Category Archives: Knastkämpfe

Nikos Maziotis: Griechenland’s Zahlungsausfall und der Austritt aus der EU und dem EURO

Die SYRIZA Regierung bricht zusammen. Der griechische Zahlungsausfall und der Austrittsprozess aus der Eurozone, von den Kreditinstitutionen vorgesehen, begann schon 2010 und steht heute für den Anfang vom Ende der SYRIZA-Regierung. Die Umsetzung des Memorandum von 2010 steht für eine Phase im planmässigen griechischen Zahlungsausfall. Dieses Memorandum ist ein Beschluss der Überstaatlichen Wirtschaftselite zur Unterstützung und Sicherung des Euros und den Ausschluss eines Mitglieds was mittlerweile als Krebsgeschwür, der Krise und der Verschuldung, wahrgenommen wird. Der Zahlungsausfall wurde von der Überstaatlichen Wirtschaftselite stets als Voraussetzung für die Rettung des Landes gesehen. Man hat auch nie die Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern vernachlässigt. Dies wurde durch den Miteinbezug des IWF, EZB und der Europäischen Kommission nochmals versichert. Seit 2009 war Griechenland ein bankrottes Land, dies wusste sowohl die damalige Regierung von Georgios Papandreou als auch die EU. Seit 2010 vertrat die Überstaatliche Wirtschaftselite eine Zahlungseinstellungstaktik. Dies zum Schutz der Gläubiger die damals im Besitz von Griechenlandbonds waren, namentlich: französische, deutsche, britische und amerikanische Banken.

Das erste Ziel des Memorandum war ein Verbot gegen eine einseitige Aufhebung der Kreditrückerstattung seitens der Schuldner. In Folge dessen konnten alle Güter des Griechischen Staates eingefroren werden, um die Kreditrückzahlungen zu garantieren.

Zusätzlich wird nun kein griechisches Recht mehr, sondern angelsächsisches Recht angewendet. Dieses verbietet die Umwandlung des Kredits vom Euro in eine andere unterbewertete Währung. Der griechische Staat verzichtet auf die Souveränität der eigenen Güter, die nun alle unter Verwaltung der Kreditoren stehen. Das zweite Ziel des Memorandum war die Rückerstattung der griechischen Bonds und des Schuldentransfers an internationalen Organisationen wie der IWF, EZB und Mitgliederstaaten der EU. Dies gelang durch einen weiteren Kredit von 110 Billionen Euro, welcher die alten Schulden mit neuen ersetzt hat. Durch diesen Prozess der Vergrösserung des griechischen Bankrotts, konnten die Besitzer der griechischen Bonds ihre Abfall-Aktien mit kleinstem Verlust loswerden.

Dieser Prozess wurde auch mit dem PSI (Private Sector Involvement) vorangetrieben, als im März 2012 die Schulden umstrukturiert wurden. Die grossen Gewinner waren die ausländischen Banken und die grossen Verlierer die griechischen Banken, die griechischen Fonds für die soziale Sicherheit und die Kleinanleger.

Gleichzeitig drängte die Überstaatliche Wirtschafts- und Politikelite das Land in den Ruin. Dafür benutzte sie das Dilemma „Austerität oder Bankrottdesaster“ und vertrat für fünf Jahre eine Politik zivilen Völkermords und Euthanasie gegenüber der breiten Gesellschaftsschicht. Das Ergebnis sind tausende Tote und Arme, Hunger und Verelendung.

Das Endziel der Kreditgeber ist die Schaffung einer zweispurigen EU. Mit mächtigen Länder mit einem grossen Überschuss und schwächere die sich bei den anderen verschulden.

Wie wir von „Revolutionärer Kampf“ schon im Dezember 2008 in unserem Papier „Griechenland als Ausgangslage für den revolutionären Kampf machen“ sagten: Unser Austritt aus der EU und dem Euro ist heute eine Tatsache, die der Stärkung des Euros dient. Mit dem Voranschreiten der Krise und dem finanziellen Zusammenbruch eines europäischen Landes nach dem anderen, wird es für die EU, dem Euro und der ganzen Europäischen Union immer schwieriger zu überleben. Ein optimistisches Zukunftsszenario für die Union wäre eine Aufteilung, in der die stärkeren Länder mit grossem Überschuss über die schwächeren Länder bestimmen können. Periphere und bankrotte Länder der EU wären dann Protektorate, weil sie ihre politische und wirtschaftliche Souveränität aufgeben würden und den politischen wirtschaftlichen Direktiven der EU folge leisten müssten. Dieses Verhältnis wird von der EU gefördert und festigt einen „Zahlungsausfall Mechanismus.“

Fünf Jahre später konkretisiert sich dieser Prozess innerhalb der EU: der griechische Zahlungsausfall und der Ausstieg aus der Währungsunion. Durch diesen regelrechten Default-Prozess weiht Griechenland nun die zweite Spur der EU ein. Alle griechischen Regierungen sind, seit dem Jahr 2010, diesen Ambitionen der Überstaatlichen Wirtschaftselite treu geblieben.

Die SYRIZA – Regierung geht noch schneller unter als ihre Vorgänger Samaras und Papandreou. Die Kreditinstitute haben sich für den Zahlungsausfall und den Ausstieg aus der Währungsunion entschieden. Selbstverständlich ohne irgendwas an den Rückzahlungsverpflichtungen zu ändern. Dies obwohl die SYRIZA schon nach den ersten fünf Monaten ihr Wahlprogramm verworfen hatte. Sie stimmte einer Rückzahlung zu und der Erweiterung des Memorandum Nr. 2. Sie überschritt in den Verhandlungen viele ihre sogenannten „Roten Linien“ und erhoffte sich dadurch ein neues Memorandum zu unterschreiben. Ein Memorandum, das SYRIZA selbst als rigider bezeichnet hat als das vom ehemaligen Finanzminister Hardouvelis. Die SYRIZA hat in fünf Monaten folgendes bewiesen: die Nichtumsetzbarkeit ihres Programms, wie unmöglich es ist ihre keynesianischen Reformen im heutigen globalisierten Neoliberalismus innerhalb der EU anzuwenden, wie widersprüchlich es war die Rückzahlungsverpflichtung zu akzeptieren und gleichzeitig den Mindestlohn erhöhen zu wollen, den Privatisierungen zustimmen und dennoch innerhalb der privatisierten Unternehmen als Staat vertreten zu sein. Man wollte weitere Kredite verlangen, obschon man sich weigerte die vertraglichen Bedingungen einzuhalten, nachdem diese explizit angenommen wurden als Gegenleistung für eine Rückzahlungsverlängerung bis zum 20 Februar 2015. Man verstrickte sich in heiklen Verhandlungen und überschritt die „Roten Linien“ als neue Massnahmen des Memorandums akzeptiert wurden. Es wurden neue Steuern erhoben, die Mehrwertsteuer stieg, das Einkommen und die Arbeitslosenversicherung sanken, dafür stieg die Arbeitslosigkeit. Dadurch erhoffte man sich die Kreditinstitute zu erpressen und drohte die Raten des Darlehens nicht zu bezahlen. Gleichzeitig hatte die SYRIZA am 20 Februar zugestimmt, das es keine einseitige Aufhebung der Rückzahlung gäbe, die griechischen Güter nicht eingefroren und verkauft bei einer Rückzahlung.

Offensichtlich hielten die Geldgeber die SYRIZA –Regierung für einen vertrauenswürdigen Partner und eine gute Administration der griechischen Krise. Der Vorschlag der Regierung eine Abstimmung am 5 Juli zu veranstalten, um auf die Vorschläge der Kreditoren einzugehen oder verwerfen, ist lediglich ein Nachrichtenmanagement des sinkenden Schiffs. Hinzu kommen Verschwörungstheorien, Putschverdachte und eine Wiederholung der Geschehnisse des vom Juli 1965, welche den Umsturz wollen.

In Wahrheit bricht die SYRIZA unter ihren Widersprüchen und Stillstand zusammen. Für die Abstimmung gibt es keine Grundlage. Fünf Tagen vor der Abstimmung, am 30 Juni, endet das Austeritätsprogramm. Das Land befindet sich schon im Zahlungsverzug. Somit gibt es weder Neuverhandlungen noch einen Einigungsvorschlag mit den Kreditinstitutionen. Übrigens, das Ergebnis wird keinen Einfluss auf den Staatsbankrott und den Euroaustritt haben. Beides ist nicht mehr aufzuhalten, genau wie der Untergang der Regierung.

Bei einem „JA“ für den Vorschlag der Kreditinstitute, wäre der Untergang unmittelbar, da die Regierung ein „NEIN“ empfiehlt. Gäbe es eine „NEIN“-Mehrheit, würde die Regierung ein wenig Zeit gewinnen. Sie ist dennoch völlig unvorbereitet und unfähig mit den Konsequenzen eines Staatsbankrotts und den Euroausstieg umzugehen. Sie wird irgendwann Untergehen.

Unabhängig vom Wahlergebnis bietet diese Abstimmung keine Lösung. Es geht um das Dilemma Drachme oder Euro, es bietet aber keine Lösung für die Probleme der Bevölkerung.

Wie wir vom „Revolutionären Kampf“ schon gesagt haben, tilgt der Euroausstieg und die Wiederaufnahme der Drachme innerhalb der EU keineswegs die Schulden oder die Verpflichtungen gegenüber dem Memorandum. Eine der Richtlinien des Memorandum verbietet die Umwandlung des Kredits vom Euro in eine andere unterbewertete Währung. Die Drachme würde die Schulden sogar vergrössern.

Die Anwendung der entwerteten Drachme würde zusätzlich die Kaufkraft der Arbeiter senken und somit den gesamten Lebensstandard. Was Armut und Verarmung steigern würde. Das Problem wird nicht einfach durch die Währungsfrage gelöst. Wer glaubt der Euroaustritt innerhalb der EU sei eine radikale Lösung macht einen grossen Fehler. Der Euroaustritt ist ein Wunsch der Kreditinstitute, um aus einem Land ein Protektorat innerhalb der EU zu machen. Somit vereinfacht es den Verkaufsprozess für die Schuldenrückerstattung.

Nur eine Mobilisierung von unten, der Umsturz von Staat und Kapital durch eine revolutionäre Bewegung wird die Schulden tilgen, das Land von der EU, der NATO und der Marktwirtschaft befreien und eine radikale Lösung darstellen. Sie würde einen neuen Gesellschaftsvorschlag einbringen. Eine Gesellschaft. die auf den libertären Kommunismus basiert, aufbauend auf eine Föderation einzelner Gemeinschaften, Arbeiterräte und Volksversammlungen. Die Bankrottpolitik der SYRIZA, der Staatsbankrott und der Euroaustieg, dessen Konsequenzen nicht mal die Geldgeber selbst kennen, schaffen für revolutionäre Kräfte eine Vielzahl von Möglichkeiten für die von uns vorgeschlagene Umsturzperspektive.

Stimmenthaltung beim Referendum

Nein zum Euro oder Drachme Dilemma

Die einzige Lösung ist die soziale Revolution und die Bewaffnung des Volkes

Nikos Maziotis

Koridallos Gefängnis

28 Juni 2015

 

Quelle aus dem Englischen: http://rotehilfech.noblogs.org/post/2015/07/03/nikos-maziotis-greeces-default-and-exit-from-the-emu/

Gefangenen-Gewerkschaft im Frauenknast!

Kurz-Meldung des GG/BO-BuVo vom 7. Juli 2015

In der Frauenhaftanstalt Willich II in NRW haben sich aktuell etwa 25 inhaftierte Frauen der Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO) angeschlossen, um für vorenthaltene Rechte zu streiten. Der GG/BO-Organisierungsgrad liegt innerhalb der JVA bei etwa 15% der einsitzenden Frauen – Tendenz steigend.

Im Willicher Frauenknast existiert seit einigen Tagen die erste Sektion der GG/BO in einer JVA für Frauen. Unsere Sektionssprecherin in Willich II, die Kollegin Anja Meyer, hat sich mit ihren Kolleginnen auf den Weg gemacht, um für die legitimen Kernforderungen der GG/BO nach einer Einbeziehung der inhaftierten Beschäftigten in den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und in die Sozialversicherungen unter den gefangenen Arbeiterinnen zu mobilisieren. Somit wird die spezifische Frauenarbeit und soziale Lage hinter dem Mauerwerk dieser Haftanstalt sichtbar…

Die volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern, d.h. die Realisierung der grundgesetzlich garantierten Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 durchzusetzen, ist das erklärte Ziel der GG/BO – auch in Willich II und allen anderen JVA´en für Frauen.

Die aktiven Kolleginnen in Willich II setzen auf die konkrete Unterstützung von (Basis-)Gewerkschafter_innen sowie Engagierten in Gefangenenhilfs- und Menschenrechtsorganisationen, damit die soziale Frage hinter Gittern im Allgemeinen und die unter Verschluss gehaltene prekäre Arbeitswelt in den JVA-Betrieben im Besonderen zu einem breiten öffentlichen Thema werden.

Wenn ihr als Kolleg_innen unsere Kolleg_innen in der JVA Willich II unterstützen wollt, dann nehmt Kontakt mit ihnen auf, fragt, was sie sich als Unterstützung vorstellen und überlegt, was ihr – drinnen und draußen – realistischerweise umsetzen könnt:

Anja Meyer

– GG-Sprecherin der JVA Willich II –
Gartenstr. 2
47877 Willich

http://www.gefangenengewerkschaft.de/

Interview with anarchist prisoner Nikos Romanos (Greece)

Tell us a little bit about what has happened concerning the academic leave of absence you have demanded within the new judicial framework after your hunger strike in November-December 2014.

It goes like this: I completed 1/3 of the course as required by the new regulation and I made the request for educational leave. From that point on began the theater of the absurd. The prison board decided that the new regulation cannot be put into effect, it requires a joint ministerial decision and so it sent the request to the special appellate magistrate E. Nikopoulos, in line with the previous law. Nikopoulos issued a negative response because there is no ministerial decision and one cannot get into the merits of the application as the new judicial framework annuls and takes the place of the prior one. Based on the negative opinion of Nikopoulos, the Board rejected the leave request in its turn as the decision of the trial judge is binding.

In light of this fait accompli, SYRIZA -which during the hunger strike concentrated on electioneering and brutal political exploitation on the backs of the people who made up the polymorphic solidarity movement- plays the role of Pontius Pilate, just like its predecessors. But of course this should come as no surprise since we are talking about politicians- that is to say, total bastards, political swindlers, opportunists, hypocrites and professional chameleons, who for a small time wore the costume of the humanist to serve certain political purposes. Of course there are more important reasons for that development, but I’ll keep this explanation for a later question. Concerning the progress of my case, theoretically speaking, there should be a ministerial decree to implement the new regulation, but I don’t think there is much possibility for that to happen.

Do you think that behind the “delays” on the electronic monitoring wristband, there are political considerations or vindictive behavior directed against you?

I believe that in this instance there is not even a really existing electronic monitoring wristband, because regardless of the claims of the Department of Justice, we who are in prison know that there is not a single prisoner in any prison in Greece who has been released in this way. Every day many prisoners come and ask me about this issue and they all wonder why there is no one who has received an answer from the judicial councils to which they have made their applications. Because the inmates communicate with each other in prisons and keep updated on issues that concern them, I can say with confidence that there is no prisoner who has set foot outside of any prison in this way. Because this type of news would certainly create a scandal in such a well-known case, the seemingly faceless monster bureaucracy provides a solution to this problem.

Bureaucracy, however, is not something impersonal, rather this is the alibi of persons in positions of authority to pass off their responsibilities to something that supposedly surpasses them- to an invisible ally hidden behind legislative committees, technical consultants, stacks of papers, complex interpretations and false hopes. What I am saying, namely that there is no electronic monitoring bracelet currently available, and the Ministry of Justice is mocking prisoners to avoid a scandal is simply a fact that leaves no room for doubt and cannot be contradicted by anyone or any fact, since there is no prisoner who has been released or taken sabbatical leave in this way. Although unnecessary, I will bring up an example from Korydallos prison, of which I have had a personal view. There were some prisoners who are studying in various technical universities and, given the new judicial framework, wanted to ask for educational leave as now is the time for exams. Those who passed by the judicial council (and in order to avoid responsibility everyone on the council can hide behind a magistrate) were told really ridiculous lies- that the council could not get in touch with the secretariats of their schools and so asked them to come back in September. This fact means that the Prison Board has taken specific instructions from the Ministry of Justice in order to conceal the matter and to not allow to the surface the real causes of all of these maneuvers.

How do you judge the attitude of the new SYRIZA government?

To take things from the beginning, Syriza was a hostile arrangement long before it became government. Their role was to absorb social tensions, to gain political capital from participation in intermediate social struggles by presenting themselves as their institutional hand, to operate anti-insurrectionally in transferring the field of confrontation from the streets to bourgeois democratic politics. In a few words, they embodied in the best possible way the important political role of reformism. Moreover Tsipras himself before becoming prime minister had declared that without Syriza there would have been much more unrest and riots in Greece during the years of anti-government demonstrations. This shows that the implementation of a leftist political agenda in the opposition was, among other things, a political strategy selected to ensure social peace and to rebuild the damaged social contract upon new bases.

Democracy hides many aces up its sleeve to maintain social cohesion, and one of the weapons in its arsenal is the rapid alternation of roles on the political stage, reshuffling the deck, and also the assimilation of radical propositions that can turn against it. Turning to today, after the rise of Syriza to power, there are structural changes in rhetoric and huge internal contradictions. Of course, despite all of its contradictions, the reality that it imposes is one that still keeps in force the C-type prisons which continue to exist, since outside Domokos remain special police vehicles and isolation wards are still holding comrades, and since migrants continue to be marked with numbers before being sent to concentration camps. Furthermore, the invasion of occupied spaces, torturing hunger striking comrades, being responsible for vindictively keeping hostage relatives and partners of the CCF– like in Salamina where it launches the first place of exile in era of democracy- in signing trade partnerships with the murderers of the Palestinians, and which shortly will implement all the neoliberal policies that they were opposed to as the opposition; in short, Syriza fully retains all those geopolitical, economic and military commitments of a state that belongs to the capitalist periphery, while at the same time to throw dust in the eyes of leftist voters it actively supports some moth-eaten bureaucratic officials who maintain a leftist rhetoric, and yet when the hour comes for the political mutation of Syriza, they will be thrown out.

Seeing things from our point of view, the fact that we are anarchists means that even if Syriza was really a leftist government with radical politics it would still find us opposing it without any intention to sign a truce with these well-schooled magicians of illusion and organized oppression, and in opposition to the neo-communist gangrene that infects some anarchist circles, we long ago cut the umbilical cord of anarchy with the left. But it is important to be precise in our characterizations in order to analyze the reality that we have facing us.

Therefore, Syriza is a social democratic government, with pseudo-radical rhetoric that exploits a left political profile to gain control and influence over movements and subversive projects which potentially could turn against them. And let’s not forget that historically the political representation of capitalism with socialist forms has implemented the harshest economic and repressive policies in taking advantage of the endless and culpable sleep of the social majority. The most infuriating to our own circles is that there are several clowns who play at being anarchists, and who have the audacity to invite members of Syriza into “social centers” [untranslatable pun here: could also read ‘centers for the society of syriza’] and discuss with them profoundly ideological issues promoting a perception that whitewashes Syriza- which as we speak is the administrator of the state. A sad and similar thought-process as those who want to educate the fascists of Golden Dawn- as if the issue with the fascists or the managers of the state machine is to discuss our disagreements and not to fight them wherever we find them. All this would be a nice literary conversation for those who believe in democracy and its ideals, sleeping on pink clouds and dreaming of post-capitalist societies- except for the fact that anarchists have war with democracy and its exponents. In consequence of where we find ourselves, all who operate in whitewashing Syriza have no excuse.

Moreover, it has been only a short while since Stavros Theodorakis gave a tribute to some “protagonists” for the legality certificates which they have given to the state. For this threadbare opposition government and the crypto-Syriza, pseudo-ideological anarchists, as well as other hangers-on, the solution is simple: a stout tree and a strong rope. We stand by all those who remain friends of anarchist revolt and still insist on throwing Molotov cocktails at cops in Exarchia, who go on demonstrations to vandalize representations of sovereignty, who arm their minds with subversive plans and their hands with fire to burn the structures of the new order. To all who organize their deeds through informal anarchist direct action networks, where destructive intentions are joined horizontally and informally in a chaotic front that goes on the offensive by targeting persons and infrastructure that administer and defend this sick world that surrounds us.

What in your opinion is the place of violence in the anarchist movement?

Once again in recent times we have reached a turning point of the modern historical process. A bankrupt Greek capitalism has to cater, even if inconsistently, to the European Union and the global economy. And the reality is that it will continue to do so regardless of its political managers. The borders of Greece and Italy as the first host countries of migration from war zones are drenched in blood from the bodies of migrants. Transnational rivalries of powerful states increase and conflicts of geopolitical interests trigger outbreaks of unrest in many parts of the world. For anarchists, instability and worsening systemic violence across the diffuse spectrum of exploitative social relations is a challenge to organize effectively to become a powerful destabilizing factor of normality. An anarchist counter attack against the world of authority, of economists, of politicians, of cops, fascists, journalists, scientists, officers, managers and executives of multinationals, judicial officials, directors of prisons, bankers and their associates, the vigilantes and their willing servants of power. Faced with all these bastards who are the heart of the capitalist machine that beats to the rhythm of the social majority (who either out of indifference, fear, or complicity, contribute to protecting the heart of the beast), anarchy responds with the language of absolute violence, fire, explosions, armed rebellion, in this key assumption we begin formulating our strategies, deciding to rebel and join in the battle for total liberation. A revolt in the present time will be all-in, it will release within the revolutionary community real human relationships and will know to organize its attacks. This will be the vehicle to travel uncharted paths of freedom, enabling us to exist and live without receiving and giving instructions, without obeying, without crawling, but in a genuine way creating a new reality in the capitalist metropolises- the season of fear for the rulers and their minions, the dawn of our era, now and forever, until the end. Thus the position of organized revolutionary violence within the anarchist movement is the Alpha and Omega, it is the driving force for the qualitative evolution of an internal enemy that will cause nightmares for authority and bosses.

Do you consider that prison is a field of struggle for a political prisoner?

First we have to knock down the myths that hover over such places, such as the collective fantasy that wants the social identity of the prisoner to be a potentially revolutionary subject. Social identities- migrants, prisoners, workers, students- are societal subgroups that are dependent and feed in their own way the functioning of the capitalist world. In my view, free humanity appears where societal identities and their properties collapse, at the point where the individual decision for freedom creates a new unique and separate identity: the insurrectionary and iconoclast who attacks by any means necessary the enemies of freedom. For an anarchist who has decided to actively participate in the adventure of anarchist revolt, prison or even death are possible consequences of the choices made in the real world and not in a virtual reality where verbosity and fantasy are common. The prison is a temporary way-station for those hit by repression. It’s where our internal metal is tested in practice, the final point of major decisions and major internal changes. It’s a rotten social structure within which reigns brutality and subjugation, it’s the dark realm of power, the place of betrayal, the place where freedom is not only captured but for many humiliated and dragged bleeding between drugs, discipline and dirty corridors, where people learn to hate themselves. Thousands of analyses exist concerning prison and its inhabitants, so I’ll just repeat what Jean Marc Rouillan, an urban guerrilla of Action Direct, has said: the most appropriate people to talk about prison are those who spend a small portion of their life inside.

For the truth is that the more you spend your life in here, the more difficult it becomes to describe the function and structure of this really miserable community. In summary therefore, prison means slow death, social cannibalism, resignation to weakness, psychosomatic destruction, hard drugs, psychiatric pills, human waste piled in state landfills, discipline, hierarchy, religious fanaticism, tribal groupings and pervasive racism, nationalistic notions of every shade, confined waiting, self-destruction, deadlocks, murderous feelings, covert coercion, general immobility, and fixation. It is no exaggeration to say that the society of prisoners is the bastard child of capitalist society, a well-oiled killing machine made of ice wherein lies the entire surplus ugliness of the modern world. This does not mean that within the prison there are not minorities of people who have oriented their lives towards dignity, and with whom we can develop friendly relations or even comradeship. Returning to the original part of the question, I think that in this test there should never be forgotten responsibility towards the final goal and dedication to the common cause. Never regretting, never with bowed head, forever dangerous to this civilization of voluntary slavery and submission. For this reason anarchist struggles in prison can surely find a way to create chances to become a danger for the enemy. With texts and analyses, with small and large refusals, with hunger strikes, the thread of anarchic revolt continues to be woven so long as the flame of destruction burns in our hearts. With this understanding prison becomes a field of struggle for the promotion of subversive struggle and anarchy.

http://thebarbariantimes.espivblogs.net

Brasilien | Rio de Janeiro | Igor Mendes ist frei!

Igor Mendes wurde am 3. Dezember letzten Jahres in Rio de Janeiro von der brasilianischen Polizei verhaftet und in den Knast geworfen. Jetzt wurde er nach über 200 Tagen Haft freigelassen. Igor Mendes ist Geografiestudent an der Pädagogischen Universität von Rio de Janeiro und politischer Aktivist der Revolutionären Studentenbewegung des Volkes (auf Portugiesisch abgekürzt MEPR) und der Unabhängigen Volksfront – Rio de Janeiro (auf P. abgek. FIP – RJ). Wie viele andere Jugendliche in Brasilien nahm auch er an den großen Demonstrationen gegen die FIFA und die Olympiade Mitte 2013, gegen Polizeigewalt und gegen die militärische Besetzung der Armenviertel (Favelas) durch die sogenannte Befriedungspolizei (auf P. abgek. UPP) und die Armee teil, die oftmals in große Kämpfe mit der Polizei des reaktionären brasilianischen Staates umschlugen. Vorwand für seine Verhaftung war die angebliche Missachtung einer Auflage der brasilianischen Behörden, nicht an Versammlungen teilzunehmen, da seine Anwesenheit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle.

Die FIP, in der Igor Mendes aktiv ist, ist ein Bündnis unterschiedlicher politischer Gruppen, in denen vor allem Jugendliche organisiert sind. Darunter sind Kommunisten, Anarchisten, Autonome und auch der brasilianische Ableger von Anonymous. Die Front vereint sie alle gemeinsam im Kampf gegen den reaktionären brasilianischen Staat und den Imperialismus. Die FIP hat dafür ein gemeinsames Grundsatzprogramm verfasst, das aus vier Punkten besteht: 1.) Weg mit Cabral und der Wahlfarce; 2.) ein Ende der Polizeigewalt; 3.) Recht auf öffentlichen Raum und 4.) Recht auf die Naturschätze Brasiliens. Mit Cabral ist dabei der ehemalige Gouverneur von Rio gemeint, der maßgeblich für das Programm der Mörderbanden der UPP verantwortlich ist, die die Favelas terrorisieren. Die vier Forderungen haben haben jeweils ihre untergeordneten Forderungen, durch die sie konkretisiert werden, wie beispielsweise die Abschaffung der Militärpolizei, kostenlose Verkehrsmittel, ein Ende der Versteigerung des Erdöles und dessen Kontrolle durch die Arbeiter. Die FIP ist vor allem in den Städten Rio de Janeiro und Sao Paulo aktiv und hat besonders durch die Proteste gegen die Erhöhung der Preise der öffentlichen Verkehrsmittel und gegen die FIFA Weltmeisterschaft eine breite Arbeit entwickelt, sie organisierte aber auch Proteste gegen den Wassermangel in den Städten und unterstützte Aktionen der Liga der armen Bauern auf dem Land. So konkretisiert sich in der FIP die Einheitsfront in den Städten. Die Kämpfe des Volkes gegen den Staat und den Imperialismus, der Brasilien in seiner halbfeudalen und halbkolonialen Situation gefangen hält, werden zusammengefasst und unter der Beteiligung der Massen geführt. Die Organisationen die in der FIP vertreten sind lassen sich von ihrem Kampf nicht ablenken durch kleingeistige und individuelle Vorlieben, durch persönliche Differenzen und Intrigen oder die Realität ihrer ideologischen Differenzen. Mit einem festen Grundsatzprogramm, das gegen den bürgerlichen reaktionären Staat und den Imperialismus gerichtet ist, entwickelt sie ihre Arbeit und zeigt dadurch wie richtig und wichtig sie ist. So leistet die FIP einen wichtigen Beitrag bei der Politisierung und Organisierung der Massen in Brasilien und somit auch zur Revolution.

Seit seiner Verhaftung versuchte der brasilianische Staat Igor Mendes und andere Aktivisten die am gleichen Tag verhaftet wurden im Knast verrotten zu lassen. Seine Freilassung ist auch das Ergebnis der kraftvollen Solidaritätskampagne für seine Freilassung, die die brasilianischen Genossen entwickelt haben, diese erhielt große internationale Unterstützung. Überall in Brasilien und auf der Welt wurden Aktionen für seine Freilassung durchgeführt, ob Graffiti, Kundgebungen oder Solidaritätsbotschaften. Wie wichtig diese Arbeit ist beschreibt Igor Mendes in seinem Brief, den er anlässlich des 180. Tages seiner Gefangenschaft geschrieben hat, darin beschreibt er ein Gespräch mit einem Gefängniswärter:

Wärter: Ich hab deinen Namen auf der Straße gesehen.
Igor: Achja? Einige Nachrichten in der Zeitung?
Wärter: Nein. Auf die Wand gesprüht.

Seine Reaktion darauf beschreibt er so: „Eine Entlastung ging durch meinen Körper. Es ist diese Beharrlichkeit und Tapferkeit und Solidarität die uns den Sieg erlauben wird, in einer hellen Morgensonne in der Zukunft.“ Seine Worte fassen die Wichtigkeit der Solidaritätsarbeit perfekt zusammen. Diesen Kampfgeist Igor Mendes und den Geist der Einheitsfront der FIP gilt es weiterzutragen, über die Grenzen Brasiliens hinaus, auch hier in Deutschland, damit die Jugend als aufgehende Morgensonne ihren revolutionären Charakter voll entfalten kann und somit einen Betrag zur Revolution in Deutschland und zur Weltrevolution leisten kann. Wir freuen uns sehr über die Freilassung von Igor Mendes und senden den brasilianischen Genossen unsere revolutionären Grüße.

Quelle: https://demvolkedienen.wordpress.com/2015/06/26/brasilien-rio-de-janeiro-igor-mendes-ist-frei/

GEWERKSCHAFT HINTER GITTERN

Erfahrungen aus einem Jahr Gewerkschaftsarbeit – vier Fragen an Oliver Rast (GG/BO)

Wer oder was ist die Gefangenengewerkschaft? Wofür steht sie und was sind ihre Ziele?

Wir haben uns im Mai letzten Jahres als selbstorganisierte Gewerkschaftsinitiative von Gefangenen in der JVA Tegel gegründet. Die Gefangenen kommen Tag für Tag an der Werkbank zusammen und werden dort mit ihrer hochgradig prekären Arbeitssituation konfrontiert: Billiglohn, Akkordhetze und keine Rentenversicherung, was für viele nach der Entlassung das direkte Ticket in die Altersarmut bedeutet. Dabei konzentrieren wir uns aktuell auf zwei Kernforderungen: Sozialversicherungspflicht für inhaftierte Beschäftigte und die Einbeziehung der arbeitenden Gefangenen in den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Über diese Etappen streben wir die volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern an. Begriffe wie Solidarität, Autonomie, Emanzipation und Sozialreform sollen innerhalb der Gefangenenpopulation keine Fremdwörter mehr sein – wir wissen, dass das ein hoher Anspruch ist.

Die Gefangenengewerkschaft gibt es nun seit einem Jahr. Was habt ihr bisher erreicht?

Zunächst einmal ist es uns gelungen, dass sich Gefangene im Verbund mit solidarischen nicht inhaftierten KollegInnen vor den Knasttoren eine eigenständige und selbstbestimmte Lobby in Sachen Gewerkschaftsfragen geschaffen haben. Die bislang unter Verschluss gehaltene Arbeitswelt hinter Gittern konnte ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Wir sind aktuell in 45 Knästen der BRD mit knapp 600 Mitgliedern präsent. Wir fahren seit Monaten ein Pensum, das uns an den Rand unserer eigenen Kapazitäten bringt – oft auch darüber hinaus!

Welche Möglichkeiten politischer Gewerkschaftsarbeit gibt es innerhalb der Gefängnismauern?

Hier sind den AktivistInnen in den Haftanstalten sprichwörtlich enge Grenzen gesetzt. Dennoch versuchen wir verschiedene Initiativen anzuleiern. Wir haben z.B. eine „Aktivierende Untersuchung“ unter den gefangenen GG/BO-Mitgliedern gestartet, um anhand einer kleinen statistischen Erhebung die „Sonderwirtschaftszone Knast“ unter die Lupe zu nehmen. Mit der anschließenden Auswertung des Datenmaterials wollen wir unseren bundesweit geplanten Aktionstag gegen die staatlich sanktionierte Billiglöhnerei hinter Gittern offensiv thematisieren. Des Weiteren haben wir ein Antragsschreiben aufgesetzt, damit die inhaftierten KollegInnen gegenüber der JVA-Arbeitsverwaltung ihren Mindestlohn einfordern können, da gefangene ArbeiterInnen weder explizit aus dem Mindestlohngesetz ausgenommen, noch einer Übergangsregelung unterworfen sind. Ein konkretes Ziel ist gleichfalls, dass wir ein Versammlungsrecht in den einzelnen JVAs durchsetzen wollen, damit sich die GG/BOlerInnen mit nicht inhaftierten AktivistInnen treffen und austauschen können.

Mit welchen Problemen und Widerständen seitens der Institutionen habt ihr zu kämpfen?

Die Schikanen nehmen in einzelnen Knästen massiv zu; der Gegenwind wird spürbar rauer: Gewerkschaftspost wird angehalten oder geht „verloren“, Zellenrazzien bei GG/BO-Sprechern, es wird mitunter ein Klima in einzelnen Hafthäusern und Betrieben erzeugt, um interessierte Inhaftierte davon abzuhalten, der GG/BO beizutreten. „Union Busting“ pur! In den JVAs Tegel, Willich, Würzburg, Frankenthal und Landsberg/Lech laufen zum Teil seit Monaten mehrere Verfahren vor Strafvollstreckungskammern, um die rechtswidrigen Attacken seitens der Vollzugsbehörden gegen die GG/BO-Aktivität hinter den Knastmauern abzuwehren. Um diesen gewerkschaftsfeindlichen Übergriffen begegnen zu können, brauchen wir als GG/BO die aktive Solidarisierung von (Basis-)Gewerkschaften und engagierten (Basis-)GewerkschafterInnen, damit sich das Modell „Kein Knast ohne GG/BO“ weiter und breiter verankern kann.

Interview: Claudia Froböse

Quelle: https://www.direkteaktion.org/229/gewerkschaft-hinter-gittern

Özkan Güzel hat seinen Hungerstreik erfolgreich nach 48 Tagen erfolgreich beendet

Özkan Güzel hat gewonnen!

Er wurde in ein Gefängnis verlegt, wo er seine eigenen Kleider tragen kann.
Das ist unser aller gemeinsamer Sieg.

Vielen Dank an alle, die unsere Kampagne unterstützt haben.

Solidarische Grüsse

Internationale Plattform gegen Isolation

23.Juni 2015

Quelle: http://political-prisoners.net/item/3609-oezkan-guezel-hat-seinen-hungerstreik-erfolgreich-nach-48-tagen-erfolgreich-beendet.html

Marco Camenisch: Internationale Aktionstage – Übersicht

Die Rote Hilfe International und die Rote Hilfe Schweiz haben zu internationalen Aktionstagen in Solidarität mit Marco Camenisch aufgerufen. An dieser Stelle dokumentieren wir Aktionen, die stattfanden. Wir sind – wie immer – froh um Hinweise, gerne an rotehilfe@aufbau.org oder info@rhi-sri.org.

Santiago: Brandanschlag gegen Autofirma (15.6.)

Rothrist: Sprays gegen AXPO und AEW (16.6.)
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Santiago de Compostela: Filmvorführung (17.6.)

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Hamburg: Filmvorstellung zu Marco Camenisch (19.6.)

Frankreich: Plakate mit Marco (19.6.)

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Zürich: Transparente beim Ausschaffungsknast Zürich-Flughafen (20.6.)

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Italien: Flugblatt und Plakate zu Marco (20.6.)

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Tessin: Flugblatt in Solidarität mit Marco (20.6.)

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Magdeburg: Transparente und Plakate (20.6.)

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Buenos Aires: Wandbild für Marco (21.6)

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Bern: Spray an der Autobahn (21.6.)

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Tessin: Verteilung einer gefälschten 20-Minuten-Beilage (22.6.)

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Bern: “BKW Hauptsitz in Bern angegriffen” (22.6.)

“In den frühen Morgenstunden des 22.06.2015 haben wir die geparkten Autos vor dem Hauptsitz des Energiekonzerns BKW in Bern entglast. Wir wollen damit auf die Rücksichtslosigkeit der von der BKW betriebenen Energiepolitik aufmerksam machen. Der Konzern wirtschaftet mit einer enormen Profitgier, ohne sich dabei in geringster Weise um den Lebensraum von etlichen Millionen Menschen, Tieren und Pflanzen zu scheren.

Mit der Aktion solidarisieren wir uns ausserdem mit Marco Camenisch, welcher sich seit 1991 im Gefängnis befindet. Marco setzte sich mit millitanten Mitteln gegen die Zerstörung der Umwelt, unter anderem durch Energiekonzerne, ein.”

Türkei: Stand und Flugblätter zu Marco (22.6.)

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Schweiz: Grussbotschaft des “Solidaritätskomitee der Freiheitsgefangenen Schweiz” (22.6.)

“Lieber Marco Camenisch,

Den Weg, die Mühe, den du für die Brüderlichkeit der Menschen, damit die Menschen glücklich zusammenleben können, antreibst, schätzen wir sehr. Du solltest wissen, dass wir bei dir sind.

Als anerkannte, weltberühmte Demokratisch im mittelpunktstehendes, „Menschenrechte“ berücksichtigendes Land (Schweiz), kann an Hand dein Beispiel ihr wahres Gesicht zeigen. Dass sie dir eine psychische Therapie aufzwingen, wegen deiner Gedanken, ist schon ein Eingriff. Das kann man nicht akzeptieren.
Das imperialistische System hat die Revolutionäre im Schussziel, sie wollen solche psychische Therapien einsetzen, um die Revolutionäre durchdrehen zu lassen. Sie spielen uns das Kranke vor, um uns wirklich krank zu machen.
Das ist eine unakzeptable und Menschenrechte schreitende Intervention. Dass die schweizerische Bund sich den eigenen Regeln und Gesetzen hintergeht, spricht gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.

Bekannte interessierte Institutionen rufen wir sofort auf um dagegen etwas zu unternehmen.

Als Solidaritätskomitee der Freiheitsgefangenen Schweiz, rügen wir die gezwungenen Therapien jegliche Arten und unterstützen deinen Widerstand!

Der Sieg wird denen gehören die Wiederstand zeigen, ohne Zweifel! Auch wenn es unser Leben koste, wir werden unseren Kampf nicht aufgeben!

Auf diesem Wege bist du nicht alleine, Revolutionäre Grüsse…

Solidaritätskomitee der Freiheitsgefangenen Schweiz”

Winterthur: Film und Veranstaltung zu Marco (22.6.)

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Brüssel: Spray gegen Sitz von Areva und Asea Brown Boveri (22.6.)

“Ce 22 juin, nous avons tagué l’immeuble du 15 rue Guimard, à 1040 Bruxelles, d’un MARCO LIBERO!
Cet immeuble est le siège bruxellois des sociétés AREVA et ASEA BROWN BOVERI.

Solidarité avec Marco Camenisch!
Solidarité avec tous les prisonniers révolutionnaires!”

Zürich: Angriff gegen forensisch-psychiatrischen Dienst von Urbaniok (22.6.)

“Wir haben in der Nacht auf den 23.06.2015 das Büro des forensisch-psychiatrischen Dienstes von Frank Urbaniok am Helvetiaplatz in Zürich mit Farbe markiert und dessen Türen verklebt.

Wir werden nicht zulassen, dass Marcos politische Positionen als psychische Störung entpolitisiert werden! Marco steht als ungebrochener Langzeitgefangener für den erfolgreichen Kampf, seine Würde und seine politischen Positionen auch im Knast aktiv zu verteidigen und zu bewahren. Die feigen Schergen des Repressionsapparates welche versuchen, seine politische Identität anzugreifen, sollten sich dabei nicht allzu sicher fühlen. Wir werden sie weiterhin benennen, markieren und angreifen.”

Dresden: Transparente und Sprays (22.6.)

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Melbourne: Transparent (23.6.)

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Belgien: Video zu Marco Camenisch neu mit spanischen Untertiteln!

Stuttgart: Filmvorführung und Diskussion (3.7.)

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Erklärung zum Ende des Hungerstreiks von Gülaferit Ünsal

Es lebe der Widerstand, Es lebe der Sieg!

30.05.2015

Mit der Erfüllung meiner Forderungen habe ich den unbefristeten Hungerstreik-Widerstand, den ich am 6. April begonnen habe, am 29. Mai um 19:00 Uhr beendet.

Meine zuerkannten Forderungen wurden im Zuge einer gemeinsamen Sitzung mit meinem Anwalt J. Oelbermann, der Abgeordneten der Berliner Grünen Canan Bayram, sowie mit dem Generaldirektor der Berliner Justizvollzugsanstalten für Frauen M. Blümel zu Protokoll gebracht.

Canan Bayram wird mich in der ersten Phase alle 15 Tage besuchen und danach einmal im Monat, um die Einhaltung des Protokolls zu kontrollieren.

Nach 54 Tagen Hungerstreik habe ich 13 Kilo abgenommen und wiege nur noch 51 Kilo. Während dieser Zeit habe ich keinerlei medizinische Kontrolle akzeptiert. Es geht mir gesundheitlich gut. Während des Hungerstreiks habe ich 16 Tage lang meine Zeitungen nicht erhalten und ich wurde 3 weiteren Provokationen ausgesetzt. Bis zum 54. Tag wurde ich täglich gefragt, ob ich essen will oder nicht, manchmal wurde das Essen sogar in meine Zelle gebracht. Mein Hungerstreik wurde von der Gefängnisleitung völlig ignoriert und für „nichtig“ erklärt.

Die letzte Provokation erlebte ich vor 2 Tagen, als eine Wärterin am 53. Tag des Hungestreiks (28. Mai) um 15:00 Uhr die Tür öffnete, um von mir einen Antrag zum Erhalt meiner türkischen Zeitungen zu verlangen.

Als ich nach der Post fragte, sagte die Wärterin, dass keine gekommen sei. Ich sagte, dass schon Post gekommen ist und ich sie haben möchte. Weil ich darauf beharrte, meine Zeitungen zu bekommen, wollte sie mich in eine Zelle sperren. Als ich mich dagegen wehrte, versuchte sie mich mit Gewalt in die Zelle zu drängen. Sie hat mich dabei ganz schlimm in der Tür eingeklemmt. Ich bekam Schmerzen in der Bauchhöhle. Ich schaffte es unter Einsatz all meiner Kräfte auf den Korridor zu gelangen.

Die Wärterin warf ihren Mantel auf den Boden, als ob sie mich gleich verprügeln wolle und rief eine andere Wärterin zur Verstärkung. 5 Wärterinnen beschuldigten mich, ein Theater aufzuführen und drohten, mich in eine Zelle zu sperren. Sie lügten, indem sie sagten, dass keine Post gekommen sei.

Ich sagte, dass sie selbst ein Theater veranstalten würden, dass sie mit dem Leben eines Menschen spielen würden, dass die Zeitungen mein legales Recht seien und ich deshalb seit 53 Tagen Hungerstreik mache. Ich sagte, dass ich solange kein Wasser, keinen Zucker und keinen Tee zu mir nehmen werde, bis ich meine Zeitungen bekomme und dass ich nicht in die Zelle gehen werde. Auf meine Entschlossenheit hin sagten sie, dass sie die Zeitungen bringen werden.

Ich wartete 1 Stunde lang auf dem Korridor. Als mir meine Zeitungen übergeben wurden, begann ich wieder Wasser und Zucker zu mir zu nehmen.

Isolation, Strafen, Angriffe, Provokationen und Komplotte sind gegenüber unserem Widerstand machtlos. Der menschliche Wille und die Entschlossenheit sind die größte Kraft.

Die Angriffe können lediglich unseren Hass gegen den Kapitalismus und Faschismus verstärken. Wir werden die Gefängnisse in Europa mit unserer Würde und erhobenen Hauptes verlassen.

Ich bedanke mich unendlich bei Muzaffer Dogan, Yusuf Tas, Özgür Aslan und Sonnur Demiray, die aus Solidarität mit mir am 13. Mai in den unbefristeten Hungerstreik getreten sind, bei Özkan Güzel und Ahmet D. Yüksel, die mich ebenfalls mit einem Hungerstreik unterstützt haben, sowie bei allen, die draußen zur Solidarität im Hungestreik waren und Aktionen durchgeführt haben, bei all meinen deutschen GenossInnen, die mich von Beginn des Hungerstreiks an nicht allein gelassen haben und solidarisch waren, und bei all meinen FreundInnen, die meine Stimme nach draußen getragen und diesen Kampf von Herzen unterstützt haben.

Wir haben den Widerstand gemeinsam gewonnen.

Ich liebe euch sehr und sende euch meine Grüße.

Ich rufe euch alle auf, den unbefristeten Hungerstreik von Özkan Güzel zu unterstützen und den Widerstand für Özkan zu stärken.

Gülaferit Ünsal

(Anm.: Das Gefängnis Pankow wird in 1 Monat geschlossen)

Internationale Aktionstage: Marco libero!

Wir rufen für die Tage vom 20. – 22. Juni zu solidarischen Aktionen mit Marco Camenisch auf, der seit 1991 ununterbrochen in Italien oder der Schweiz im Gefängnis sitzt. Marco ist ein ungebrochener grün-anarchistischer Revolutionär mit einer politischen Geschichte, die zurück in die 1970er-Jahre reicht. Wegen Sprengstoffangriffen gegen Hochspannungsleitungen wurde er erstmals inhaftiert, ihm gelang die Flucht. Erst nach Jahren in der Illegalität wurde er 1991 in Italien bei einer Personenkontrolle verhaftet, er sass dort bis 2002 im Knast. Verurteilt wurde er unter anderem wiederum wegen militanten Aktionen gegen Hochspannungsleitungen. 2002 wurde er dann in die Schweiz ausgeliefert, wo er einerseits die Reststrafe seiner allerersten Verurteilung abzusitzen hatte, andererseits aber wegen dem Tod eines Grenzwächters verurteilt wurde. Marco hat immer wieder wiederholt, dass es nicht sein Toter ist.

In den vergangenen 24 Jahren hat Marco seine politische Identität nicht abgelegt, er kommuniziert mit zahlreichen Leuten auf der ganzen Welt, beteiligt sich an politischen Initiativen und unterstützt so den revolutionären Prozess aus dem Knast heraus. Dieser Fakt ist denjenigen, die über Schritte der Vollzugslockerungen zu entscheiden haben, ein Dorn im Auge. Immer wieder verweigern sie jeden Schritt in Richtung Freiheit, zur Begründung wird immer wieder herangezogen, dass er eine “delinquenzfördernde Weltanschauung” vertritt. Im Klartext: Er kommt nicht raus, weil er Anarchist ist und bleibt. Diese Argumentation wird sowohl vom zuständigen Amt für Justizvollzug des Kanton Zürich wie von den Gerichten stets wiederholt, wenn eine Entscheidung in seinem Fall einsteht.

Ein Faktor in dieser Auseinandersetzung ist zweifelsohne seine politische Identität an sich, das heisst der Angriff gegen Marco ist selbstverständlich in der allgemeinen politischen Auseinandersetzung anzusiedeln, wo es dem bürgerlichen Staat auch darum geht, an kämpfenden Subjekten ein Exempel zu statuieren. Sie hoffen damit abzuschrecken, gleich wie in anderen Fällen von Langzeitgefangenen (wie Mumia Abu-Jamal oder Georges Ibrahim Abdallah), die aufgrund ihrer politischen Identität nicht rauskommen.

Ein anderer Faktor, der im Zusammenhang mit Marco speziell ist, ist aber die zunehmende Rolle der forensischen Psychiatrie im Strafvollzug. Während in anderen Fällen von Langzeitgefangenen klar und offen politisch argumentiert wird, dass jemand nicht rauszulassen sei (wie im Fall von Georges Ibrahim Abdallah), bedient sich das Amt für Justizvollzug einer psychiatrischen Argumentation. Massgeblicher Verantwortlicher dafür ist Frank Urbaniok. So kleidet sich dann der politische Angriff in Begriffen der Psychiatrie, redet von Aufarbeitung und Bewältigung. Dabei ist klar: Eine politische Identität ist nichts, was sich psychiatrisch verhandeln lässt. Anarchist zu sein, ist kein psychisches Problem.

Dies hat sich auch in der jüngsten Entwicklung in Marco’s Fall gezeigt. Aufgrund eines Urteils des obersten Gerichts der Schweiz musste das zuständige Amt prüfen, ob allfällige Vollzugslockerungen möglich seien. Ein Teil dieser Untersuchung ist ein sogenannter “Risikoorientierter Sanktionenvollzugs-Bericht”, kurz ROS. Dabei wird von ausgebildeten PsychiaterInnen über mehrere Seiten hinweg evaluiert, wie gross das Risiko bei Lockerungen ist. So erhält die Psychiatrie einen massiven Stellenwert im Vollzug. Da Marco die Psychiatrisierung seiner Identität verweigert, bleibt den “Experten” wenig übrig. Auch sie argumentieren damit, dass die Legalprognose stark belastet sei, da “er sich weiterhin stark und aktiv mit seiner Ideologie auseinandersetzt und in Kontakt mit entsprechenden Genossen steht”, was “seine Aussagen wie seine Vernetzung in die Szene zeigen”. Zusammengefasst: “Es hat sich gezeigt, dass MC’s Einstellungen verfestigt sind und die Freiheitsstrafen kaum einen Veränderungsprozess anstossen konnten.”

Der Bericht formuliert Massnahmen, die eine Lockerung des Vollzugs wahrscheinlicher machen würden. Allerdings sind die Massnahmen nicht hinnehmbar. So wird unter anderem gefordert, dass Marco sich in Zusammenarbeit mit dem Strafvollzug ein neues soziales Umfeld aufzubauen habe – ein kompletter Bruch mit Genossinnen und Genossen wird also verlangt:
– “Kontrolle auf Hinweise für Kontakte zu gewaltbereiten Gesinnungsgenossen.”
– “Dass sich MC dazu bereit erklärt, Kontrollen bezüglich seiner Aktivitäten zuzulassen und sich mit der Justiz auf gemeinsame Ziele bezüglich der Resozialisierung einigen kann”

Marco Camenisch wird aufgrund seiner politischen Identität nicht freigelassen. 2018 steht sein Strafende bevor. Bis dorthin findet jährlich eine Überprüfung statt, ob an eine Freilassung auf Bewährung zu denken sei. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie dabei immer und immer wieder auf seine Identität zu sprechen kommen und so jede Lockerung verhindern.

Wir denken, dass es gerade jetzt wichtig ist, sich zu Marco zu verhalten. Verbinden wir unseren vielfältigen Kampf draussen mit seinem Kampf drinnen!

INTERNATIONALE AKTIONSTAGE MIT MARCO CAMENISCH – 20. – 22. JUNI 2015

Rote Hilfe Schweiz – www.rotehilfech.noblogs.org
Rote Hilfe International – www.rhi-sri.org

Mehr zu und von Marco Camenisch:
http://rotehilfech.noblogs.org/post/tag/marco-camenisch/ (en / dt)
https://www.youtube.com/watch?v=iK1isWg0r3o (fr / en / dt / it / gr)

Junge Welt: Kein Komplize werden

Die Verhältnisse nicht nur ablehnen, sondern bekämpfen: Ein Buch über den Schweizer Anarchisten Marco Camenisch, seit den 90ern in Haft

Junge Welt, von Patricia D’Incau

Deutschland hatte die RAF, Italien die Brigate Rosse und die Schweiz Marco Camenisch. Dieser Anarchist und AKW-Gegner aus dem Bergkanton Graubünden begreift sich »Lebenslänglich im Widerstand«. Das ist zumindest der Titel einer Biographie über ihn, die Kurt Brandenberger nun vorgelegt hat. Tatsächlich ist es die eines Unbeugsamen, der sich bis heute zum revolutionären Kampf bekennt.

Dem Buch liegen stundenlange Gespräche zwischen Camenisch und dem, wie er ihn nennt, »scheißbürgerlichen Journalisten« Brandenberger zu Grunde. Camenisch hat es autorisiert, hegt aber zwiespältige Gefühle gegenüber dem Projekt. Es ist ein journalistisches und biographisches, kein politisches. Aber nichtsdestotrotz ein wichtiges für die Schweizer Oppositionsgeschichte.

Diese hier beginnt in den frühen 70er Jahren, als der 20jährige Camenisch vorzeitig vom Gymnasium abgeht. Weil er nicht »Komplize« werden wollte, »von Verhältnissen und Machtstrukturen, die ich nicht nur ablehne, sondern bekämpfen will«. In den Jahren der »Ausreife« als Hirte und Hilfsarbeiter festigt sich diese Haltung bei Diskussionen über die Rolle des Staats und die Macht der Konzerne, über die Ausbeutung des Südens und die Zerstörung der Natur, global und in der direkten Umgebung.

Während im Schweizer Flachland das sechste Kernkraftwerk in Planung ist, stellt sich Camenisch in den Bergen die Frage, ob sich »dieses zerstörerische System reformieren« lässt, und was zu tun ist, »wenn es fünf vor zwölf ist, gutmeinende Worte nichts fruchten, wenn Kritik, wissenschaftliche Ergebnisse, politische Appelle keine Konsequenzen haben«. Seine Antwort sind Ende 1979 zwei Anschläge auf Einrichtungen der Nordostschweizerischen Kraftwerke. »Du hast dabei auch Vorbilder eines solchen Kampfes im Kopf«, bilanziert er später und meint die Indigenen im Amazonasbecken oder überhaupt die Bewegung in Lateinamerika. Mit seinen damaligen Anschlägen knüpfte er jedoch auch an die Sabotageaktionen des radikalen Flügels der Antiatomproteste an, die sich gegen den Bau des Kernkraftwerks Kaiseraugst, nahe der deutschen Grenze, formiert hatten. So war Camenisch, als er in den Bergen ? fernab von Kaiseraugst ? den militanten Kampf aufnahm, nicht der erste »Saboteur« auf Schweizer Boden. Aber er sollte der erste und einzige sein, der belangt werden konnte.

An ihm exekutierte die Schweizer Justiz 1980 ein Exempel: zehn Jahre Zuchthaus. Im Herbst 1981 gelingt Camenisch die Flucht. Fortan lebt und wirkt er im Untergrund. Im nahen Italien, im fernen Übersee und auch immer wieder in der Schweiz. Er operierte im »Gehirn des Ungeheuers«, wie es Che Guevara einst ausdrückte, »im Herzen der Finanzoligarchie«, wie Camenisch sagt.
Zum Verhängnis wird ihm der 3. Dezember 1989. Der Tag, an dem er das Grab seines Vaters besucht, ist der Tag, an dem im Ort ein Grenzwächter erschossen wird. Schnell fällt der Verdacht auf den Flüchtigen, der erst 1991 in der Toskana verhaftet wird. 2002 wird er an die Schweiz ausgeliefert, wo er in einem Indizienprozess des Mordes für schuldig befunden wird. Im Gerichtssaal erklärt der Angeklagte, der bis dato jegliche Aussagen verweigert hat, dass er »auch als bewaffnet kämpfender Revolutionär« niemals getötet habe, »und schon gar nicht habe ich einen wehrlos am Boden Liegenden in den Kopf geschossen. Solche Niedertracht ist für mich schlicht nicht denkbar.«

Die Justiz spricht ein Strafmaß, das sich, ergänzt um frühere Strafen, auf 29 Jahre Haft beläuft. »Viel mehr als lebenslänglich«, ein Verstoß gegen geltendes Recht. Die Strafe wird später auf Geheiß des obersten Schweizer Gerichts reduziert. Doch eine vorzeitige Entlassung bleibt dem Anarchisten, trotz guter Führung, verwehrt. Wegen »delinquenzfördernder Weltanschauung«, seinem anhaltenden Bekenntnis zum revolutionären Kampf.

»Wie hältst du das aus?«, fragt Brandenberger. »Was mir hilft, ist (…) die Solidarität«, antwortet Camenisch. Obwohl er fast seit einem Vierteljahrhundert hinter Gittern ist, bleibt er aktiver Teil der Bewegung, sowohl in der Schweiz als auch international. Er übersetzt Texte, verfasst Erklärungen, hat die »Rote Hilfe International« mitgegründet. »Den Kampf gegen die Herrschenden können wir streckenweise gemeinsam führen«, sagt Camenisch über seine politische Arbeit, die sich nicht nur an anarchistische Kreise richtet. »Positionsübergreifende Klassensolidarität« heißt das bei ihm. »Schulter an Schulter: Du drinnen, wir draußen«, schreibt ihm Andrea Stauffacher vom marxistisch-leninistischen Revolutionären Aufbau in einem Brief. Camenischs Widerstand ist ein kollektiver. Auch das ist ein verbindendes Element in dieser Geschichte.

Entlassen wird Marco Camenisch voraussichtlich im Alter von 66 Jahren, am 8. Mai 2018. Dem »Tag der Befreiung«.

Kurt Brandenberger: Marco Camenisch. Lebenslänglich im Widerstand. Echtzeit Verlag, Basel 2015, 208 Seiten, 27 Euro