Haft ohne entsprechender Behandlung ihrer Verletzungen.
Es sind dutzende KämpferInnen aus Kobane in der Türkei inhaftiert, darunter mehrere
verletzte. Einige sind uns unbekannt, weil sie sich unter falschem Namen ausgewiesen haben,
um ihre Familien vor dem türkischen Geheimdienst und vor Islamisten zu schützen. Hier eine
vorläufige Liste der Gefangenen, der unserem Informationsstand heute entspricht: Nariman
Ibrahim (Gefängnis Mardin), Berfin Mahmut (Gefängnis Mardin), Fidan Suleyman
(Gefängnis Mardin), Midya Mustafa Imail (Gefängnis Mardin), Fadile Muhamed (Gefängnis
Mardin), Welat Duman (16 Jahre alt; seine ganze Familie ist in Händen des IS; wurde von
den türkischen Behörden verhaftet, als er nach Kobane kämpfen gehen wollte; in Osmanye in
Haft), Delil Ufak (Gefängnis Osmanye), Özgul Yasa (Gefängnis Adana Karatas), Charin
Khalaf (Gefängnis Mardin), Zazan Ahmet (Gefängnis Mardin), Salahatin Dilek (Gefängnis
Dyarbakir), Cemal Uygur (Gefängnis Osmaniye), Şakir Ali Osman (Gefängnis Osmaniye).
Europa: Angriff geben ATIK
Am 15. April um 17 Uhr haben Sonderkommandos der deutschen Polizei sieben
Verantwortliche der ATIK verhaftet. Zeitglich wurden in der Schweiz, Österreich, Frankreich
und Griechenland mittels dem Artikel 129b (Terroristische Vereinigung im Ausland) in
Auslieferungshaft gesetzt. Die Leute der Konföderation der türkischen Arbeiter in Europa
wurden angeklagt, Kader der TKP/ML zu sein, die marxistisch-leninistische Kommunitische
Partei der Türkei. Der Einsatz war brutal (eingerammte Türen usw.) und vertieft (die
Hausdurchsuchungen dauerten von 17 Uhr bis 1 Uhr morgens).
Diese Aktion war die vorläufige Spitze von aufwendigen Ermittlungen die seit 2013 von der
Generalstaatsanwaltschaft in Karlsruhe in Gang gesetzt wurde.
Die deutsche Polizei wirft den Verantwortlichen der ATIK vor, Geld gesammelt zu haben, die
Aktivitäten der Organisation in der Türkei unterstützt zu haben und in Deutschland
KämpferInnen für Rojava ausgebildet zu haben.
Die TKP/ML ist zwar in der Türkei verboten, aber nicht in Deutschland und sie ist nicht auf
der Terrorliste der EU aufgeführt. Unter den verhafteten Mitgliedern ist auch E. Muslum, der
Verantwortliche für ATIK in Deutschland.
Er ist ein legendäres revolutionäres Mitglied, denn er war in der Türkei 22 Jahre in Haft
wegen Mitgliedschaft in der TKP/ML. Er war in den 1980er Jahren in Dyarbakir in Haft, wo
er gefoltert wurde und wo er beim Hungerstreik mitgemacht hat. Er hat auch beim grossen
Streik im Jahr 2000 mitgemacht und wurde darauffolgend am 15. Dezenber 2000 auf
Bewährung freigelassen.
Solidarität mit den KämpferInnen der revolutionären Linken in der Türkei und
Kurdistan!
Freiheit für die KämpferInnen von Kobane, die in der Türkei und anderswo deswegen
in Haft sind!
Freiheit für die Angeklagten der ATIK!
Ehre Serkan Tosun, Sibil Bulut, Oğuz Saruhan, Erkan Altun, Sinan Sağır, Suphi Nejat
Ağırnaslı, Coşkun İnce, Emre Aslan und Ivana Hoffmann!

Kommission für eine Rote Hilfe International, Brüssel-Zürich, 25. Mai 2015

Internationale Aktionstage: Marco libero!

Wir rufen für die Tage vom 20. – 22. Juni zu solidarischen Aktionen mit Marco Camenisch auf, der seit 1991 ununterbrochen in Italien oder der Schweiz im Gefängnis sitzt. Marco ist ein ungebrochener grün-anarchistischer Revolutionär mit einer politischen Geschichte, die zurück in die 1970er-Jahre reicht. Wegen Sprengstoffangriffen gegen Hochspannungsleitungen wurde er erstmals inhaftiert, ihm gelang die Flucht. Erst nach Jahren in der Illegalität wurde er 1991 in Italien bei einer Personenkontrolle verhaftet, er sass dort bis 2002 im Knast. Verurteilt wurde er unter anderem wiederum wegen militanten Aktionen gegen Hochspannungsleitungen. 2002 wurde er dann in die Schweiz ausgeliefert, wo er einerseits die Reststrafe seiner allerersten Verurteilung abzusitzen hatte, andererseits aber wegen dem Tod eines Grenzwächters verurteilt wurde. Marco hat immer wieder wiederholt, dass es nicht sein Toter ist.

In den vergangenen 24 Jahren hat Marco seine politische Identität nicht abgelegt, er kommuniziert mit zahlreichen Leuten auf der ganzen Welt, beteiligt sich an politischen Initiativen und unterstützt so den revolutionären Prozess aus dem Knast heraus. Dieser Fakt ist denjenigen, die über Schritte der Vollzugslockerungen zu entscheiden haben, ein Dorn im Auge. Immer wieder verweigern sie jeden Schritt in Richtung Freiheit, zur Begründung wird immer wieder herangezogen, dass er eine “delinquenzfördernde Weltanschauung” vertritt. Im Klartext: Er kommt nicht raus, weil er Anarchist ist und bleibt. Diese Argumentation wird sowohl vom zuständigen Amt für Justizvollzug des Kanton Zürich wie von den Gerichten stets wiederholt, wenn eine Entscheidung in seinem Fall einsteht.

Ein Faktor in dieser Auseinandersetzung ist zweifelsohne seine politische Identität an sich, das heisst der Angriff gegen Marco ist selbstverständlich in der allgemeinen politischen Auseinandersetzung anzusiedeln, wo es dem bürgerlichen Staat auch darum geht, an kämpfenden Subjekten ein Exempel zu statuieren. Sie hoffen damit abzuschrecken, gleich wie in anderen Fällen von Langzeitgefangenen (wie Mumia Abu-Jamal oder Georges Ibrahim Abdallah), die aufgrund ihrer politischen Identität nicht rauskommen.

Ein anderer Faktor, der im Zusammenhang mit Marco speziell ist, ist aber die zunehmende Rolle der forensischen Psychiatrie im Strafvollzug. Während in anderen Fällen von Langzeitgefangenen klar und offen politisch argumentiert wird, dass jemand nicht rauszulassen sei (wie im Fall von Georges Ibrahim Abdallah), bedient sich das Amt für Justizvollzug einer psychiatrischen Argumentation. Massgeblicher Verantwortlicher dafür ist Frank Urbaniok. So kleidet sich dann der politische Angriff in Begriffen der Psychiatrie, redet von Aufarbeitung und Bewältigung. Dabei ist klar: Eine politische Identität ist nichts, was sich psychiatrisch verhandeln lässt. Anarchist zu sein, ist kein psychisches Problem.

Dies hat sich auch in der jüngsten Entwicklung in Marco’s Fall gezeigt. Aufgrund eines Urteils des obersten Gerichts der Schweiz musste das zuständige Amt prüfen, ob allfällige Vollzugslockerungen möglich seien. Ein Teil dieser Untersuchung ist ein sogenannter “Risikoorientierter Sanktionenvollzugs-Bericht”, kurz ROS. Dabei wird von ausgebildeten PsychiaterInnen über mehrere Seiten hinweg evaluiert, wie gross das Risiko bei Lockerungen ist. So erhält die Psychiatrie einen massiven Stellenwert im Vollzug. Da Marco die Psychiatrisierung seiner Identität verweigert, bleibt den “Experten” wenig übrig. Auch sie argumentieren damit, dass die Legalprognose stark belastet sei, da “er sich weiterhin stark und aktiv mit seiner Ideologie auseinandersetzt und in Kontakt mit entsprechenden Genossen steht”, was “seine Aussagen wie seine Vernetzung in die Szene zeigen”. Zusammengefasst: “Es hat sich gezeigt, dass MC’s Einstellungen verfestigt sind und die Freiheitsstrafen kaum einen Veränderungsprozess anstossen konnten.”

Der Bericht formuliert Massnahmen, die eine Lockerung des Vollzugs wahrscheinlicher machen würden. Allerdings sind die Massnahmen nicht hinnehmbar. So wird unter anderem gefordert, dass Marco sich in Zusammenarbeit mit dem Strafvollzug ein neues soziales Umfeld aufzubauen habe – ein kompletter Bruch mit Genossinnen und Genossen wird also verlangt:
– “Kontrolle auf Hinweise für Kontakte zu gewaltbereiten Gesinnungsgenossen.”
– “Dass sich MC dazu bereit erklärt, Kontrollen bezüglich seiner Aktivitäten zuzulassen und sich mit der Justiz auf gemeinsame Ziele bezüglich der Resozialisierung einigen kann”

Marco Camenisch wird aufgrund seiner politischen Identität nicht freigelassen. 2018 steht sein Strafende bevor. Bis dorthin findet jährlich eine Überprüfung statt, ob an eine Freilassung auf Bewährung zu denken sei. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie dabei immer und immer wieder auf seine Identität zu sprechen kommen und so jede Lockerung verhindern.

Wir denken, dass es gerade jetzt wichtig ist, sich zu Marco zu verhalten. Verbinden wir unseren vielfältigen Kampf draussen mit seinem Kampf drinnen!

INTERNATIONALE AKTIONSTAGE MIT MARCO CAMENISCH – 20. – 22. JUNI 2015

Rote Hilfe Schweiz – www.rotehilfech.noblogs.org
Rote Hilfe International – www.rhi-sri.org

Mehr zu und von Marco Camenisch:
http://rotehilfech.noblogs.org/post/tag/marco-camenisch/ (en / dt)
https://www.youtube.com/watch?v=iK1isWg0r3o (fr / en / dt / it / gr)

Junge Welt: Kein Komplize werden

Die Verhältnisse nicht nur ablehnen, sondern bekämpfen: Ein Buch über den Schweizer Anarchisten Marco Camenisch, seit den 90ern in Haft

Junge Welt, von Patricia D’Incau

Deutschland hatte die RAF, Italien die Brigate Rosse und die Schweiz Marco Camenisch. Dieser Anarchist und AKW-Gegner aus dem Bergkanton Graubünden begreift sich »Lebenslänglich im Widerstand«. Das ist zumindest der Titel einer Biographie über ihn, die Kurt Brandenberger nun vorgelegt hat. Tatsächlich ist es die eines Unbeugsamen, der sich bis heute zum revolutionären Kampf bekennt.

Dem Buch liegen stundenlange Gespräche zwischen Camenisch und dem, wie er ihn nennt, »scheißbürgerlichen Journalisten« Brandenberger zu Grunde. Camenisch hat es autorisiert, hegt aber zwiespältige Gefühle gegenüber dem Projekt. Es ist ein journalistisches und biographisches, kein politisches. Aber nichtsdestotrotz ein wichtiges für die Schweizer Oppositionsgeschichte.

Diese hier beginnt in den frühen 70er Jahren, als der 20jährige Camenisch vorzeitig vom Gymnasium abgeht. Weil er nicht »Komplize« werden wollte, »von Verhältnissen und Machtstrukturen, die ich nicht nur ablehne, sondern bekämpfen will«. In den Jahren der »Ausreife« als Hirte und Hilfsarbeiter festigt sich diese Haltung bei Diskussionen über die Rolle des Staats und die Macht der Konzerne, über die Ausbeutung des Südens und die Zerstörung der Natur, global und in der direkten Umgebung.

Während im Schweizer Flachland das sechste Kernkraftwerk in Planung ist, stellt sich Camenisch in den Bergen die Frage, ob sich »dieses zerstörerische System reformieren« lässt, und was zu tun ist, »wenn es fünf vor zwölf ist, gutmeinende Worte nichts fruchten, wenn Kritik, wissenschaftliche Ergebnisse, politische Appelle keine Konsequenzen haben«. Seine Antwort sind Ende 1979 zwei Anschläge auf Einrichtungen der Nordostschweizerischen Kraftwerke. »Du hast dabei auch Vorbilder eines solchen Kampfes im Kopf«, bilanziert er später und meint die Indigenen im Amazonasbecken oder überhaupt die Bewegung in Lateinamerika. Mit seinen damaligen Anschlägen knüpfte er jedoch auch an die Sabotageaktionen des radikalen Flügels der Antiatomproteste an, die sich gegen den Bau des Kernkraftwerks Kaiseraugst, nahe der deutschen Grenze, formiert hatten. So war Camenisch, als er in den Bergen ? fernab von Kaiseraugst ? den militanten Kampf aufnahm, nicht der erste »Saboteur« auf Schweizer Boden. Aber er sollte der erste und einzige sein, der belangt werden konnte.

An ihm exekutierte die Schweizer Justiz 1980 ein Exempel: zehn Jahre Zuchthaus. Im Herbst 1981 gelingt Camenisch die Flucht. Fortan lebt und wirkt er im Untergrund. Im nahen Italien, im fernen Übersee und auch immer wieder in der Schweiz. Er operierte im »Gehirn des Ungeheuers«, wie es Che Guevara einst ausdrückte, »im Herzen der Finanzoligarchie«, wie Camenisch sagt.
Zum Verhängnis wird ihm der 3. Dezember 1989. Der Tag, an dem er das Grab seines Vaters besucht, ist der Tag, an dem im Ort ein Grenzwächter erschossen wird. Schnell fällt der Verdacht auf den Flüchtigen, der erst 1991 in der Toskana verhaftet wird. 2002 wird er an die Schweiz ausgeliefert, wo er in einem Indizienprozess des Mordes für schuldig befunden wird. Im Gerichtssaal erklärt der Angeklagte, der bis dato jegliche Aussagen verweigert hat, dass er »auch als bewaffnet kämpfender Revolutionär« niemals getötet habe, »und schon gar nicht habe ich einen wehrlos am Boden Liegenden in den Kopf geschossen. Solche Niedertracht ist für mich schlicht nicht denkbar.«

Die Justiz spricht ein Strafmaß, das sich, ergänzt um frühere Strafen, auf 29 Jahre Haft beläuft. »Viel mehr als lebenslänglich«, ein Verstoß gegen geltendes Recht. Die Strafe wird später auf Geheiß des obersten Schweizer Gerichts reduziert. Doch eine vorzeitige Entlassung bleibt dem Anarchisten, trotz guter Führung, verwehrt. Wegen »delinquenzfördernder Weltanschauung«, seinem anhaltenden Bekenntnis zum revolutionären Kampf.

»Wie hältst du das aus?«, fragt Brandenberger. »Was mir hilft, ist (…) die Solidarität«, antwortet Camenisch. Obwohl er fast seit einem Vierteljahrhundert hinter Gittern ist, bleibt er aktiver Teil der Bewegung, sowohl in der Schweiz als auch international. Er übersetzt Texte, verfasst Erklärungen, hat die »Rote Hilfe International« mitgegründet. »Den Kampf gegen die Herrschenden können wir streckenweise gemeinsam führen«, sagt Camenisch über seine politische Arbeit, die sich nicht nur an anarchistische Kreise richtet. »Positionsübergreifende Klassensolidarität« heißt das bei ihm. »Schulter an Schulter: Du drinnen, wir draußen«, schreibt ihm Andrea Stauffacher vom marxistisch-leninistischen Revolutionären Aufbau in einem Brief. Camenischs Widerstand ist ein kollektiver. Auch das ist ein verbindendes Element in dieser Geschichte.

Entlassen wird Marco Camenisch voraussichtlich im Alter von 66 Jahren, am 8. Mai 2018. Dem »Tag der Befreiung«.

Kurt Brandenberger: Marco Camenisch. Lebenslänglich im Widerstand. Echtzeit Verlag, Basel 2015, 208 Seiten, 27 Euro

Marco Camenisch: Psychiatry as a weapon of repression against a radical prisoner – en/gr/de

Marco Camenisch: ROS – psychiatry assumes the power to define the execution of probation and correctional law

The office for probation and corrections services of the cantonal Office for the Execution of Penal Sentences and Justice sabotages all efforts aiming at easing the situation of imprisonment of Marco or to grant parole for him. The office for enforcement 3 (SMV3) uses a clearly political argumentation: As an unbroken anarchist he can not be released from prison, and by drawing up an ROS report (risk-oriented sanctions enforcement), a kind of “Materials Testing Institution”, they acquire new arguments.

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Μάρκο Κάμενις: η ψυχιατρική πτέρυγα των ΡΟΣ λαμβάνει την αρμοδιότητα να
καθορίσει την εκτέλεση της αναστολής και του διορθωτικού νόμου.

Το γραφείο αναστολών και διορθωτικών υπηρεσιών των καντόνιων Γραφείων
Εκτέλεσης Ποινών και Δικαιοσύνης σαμποτάρει όλες τις προσπάθειές που
αποσκοπούν στην ελάφρυνση της κατάστασης κράτησης του Μάρκο η της
χορήγησης αναστολής. Το γραφείο εφαρμογής 3 (smv3) χρησιμοποιεί
ξεκάθαρα πολιτικά επιχειρήματα: Ως αμετανόητος αναρχικός δεν μπορεί να
αφεθεί ελεύθερος και χρησιμοποιεί μια αναφορά των ΡΟΣ (περί εφαρμογής
κυρώσεων λόγο ριψοκίνδυνου προσανατολισμού) που είναι ενα είδος “Θεσμού
υλικού τεσταρίσματος” προσθέτοντας νέες ενστάσεις.

Full text: http://325.nostate.net/?p=16185 and http://en.contrainfo.espiv.net/2015/05/23/swiss-prisons-marco-camenisch-denied-conditional-release-update/

 

Thomas Meyer-Falk: Rezension zur Biographie von Marco Camenisch

Nicht oft ereignet sich, dass über einen noch lebenden Gefangenen eine Biografie publiziert wird. Im April 2015 erschien im Schweizer Echtzeit Verlag (http://www.echtzeit.ch) ein rund 200 Seiten starkes Buch über Leben, Kampf, Widerstand und Liebe des nicht nur in der Schweiz bekannten Anarchisten Marco Camenisch.

Geboren Anfang 1952 im Unterengadin führte der Lebensweg von Camenisch schon früh in den Widerstand; wie bei nicht wenigen ProtagonistInnen der damaligen Zeit politisierte ihn u.a. der Protest gegen den Bau von Atomkraftwerken. Jedoch verstand er alsbald, dass bloße Demonstrationen und das Verteilen von Flugblättern die Atomwirtschaft weder beeindrucken, geschweige denn aufhalten würde, sondern direkte Aktionen, in seinem Fall, Angriffe auf Strommasten, erforderlich sein würden.

Der Schweizer Journalist und Lehrbeauftragte an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Kurt Brandenberger, beschreibt ebenso spannend wie authentisch, gestützt auf intime Aktenkenntnis, vertieft durch Gespräche mit FreundInnen, WegbegleiterInnen und Familienangehörigen Camenischs den Weg des jungen Marco, der in einem kleinen Dorf aufwuchs, als Sohn eines Grenzwächters, hinein in den aktiven politischen Widerstand.

Nach einem Sprengstoffattentat auf ein Kraftwerk an Weihnachten 1979, erfolgter Festnahme und Untersuchungshaft erging 1981 das drakonische Urteil: 10 Jahre Zuchthaus für Marco und siebeneinhalb Jahre für seine Genossen.

Ein klassisch politischer Strafprozess war es gewesen, viel Solidarität von außen, politische Erklärungen der Angeklagten. Die Rede die Marco vor Gericht hielt, ‘Friede den Hütten – Krieg den Palästen’ analysierte die politischen Hintergründe für den Anschlag und zeigte auf, weshalb es notwendig geworden war zu handeln!

Wenige Monate nach der Verurteilung, gelingen Marco und anderen Gefangenen die Flucht; rund zehn Jahre wird er in Freiheit, in Italien leben, bevor er 1991 erneut verhaftet wird.

Auf den 200 Seiten erzählt Brandenberger das Leben eines widerständigen Menschen, der ohne Rücksicht auf sich selbst, für eine politische Idee und deren Umsetzung brennt. Dabei ist die Biografie nie der Versuchung erlegen eine Gefälligkeitswerk zu werden. Kritische Aspekte bekommen ihren Raum- da ist beispielsweise die Rolle als Vater. Durch Haft und Flucht war er nie wirklich präsent im Leben seiner Tochter, wie sie selbst in Gesprächen mit Brandenberger erklärt.

Erst am 08.Mai 2018 wird Camenisch auch den letzten Hafttag verbüßt haben, und erst dann will die Schweizer Justiz ihn frei lassen. Kürzlich bekräftigte dies das Kantonale Amt für Justizvollzug, verlangte ultimativ als Voraussetzung für die Gewährung von Hafturlauben und ähnliche Lockerungen des Vollzugsregimes, dass er sich ein „delinquenzfernes soziales Umfeld“ aufbaue, er sich folglich von seinem langjährigen Kreis an FreundInnen und GenossInnen trennen müsse, bevor man irgendwelche Maßnahmen erwägen könne. Eine ebenso indiskutable wie abstruse Forderung der Schweizer Justizbehörden.

Brandenbergs Buch gewährt einen mitunter sehr intimen Einblick in das Leben eines politischen Aktivisten, vermittelt ein Bild der Kämpfe der 70er/80er Jahre und gibt lebendig Zeugnis davon, wie ein Mensch auch nach Jahrzehnten der Haft aufrecht geblieben ist, dessen Herz unverändert für den Widerstand schlägt.

Bibliografische Angaben:

Kurt Brandenberger
‘ Marco Camenisch – Lebenslänglich im Widerstand’
Echtzeit-Verlag (Schweiz)
ISBN: 978-3-905800-92-0
Preis: 29 Franken

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV)
Hermann-Herder-Str.8, D-79104 Freiburg

http://freedomforthomas.wordpress.com

Update zum “Revolutionärer Kampf” Prozess (22.5.)

Der Berufungsprozess in Ahten vom Fall des “Revolutionären Kampf” begann heute, 22.5., wurde aber sofort bis zum 10. Juni verschoben, damit Nikos Maziotis mit seinem Anwalt kommunizieren kann. Nikos und Kostas Gournas wurden erst gestern (21.5.) von Domokos nach Korydallos in Athen verlegt.

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The court of appeal of the trial in Athen of Revolutionary Struggle began today, 22.5.15, but was immediately stopped until the 10th of June, so that Nikos Maziotis can communicate with his lawyer.. Nikos and Kostas Gournas were transferred from Domokos to Korydallos prison in Athens just yesterday (21.5.).

Greek prisons – Revolutionary Struggle case: Nikos Maziotis and Kostas Gournas transferred to Koridallos prison ahead of second-instance trial

On May 21st 2015, the Solidarity Assembly for political prisoners & imprisoned and prosecuted fighters reported that the anarchist prisoners Nikos Maziotis and Kostas Gournas were transferred from Domokos prison to the dungeon in Koridallos women’s prison ahead of the second-instance trial on the Revolutionary Struggle’s first-period action (2003-2010).

Gournas and Maziotis are currently separated from other prisoners convicted as members of armed revolutionary organisations, who are also being held in the basement of Koridallos women’s prison (i.e. four CCF anarchists, and the convicted 17N member Iraklis Kostaris).

The appeal trial in the Revolutionary Struggle case (first-period action) will begin on Friday, May 22nd 2015, at 9am. The Solidarity Assembly for political prisoners & imprisoned and prosecuted fighters call everyone to express their solidarity with the comrades on trial and attend court proceedings at Koridallos prison.

The comrades who were sentenced in the first-instance court ruling are the prisoners Kostas Gournas and Nikos Maziotis, as well as the fugitive Pola Roupa, who have assumed political responsibility for their participation in the organisation, but also the conditionally released Vaggelis Stathopoulos and Christoforos Kortesis, who have denied their involvement.

A few notes on the Revolutionary Struggle case:

The anarchist urban guerrilla group Revolutionary Struggle (Epanastatikos Agonas) has carried out direct actions in Athens since 2003, targeting structures and organs of the State and the Capital, defending armed and class struggle, and aiming towards social revolution. Their revolutionary action includes a rocket propelled grenade attack, car bomb explosions, bombings and gunshots, among others, against the Finance and Labour ministries, the United States Embassy, the Athens Stock Exchange, anti-riot cops, police stations, court buildings, multinational corporations, banks, as well as a politician implicated in high-profile scandals.

In March 2010, anarchist Lambros Foundas was killed in a shootout with cops. A month later, Pola Roupa, Nikos Maziotis and Kostas Gournas (in pretrial incarceration at the time) claimed political responsibility for their participation in the Revolutionary Struggle and explained that Lambros Foundas was also a member of the same organisation.

In no way does the claim of political responsibility mean that these anarchists accept criminal charges such as ‘terrorist association,’ and so forth. Below are short excerpts from a letter of the three members on their reasons for undertaking responsibility after they were caught by police:

“By claiming political responsibility, we wanted to defend the armed struggle, and to highlight its timelessness and importance within the broader struggle for the overthrow and social revolution. (…) Also, by undertaking political responsibility we wanted to restore the memory and honour of our comrade Lambros Foundas, who was a member of the Revolutionary Struggle and was killed in an armed battle with cops in March 2010 during an attempted expropriation of a car —a preparatory act of a wider action plan of our organisation.”

The first trial on the Revolutionary Struggle’s first-period action (2003-2010) started in October 2011 and reached its end in April 2013. Out of 8 defendants, only three were self-admitted members of the Revolutionary Struggle: Pola Roupa, Nikos Maziotis (both of whom became fugitives in the middle of the proceeding) and Kostas Gournas. The three members received sentences of up to 50 years imprisonment.

Two other accused comrades, Vaggelis Stathopoulos and Christoforos Kortesis, were sentenced to (a little over) 7 years, even though they have denied their participation in the organisation. They were then taken to prison alongside Kostas Gournas. In July 2013, Kortesis and Stathopoulos were granted conditional release and walked out of Koridallos prison under restrictive conditions.

In July 2014, Nikos Maziotis – who had gone underground along with Pola Roupa two years earlier – was seriously injured after a shootout with cops in the area of Monastiraki, central Athens, and taken captive. A few days later, he was transferred to a prison in northern Greece. The comrade was the first prisoner to be moved, on December 30th 2014, to the (then) newly-inaugurated ‘type C’ maximum security prison in Domokos.

Nikos Maziotis faces another trial, accused of the bomb attack against the Supervision Directorate of the Bank of Greece at Amerikis Street in Athens, in April 2014, the shootout in Monastiraki, and bank robberies. As a member of the Revolutionary Struggle, Nikos Maziotis assumed political responsibility for the bombing at the Bank of Greece, which marks the second period in the ongoing action of the organisation.

Already in 2009, the anarchist urban guerrilla group Revolutionary Struggle was designated a ‘foreign terrorist organisation’ by the U.S. Department of State, in the aftermath of a rocket propelled grenade attack against the U.S. Embassy in Athens in January 2007. Recently, in April 2015, the State Department issued ‘terrorist designation’ against anarchist prisoner Nikos Maziotis, member of the Revolutionary Struggle.

Beginning May 22nd 2015, the appeal trial on the Revolutionary Struggle case (first-period action) will be held in the special court of Koridallos women’s prison. In Athens, trial sessions in cases regarding so-called ‘terrorist’ organisations take place at courtrooms inside the prison. Each time that visitors and lawyers enter the specific courtrooms, their identity cards are kept upon entry, with all that this entails.

Solidarity with the urban guerrillas Kostas Gournas and Nikos Maziotis, members of the Revolutionary Struggle, and the comrades Vaggelis Stathopoulos and Christoforos Kortesis, who stand trial in the same case.

Solidarity with the wanted comrade Pola Roupa, member of the Revolutionary Struggle.

Quelle: http://en.contrainfo.espiv.net/2015/05/21/greek-prisons-revolutionary-struggle-case-nikos-maziotis-and-kostas-gournas-transferred-to-koridallos-prison-ahead-of-second-instance-trial/

Marco Camenisch: ROS – die Psychiatrie übernimmt die Definitionsmacht im Justizvollzug

Der Bewährungs- und Vollzugsdienst des kantonalen Amt für Justizvollzug sabotiert sämtliche Schritte in Richtung Strafvollzugslockerung oder Haftentlassung bei Marco. Der Dienst Vollzug 3 (SMV3) stützt sich dabei auf eine klare politische Argumentation, als ungebrochener Anarchist soll er den Knast nicht verlassen können, und holt sich mit dem ROS Bericht (Risikoorientierter Sanktionsvollzug), eine Art „Materialprüfungsanstalt“, neue Argumente.

In Zürich wie auch anderswo in den Knästen wird der Strafvollzug seit längerem aggressiv kolonialisiert von der Psychatrie und Psychologie. Der Bericht der forensisch-psychiatrischen Abteilung vom 31.3.2015, stellt mit der „Risikoorientierter Strafvollzug“-Abklärung eine neue qualitative Entwicklung dar, da der Bericht explizit nur psychiatrisch argumentiert und erstmals konkrete „Empfehlungen“ formuliert. Die Urbaniok‘sche Psychiatrie verteilt Kontaktverbote – definiert die politische Distanzierung resp. Abschwörung als Voraussetzung für eine bedingte Entlassung. Das grosse Schlagwort dabei ist und bleibt die deliktfördernde Weltanschauung“!

Wir zitieren aus dem Bericht brisante Stellen:

  • Die Legalprognose sei stark belastet, da er sich weiterhin stark und aktiv mit seiner Ideologie auseinandersetzt und in Kontakt mit entsprechenden Genossen steht“, was „seine Aussagen wie seine Vernetzung in die Szene zeigen“.

  • Es hat sich gezeigt, dass MC’s Einstellungen verfestigt sind und die Freiheitsstrafen kaum einen Veränderungsprozess anstossen konnten.“

  • Man kann sehr wohl von einer Person wie MC verlangen, dass er seine Äusserungen – im Wissen um seine Einflussmöglichkeiten und die möglichen Folgen – reflektiert tätigt und in der Lage ist mehr oder weniger offensichtliche gewaltbefürwortende Inhalte zu erkennen. Um das Risiko zu vermindern, müsste sich MC von seiner Überzeugung distanzieren, wofür wir aktuell keinen Hinweis finden. “ da er „sich auf keine deliktorientierte Arbeit einliess“.

Und unter „Interventionsempfehlungen“ ist zu lesen:

  • Unterstützung beim Aufbau eines delinquenzfernen sozialen Umfeldes im Rahmen der Lockerungsschritten.“

  • Kontrolle auf Hinweise für Kontakte zu gewaltbereiten Gesinnungsgenossen.“

  • Voraussetzung für Lockerungen, dass sich MC dazu bereit erklärt, Kontrollen bezüglich seiner Aktivitäten zuzulassen und sich mit der Justiz auf gemeinsame Ziele bezüglich der Resozialisierung einigen kann (Fokus: neues delinquenzfernes Umfeld aufbauen).“

Und zum wiederholten Mal:

  • MC sich dazu bereit erklären würde, sich ein neues, delinquenzfernes Umfeld aufzubauen.“ und zum Kontrollbedarf „macht nur dann Sinn, wenn sich diese Bereiche tatsächlich gut kontrollierbar erweisen und eine Reaktion erfolgen könnte“ und weiter „MC müsste selbst aktiv an einer Kontrolle mitarbeiten. Weiter müsste er glaubhaft verdeutlichen, dass er von möglichen kriminellen Handlungen sowohl aktiv-führend als auch passiv-planend oder unterstützend ablässt und sich auch nicht in ensprechend gefährdender Gesellschaft aufhält.“

Im Klartext: Marco muss sich von seinem sehr grossen, langjährigen und internationalen GenossInnen, FreundInnen und Bekannten lossagen, ein neues, mit Hilfe und unter Kontrolle der Vollzugsbehörde, „deliktfernes“ aufbauen, damit ein „Vollzugsplan mit realistischer Lockerungperspektive“ in Frage kommt.

Blicken wir zurück: Wie im Dezember 2014 bekannt wurde, hat das Bundesgericht in Lausanne die bedingte Freilassung von Marco verweigert, welche ihm nach dem Absitzen von mehr als zwei Drittel seiner Strafe grundsätzlich zustehen würde. Das Gericht stützte sich dabei auf die übliche Phrasen, welche es von vorhergehenden Gerichtsinstanzen übernahm. Aufgrund der ausbleibenden Distanzierung von seiner politischen Identität sei Marco nicht bedingt zu entlassen, so lautete das Verdikt. Zugleich wies das Bundesgericht darauf hin, dass aufgrund des nahenden Strafendes im Jahr 2018 „(Strafvollzugs)-lockerungen ernsthaft zu prüfen sind.“

Das kantonale Amt für Justizvollzug hat auf den Wink mit dem Zaunpfahl reagiert und Abklärungen in die Wege geleitet. In einem längeren Bericht, der oben genannten ROS-Abklärung, legen sie ausführlich dar, warum erstens Marco weiterhin nicht freizulassen sei und zweitens Vollzugslockerungen nicht angebracht seien. Erarbeitet wurde dieser Bericht vom forensisch-psychiatrischen Dienst des Amtes, welcher von Frank Urbaniok geleitet wird. Wie nicht anders zu erwarten war, hat dieser Dienst ein weiteres Mal primär die politische Identität von Marco im Visier. Wie soll es auch sonst sein, schliesslich verweigert Marco die Zusammenarbeit mit diesem Dienst, welcher unter dem Deckmantel der Psychiatrie letztlich vorantreibender Akteur in Richtung einer Nulltoleranz-Gesellschaft zugunsten der absoluten Sicherheit ist (während zugleich der Kapitalismus die grössten Risiken und Konflikte produziert).

Zudem ist klar, dass Marco’s politische Identität sicherlich nicht Gegenstand psychiatrischer Aufarbeitungen sein kann. Denn was das Amt schreibt, heisst letztlich: Wer sich nach all den Jahren nach wie vor „stark und aktiv mit seiner Ideologie auseinandersetzt“, hat eine psychische Störung. Es ist nur nachvollziehbar, dass sich Marco nicht auf dieses entpolitisierende und diffamierende Niveau herablässt.

Entsprechend ist der Bericht trotz seiner Länge inhaltlich dürr, immer klarer zeichnet sich ab, dass das Amt alles tut, um ihn nicht bedingt zu entlassen und dafür die Definitionsmacht der forensischen Psychiatrie in die Schuhe schiebt. Feige verhindern sie somit jede Form von Vollzugslockerungen.

So lange wie der Dienst sein Mantra von der „delinquenzfördernden Weltanschauung mit ausgeprägter Gewaltbereitschaft“ wiederholt und von Marco eine Pathologisierung seiner Identität sowie eine Distanzierung von seinen GenossInnen und FreundInnen verlangt, so lange werden die Berichte dieses Amtes negativ ausfallen und damit sämtliche Schritte in Richtung Vollzugslockerung sabotieren. Marco schreibt dazu, dass die erstmals aufgestellte Handlungsempfehlung, sich von seinem bisherigen Umfeld loszusagen „das soziale und existentielle Todesurteil durch den praktisch totalen Bruch mit dem gesamten langjährig eigenen Lebens-Umfeld, durch den Bruch vor allem mit allen wichtigen, nächsten und geliebten Menschen“ darstellt.

2018 steht das definitive Strafende für Marco bevor. Ihr politischer Angriff gegen ihn und das, was er repräsentiert, ist konstant und klar. Immer wieder zielen sie auf seine politische Identität, versuchen sie nun mittels forensischer Psychiatrie zu pathologisieren, und stellen Forderungen auf, die eine klare Machtdemonstration des Staates darstellt. Es ist die Macht des Staates, die definiert , bestimmt und mittels seiner Respressionsorgane durchzusetzen versucht, wer überwacht, vertrieben, oder weggesperrt wird. Im Fall von Marco, bleibt es so, bis er sich von seiner politischen Haltung, Identität und in langen Jahren aufgebautem Umfeld lossagt, abschwört, um gebrochen in den Schoss der bürgerlichen Gesellschaftsordnung zu fallen.

Die erpresserischen Machtdemonstrationen des Staates haben viele Facetten, nicht wenige davon kennen wir aus unserem Kampf , z.B. um öffentlichen Raum wie am 1. Mai, gegen die profitorientierte Stadtentwicklung, im Arbeitskampf, gegen Migrationspolitik, usw.

Die staatliche Machtdemonstration gegen Marco ist eine, die uns alle betrifft!

Sein Kampf, im aufrechten Gang endlich den Knast zu verlassen, um ein Leben in selbstbestimmter Würde zu führen, ist auch unser Kampf!

Internationale Solidarität ist darin eine wichtige Waffe – setzen wir sie ein.

Marco libero!

Rote Hilfe Schweiz
15.05.2015

Marco Camenisch zu den neusten Entwicklungen

Erklärung der Roten Hilfe zum Bundesgerichtsurteil von Lausanne

www.rotehilfech.noblogs.org

Marco: Mai 2015: 6. Update Nichtfreilassung

Forensisch-psychologische Einschätzung: „Haftlockerungen“/“Resozialisierung“ jain…
aber nur wenn…

Wie nach Rote-Hilfen-Info hat das Bundesgericht Ende 2014 die ein Jahr zuvor eingereichte Beschwerde gegen die vom Amt für Justizvollzug (AJV) ZH nicht gewährte bedingte Freilassung abgelehnt aber immerhin den Beginn einer „Resozialisierung“ bzw. von „Vollzugslockerungen“ hinsichtlich des bevorstehenden Strafendes im Mai 2018 angemahnt.

Mein Rechtsvertreter forderte den „Fallverantwortlichen“ des AJVs auf, sich zur Folgeleistung (oder nicht) dieser Mahnung (und der gleichlautenden Meinung zweier Gefängnisse) zu äussern. Der Verantwortliche erklärte, man müsse wohl mal in diesem Sinne vorgehen, aber zuerst eine (nicht unbedingt bindende) sogenannte ROS-Abklärung (Risikoorientierter Strafvollzug) der Abteilung für forensisch-psychologische Abklärung der Bewährungs- und Vollzugsdienste des Amtes einholen.

In einer grenzenlos risikofreudig gemachten Katastrophengesellschaft(!) gehört die ROS-Abklärung
zu einem „potenzierten“ Kontroll- und Einschätzungsmodus („Dreiaugenprinzip“) im AJV-ZH zu „Lockerungen“ und Freilassungen für „gefährliche Klienten“, der vom Kanton ZH eingeführt und bis jetzt von weiteren drei Kantonen nachgeäfft wurde.

Ende April 2015 (schon fast olympiaverdächtig…)ist die „Abklärung“ von ganzen 24 Seiten, die hier beiliegen oder jedenfalls öffentlich zugänglich gemacht werden, mit der Ankündigung eingegangen, „Die konkrete weitere Vollzugsplanung werden wir Ihnen ca. Mitte Mai 2015 mitteilen.“. Zu dieser „konkreten Planung“ könnte eine (baldige) „Anhörung“ des betreffenden „Klienten“ gehören.

Also hat das Mäuslein bzw. eine forensisch-psychologische „Sachbearbeiterin“ auf Aktengrundlage einen „wissenschaftlichen“ Berg namens Standardisiertes Risk-Assessement mit Obszönitäten wie 1) PCL-R (Psychopathy Checklist-Revised; Hare, 2003, 2) VRAG (Violence Risk Appraisal Guide; Harris et al., 1993) und 3) Fotres(Urbaniok, 2006)geboren.

Fotres ist ein pseudowissenschaftlicher computerisierter Katalog mit tausenden anzukreuzenden Kästchen zur „Berechnung“, in bester Lomboso- oder Bleuler- Tradition, von Dingen wie etwa „Gefährlichkeit“ oder „Rückfallgefahr“. Der Katalog wurde vom deutschen forensischen Psychiater und Chef des psychiatrisch-psychologischen Dienstes (PPD) des AJV-ZH ausgearbeitet und wird von ihm und seiner AJV-PPD-Bande et al. angewendet und mit natürlich privaten „kollateralen“ Millionengewinnen international verdealt. Urbaniok ist in Deutschland vorbestraft und ein fanatischer forensischer mit der Pharmaindustrie eng verbandelter „Gutachter/Therapeut“, der mit demselben sektiererischen Fanatismus seiner politischen Seilschaft im Kanton und Land eine immer massivere Anwendung von Verwahrungen auf unbestimmte Zeit produziert und heiss befürwortet.

Die „Sachbearbeiterin“ zieht aus diesem Sammelsurium an Punktzahlen, standardisierten „Erhebungen“ und mit Lügen, Verfälschungen, Verdrängungen und Unterstellungen gespickten Akten unter Einverständnis ihres Abteilungsleiters, ein Rechtspsychologe FSP/SGRP und Forensischer Prognostiker IOT (wow!), u.a. die folgenden so realitätsfremden und linientreuen wie äusserst widerwärtigen „Schlüsse“, „Empfehlungen“ und „Voraussetzungen“ für „Vollzugslockerungen“ und eine „Resozialisierung“.

Als hätten sich in etwa AKWs und das ganze technologisch-wissenschaftliche totalitäre Klassensystem inzwischen sowieso als Jungbrunnen z.B. der gerechten Verteilung des „Reichtums“, der Friedens- und Arterhaltung und des Lebens auf dem Planeten erwiesen…
seht, klar doch, wieder einmal meine „deliktfördernde Weltanschauung“ im Vordergrund, was zur weiteren sozialpolitischen Diffamierung und Entpolitisierung mit den in totalitären Systemen üblichen Prisen an „spezifischer Psychopathologie“, „Persönlichkeitsstörung“, „Dissozialität“ und ähnlich pseudowissenschaftlichem Schwachsinn gewürzt wird.

Natürlich wäre eine politische Distanzierung „erwünscht“.
Was im inquisitorischen Klartext eine totale Unterwerfung unter den aktuell herrschenden staatlich-kapitalistischen Totalitarismus und die bedingungslose Konvertierung zu seinem so mächtigen wie illusorischen Einheitsdenken heisst. Oder, konkreter, die Verleugnung der historischen und aktuellen okzidentalen Realität und ihrer allumfassenden Krise, die Verleugnung meiner selbst, meines gesamten Seins und damit auch Aller, die wie ich dem Totalitarismus, seinem Einheitsdenken, seiner katastrophal mörderischen und gewalttätigen Ideologie und Praxis ernsthafte politische Analysen, Widerstände und Strategien zu dessen dringlichster Überwindung entgegenzustellen versuchen. Eine Überwindung, die nichts weniger als eine Überlebensfrage für die Menschheit ist.

Als „zwingende Voraussetzung“ betrachtet man weiter Kontrollen, die Bereitschaft, an Kontrollen mitzuwirken und, unglaublich gescheit und logisch formuliert(!), „eine glaubhafte Verdeutlichung“, dass der „Klient“ „von möglichen kriminellen Handlungen sowohl aktiv-durchführend als auch passiv-planend und unterstützend ablässt“. „Unterstützend“? Gleich Maulkorb.

Inklusive, und hier bricht die dummdreiste und krankhafte Paranoia der verunsicherten Macht in klarster und grausamster Art und Weise ans Licht der Sonne, ein Kontaktverbot mit „entsprechend gefährdender Gesellschaft“.

Diese so lächerlich obskur wie willkürlich „formulierte“ Forderung heisst in der realen Konsequenz (und erst noch in weit fortgeschrittenem Lebensalter) das soziale und existentielle Todesurteil durch den praktisch totalen Bruch mit dem gesamten langjährig eigenen Lebens-Umfeld, durch den Bruch vor allem mit allen wichtigen, nächsten und geliebten Menschen!

Als Spitze der Verhöhnung fordert diese ach so lebenserfahrene, unideologische, soziale und natürlich äusserst mutige Akademikerbande von ihrem steuergeldgemästeten Elfenbeinturm herab abschliessend den „Aufbau eines neuen sozialen Umfeldes“ (echt!).

Sprachlos? Sicher nicht. Denn:solange sie straflos und an der Macht bleiben, werden sie auch wüten. Bis zum Aussterben der Spezies!

marco camenisch, Bostadel, Mai 2015