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Palästina: Der Fall Allaan schlägt hohe Wellen

Hungerstreik eines palästinensischen Häftlings sorgt für Spannungen auf allen Seiten
Seit mehr als 60 Tagen befindet sich ein palästinensischer Häftling im Hungerstreik. Israels Regierung will seine Zwangsernährung durchsetzen. Denn falls er sterbe, drohten Anschläge, heißt es.
Von Oliver Eberhardt nd 17.8.15

Der Zustand des Patienten Mohammad Allaan wird von Minute zu Minute kritischer: Am Freitag teilte man seinem Anwalt mit, sein Mandant sei ins Koma gefallen. Die israelischen Ärzte verabreichen ihm salzhaltige Flüssigkeit, haben ihn an ein Beatmungsgerät angeschlossen.

Mehr können die Mediziner nicht tun. Und wollen es auch nicht. »Wir gehen strikt nach den Regeln der Ethikkommission vor«, heißt es in einer Stellungnahme des Barzilai-Krankenhauses in Aschkelon. Denn Allaan, ein Anwalt aus der Nähe von Nablus, befindet sich seit mehr als 60 Tagen im Hungerstreik, um gegen seine Inhaftierung zu protestieren: Vor neun Monaten war er in sogenannte »Verwaltungshaft« genommen worden. Dabei werden Personen ohne Urteil für bis zu sechs Monate auf Anordnung des Verteidigungsministers festgehalten; sie kann von einem Richter beliebig oft verlängert werden. 370 Palästinenser und vier Israelis sind davon aktuell betroffen.

Der Fall Allaan hat in Palästina eine Welle der Solidarität, aber auch Wut ausgelöst: Denn auch wenn Hungerstreiks bei den rund 5440 palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen relativ oft vorkommen, ist die Zahl derjenigen, die für längere Zeit die Nahrungsaufnahme verweigern, oder gar den Tod in Kauf nehmen, selten. Am Sonntag demonstrierten in mehreren palästinensischen Städten und in den arabischen Bevölkerungszentren im Norden Israels Hunderte; der Ruf nach Gefängnisaufständen wurde laut. In der Woche zuvor wurden im Westjordanland israelische Soldaten mit Steinen beworfen; bei einem Messerangriff starb ein Soldat.

Was Allaan vorgeworfen wird, wissen weder er noch sein Anwalt. Regierung und Ermittlungsbehörden sagen nur vage, er habe »Verbindungen« zum Islamischen Dschihad. Die Akteneinsicht wurde unter Verweis auf den Informantenschutz verweigert; auch dies: Routine vor israelischen Gerichten – eine Praxis, die allerdings seit Kurzem auch zunehmend auf Israelis angewandt wird, die in Verbindung mit gewaltbereiten ultra-nationalistischen Gruppen stehen.

Gefängnisverwaltung und Regierung sind dazu verpflichtet, Suizide von Gefangenen zu verhindern, »wenn dies«, so ein Urteil des Obersten Gerichtshofes, »ohne Gefahr für Dritte möglich ist.« Die reine Mitgliedschaft in einer verbotenen Gruppierung begründe allein noch keine solche Gefährdung.

Damit bleiben dem Staat nur zwei Möglichkeiten: Entweder man geht auf die Forderungen ein. Tatsächlich wurden in der Vergangenheit, zuletzt vor einigen Wochen, Verwaltungshäftlinge im Hungerstreik kurzerhand freigelassen; bei Verurteilten einigte man sich Hafterleichterungen.

Doch im Fall Allaan kam es zur Konfrontation, nachdem einige Koalitionsparteien erklärt hatten, dass sie jedes weitere Zugeständnis an palästinensische Gefangene ablehnen: Man müsse nun einen vor Kurzem geschaffenen Paragrafen anwenden, der die bislang verbotene Zwangsernährung legalisiert. Damit solle künftig verhindert werden, »dass Terroristen die Regierung nach Belieben herum kommandieren«, so ein Sprecher der Regierung.

Allerdings: Dabei hatte man die Rechnung ohne die Ärzteschaft gemacht. Nachdem sich der Zustand Allaans verschlechtert hatte, versuchte man in mehreren Krankenhäusern Ärzte zu finden, die die Zwangsernährung durchführen – vergeblich: Die Ethikkommission hatte die zur Verfügung stehenden Methoden als Folter eingestuft; es sei nicht möglich, Patienten in diesem Zustand zu betäuben.

Bei der Regierung kontert man, die Ärzteschaft setze damit Menschenleben aufs Spiel: Sollte Allaan sterben, drohten Unruhen und Anschläge. Eine Sorge, die nicht unbegründet ist: Der Islamische Dschihad, eine kleine, radikale palästinensische Gruppe rechts der Hamas, die vor allem im Gazastreifen und im nördlichen Westjordanland einige Unterstützung genießt, hat Israel Anschläge angedroht, falls Allaan sterben sollte. Aus Sicht der palästinensischen Regierung in Ramallah ist es wahrscheinlich, dass die Organisation die Chance nutzen wird, um sich gegen die große Rivalin Hamas zu behaupten, der vor allem im Gazastreifen zunehmend Schwäche vorgeworfen wird.

PFLP: Hunger strike to be launched

The prison branch of the Popular Front for the Liberation of Palestine, headed by national leader Ahmad Sa’adat, will launch an open hunger strike on Tuesday [11 August], following a stalemate in the negotiations with the Prison administration, brought about by the Prison Service’s intransigence in response to the just demands of the prisoners. In addition, today a military order was issued extending the security prohibition against leader Sa’adat, denying him family visits for an additional three months.

The prison branch confirmed that the Front’s prisoners, led by Sa’adat, have decided to fight a long and difficult battle with the occupation which is not conditioned by any covenants or undertakings, after exhausting all options in order to impel the occupier to respond to the demands of the prisoners.

The PFLP prisoners called on the masses of our people, the Arab and Muslim communities and countries, and the forces of justice and freedom in the world to provide the widest support and solidarity to the struggle of the prisoners’ national movement in the battles of confrontation and steadfastness they are waging around the clock against the prison and intelligence officials of the occupation. The breadth and depth of solidarity gives prisoners inspiration to continue the struggle until their rights are achieved in full.

The imprisoned comrades will strike to demand an end to the prohibitions on family visits for Palestinian prisoners including the orders against Comrade Ahmad Sa’adat; and to demand medical care for sick prisoners, an end to the policy of administrative detention, improvements in conditions inside the prisons and a ban on invasions and raids by Zionist special units against the prisoners.

Source: http://pflp.ps/english/2015/08/09/pflp-prisoners-to-launch-hunger-strike-tuesday-led-by-comrade-saadat/

Palästinensischer Verantwortlicher: Äußerungen Liebermanns über Hinrichtung palästinensischer Gefangene sind unmenschlich

Ramallah (IRNA) – Der Leiter der Organisation für palästinensische Gefangene in Israel, Issa Qaraqe, hat die Äußerungen des israelischen Außenministers, der die Hinrichtung palästinensischer Gefangene gefordert hatte, als unmenschlich und rassistisch verurteilt; sie würden alle internationalen Gesetze brechen.
Qaraqe sagte gestern zu XINHUA: Die Äußerungen von Liebermann sind Zeichen des Rassismus und der Hetze zum Hass und Feindseligkeit. Damit stellt er die Genehmigung zum Mord an Gefangenen und Einsatz aller Mittel gegen die Menschlichkeit und zum Chaos aus. Liebermann verletzt mit seinen Worten alle internationalen Gesetze und allen voran die 4. Genfer Konvention, die die Besatzer für das Leben der Gefangenen verantwortlich macht. Radio Israel hatte unter Berufung auf Liebermann berichtet, Israel müsse manche palästinensische Häftlinge hinrichten, denn ihre Freiheit oder ihr Austausch würde die Möglichkeiten zum Vergeltungsschlag schwächen. Zurzeit werden rund 7000 Palästinenser in israelischen Gefängnissen festgehalten, die meisten ohne Anklage oder Gerichtsverfahren und nur durch willkürliche Verhaftungen.

Georges Abdallah: Nein, meine Herren, Ihr Gericht ist alles andere als unpolitisch (1)

13. November 2014

Am 5.November hat eine Instanz der französischen Justiz den Antrag von Georges Abdallah auf Freilassung für unzulässig erklärt.
Georges Abdallah ist seit über 30 Jahren in Frankreich im Knast. 1984 wurde der arabische Revolutionär in Lyon verhaftet und seitdem ist er in den Händen französischer Kerkermeister. Über 30 Jahre Knast und seine Anträge auf Freilassung auf juristischem Weg sind unzulässig!

Ende 2003 hatte ein vermutlich zu unabhängiger Richter seine Freilassung verfügt. Sofort, und auf direkte Intervention der USA, wurde diese Freilassung annulliert. Der damalige Justizminister liess das Gesetz ändern, damit kein Provinzrichter mehr völlig unabhängig über die Freilassung eines politischen Gefangenen vom Format Georges Abdallahs entscheiden können soll.
Seitdem endet jeder Antrag Georges Abdallahs auf Freilassung unweigerlich mit einer Ablehnung.

Jahr für Jahr erinnert diese juristische Zeremonie an eine nicht enden wollende Maskerade. Die Entscheidung für seine Freilassung kann nur eine politische Entscheidung sein. Die Nicht-Freilassung Georges Abdallahs liegt nicht zuletzt an der objektiven Verbundenheit zwischen dem französischen und dem US-Imperialismus. Die sozialistische Regierung spielt darin eine wichtige Rolle. Bereits 1986 haben sich die damaligen Präsidenten, der Sozialist Mitterand und der Republikaner Reagan darüber verständigt, dass Georges Abdallah nicht freigelassen werden sollte. Der Anwalt Kiejman, der die Interessen der US-Regierung im Prozess gegen Georges Abdallah vertreten hat und der immer noch offiziell interveniert, damit der libanesische Kommunist auf immer eingesperrt bleibt, war unter einer sozialistischen Regierung französischer Justizminister!

Auch derzeit bringen französische Minister der sozialistischen Regierung ihre ideelle Nähe zur US-Administration zum Ausdruck. Am 5. November 2014 wurde Georges Abdallahs Antrag von französischen Richtern für unzulässig erklärt. In diesem Zeitraum war Eric Holder, Attorney General der USA, der US-Justizminister, in Frankreich. Zwei Tage nach dem Georges Abdallahs Antrag für unzulässig erklärt worden war wurde anlässlich dieses Besuches ein Communiqué veröffentlicht:
„Die französische Justizministerin und der General Attorney haben sich über die Qualität der Beziehungen zwischen Frankreich und den USA im Bereich der Justiz und besonders im Kampf gegen den Terrorismus erfreut gezeigt.“(2) Am 7. November twitterte Mme Taubira (Anm. frz. Justizministerin) “Schönes Treffen mit Eric Holder, Justizminister der USA. Ein Verteidiger der Bürger- und Menschenrechte“ (3) Am 7. November bedankte sich die neue US-Botschafterin in Frankreich, Jane Hartley, herzlich bei Innenminister Caseneuve für den gemeinsamen Empfang mit Eric Holder. (4) Herr Cazeneuve ist der Innenminister, dessen Büros auf administrativem Weg die Freilassung von Georges Abdallah blockieren. (Anm.: 2012 hatte sich ein Gericht für Georges Freilassung ausgesprochen, sofern das Innenministerium einen Ausweisungsbeschluss unterschreibt. Dazu kam es nicht – Begründung: keine)

Und zu der Zeit unterzeichnen Frankreich und Saudi-Arabien einen Vertrag über 3 Milliarden Dollar, zur Ausrüstung der libanesischen Armee. Dieser Vertrag macht ein Drittel des jährlichen französischen Waffenexports aus (5). Und in der Zeit bleibt Georges Abdallah aufrecht hinter diesen scheusslichen Mauern des französischen Staates.

Die Lager sind klar abgesteckt.

Um Georges Abdallah Freilassung durchzusetzen muss sich auf einer anderen Grundlage eine neue, erfinderische, intensive Mobilisierung hier in Frankreich, besonders in den Stadtvierteln entwickeln. Der Kampf für die Freilassung von Georges Abdallah, für die Freilassung aller palästinensischen Gefangenen und für die Freiheit Palästinas geht weiter.

GenossInnen für die Freilassung von Georges Abdallah aus Bagnolet
13.11.2014

(1) «Non, Messieurs, votre Cour est loin d’être apolitique. Non, Messieurs, votre procès loin d’être légitime s’inscrit sur le drapeau légal de la guerre impérialiste menée contre notre peuple». Citation extraite de la déclaration de Georges Abdallah lors du procès de 1987. http://ledesordre.over-blog.com/article-25067039.html

(2) Communiqué Taubira : http://www.presse.justice.gouv.fr/archives-communiques-10095/archives-des-communiques-de-2014-12598/entretien-avec-eric-holder-attorney-general-des-etats-unis-27635.html

(3) Tweet Taubira : https://twitter.com/ChTaubira/status/530702814637740032

(4) Tweet Cazeneuve : https://twitter.com/USAmbFrance/status/530779237511208961

(5) L’histoire secrète du mégacontrat d’armement français au Liban : http://www.challenges.fr/entreprise/20141107.CHA0013/l-histoire-secrete-du-megacontrat-d-armement-francais-au-liban.html

Brief von Gülaferit Ünsal zum Solidaritätshungerstreik

Hallo ,

Ich habe einen dreitägigen Hungerstreik (18.-20. Juli) in Solidarität mit den griechischen Gefangenen gemacht. Isolation ist Folter.

Ich selber bin in einer Isolationszelle seit 2 Jahren und 3 Monaten. Ich
verstehe sehr gut die Situation der griech. Gefangenen. Ich war auch in griechischem Knast. Ich kenne die Bedingungen der griech. Gefangenen.
Du kennst die F-Typ Gefängnisse in der Türkei. 7-jähriges Todesfasten gegen Isolationszellen in der Türkei, gegen die F-Typ Gefängnisse. 122 Menschen sind gestorben im Widerstand gegen die F-Typ Gefängnisse.
Ich möchte kein neues Massaker irgendwo auf dieser Welt. Aber, Imperialismus & Faschismus wollen immer neue Massaker auf der Welt. Die Isolation ist eine kapitalistische Politik. Es steht nicht nur im Zusammenhang mit den Gefängnissen. Es entzieht einem das Gehirn. 7 Jahre
Todesfasten hat der ganzen Welt gezeigt, dass dies unmöglich ist. Jeder sollte Widerstand gegen die Isolation zeigen. Jeder kann es tun. Es ist möglich!
Dann noch eine andere Entwicklung. Mörder Israel hat Gaza bebommt. Ein Massaker in Palästina!
19.07.14: Israel tötete 260 Menschen
20.07.14: mehr als 350
30.000 Menschen sind in UN-Schulen. Sie warte auf Hilfe. Israel tötet Kinder und Frauen, Zivilisten.

Muhammed Ramiz Bkir – 9 Jahre alt
Ahid Bekir – 10 Jahre alt
Zekariya Bekir – 10 Jahre alt
Ismaiz Muhammed Bekir – 11 Jahre alt

Alle sind Brüder einer Familie.

Die Kinder haben in der Nähe des Meeres gespielt. Israelische Soldaten bombten 2 mal.
Die erste Bombe kam, als die Kinder lebten. Die zweite kam nur 30 Sekunden später, als die Kinder schon rannten. Israel tötete sie. Israel tötete viele Kinder. Ich protestiere gegen den Mörder Israel. Mein Herz schlägt für Palästina.

Wieso sind alle politische Gefangenen in Isolationszellen?

Das kapitalistische System möchte, dass wir nicht über andere Menschen nachdenken, dass wir die Schmerzen anderer Menschen nicht spüren.
Doch wir (ich bin) sind Menschen. Wir haben ein Herz und ein Gehirn. Wir fühlen, denken und können sehen. Isolationszellen können das nicht verhindern.
Grüße – Gülaferit Ünsal

20.07.2014