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Terrorkeule gegen Freiheitskämpfer

Nick Brauns | Linke Migrantenverbände aus der Türkei geraten immer öfter ins Fadenkreuz deutscher Ermittler

Die für zahlreiche Morde und Massaker in der Türkei verantwortlichen faschistischen Grauen Wölfe konnten seit den 70er Jahren mit Hilfe des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Deutschland Fuß fassen. Der damalige CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß entdeckte 1978 im Gespräch mit dem Führer der Grauen Wölfe, Alparslan Türkes, viele Gemeinsamkeiten im Kampf gegen die »kommunistische Gefahr«. Entsprechend versprach Strauß, dass die Grauen Wölfe, die auch in Deutschland gewaltsam gegen linke Arbeitsmigranten aus der Türkei vorgingen, stets ein günstiges Klima vorfinden sollen. Das Versprechen gilt auch heute noch: Ende April kamen wieder 10.000 türkische Nationalisten ungestört in der Oberhausener König-Pilsener-Arena zusammen.

Dagegen stehen linke Migrantenvereinigungen aus der Türkei seit Jahrzehnten im Fadenkreuz deutscher Sicherheitsbehörden. Tausende Kurden wurden und werden mit Strafverfahren überzogen, weil sie die 1993 verbotene Arbeiterpartei Kurdistans PKK unterstützt haben sollen. Ab dem 20. Mai dieses Jahres muss sich zum Beispiel der kurdische Aktivist Mehmet D. vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach Paragraph 129b Strafgesetzbuch verantworten. Gewalttaten in Deutschland werden dem seit Sommer vorigen Jahres in Untersuchungshaft sitzenden Kurden nicht vorgeworfen. Vielmehr soll er als hauptamtlicher Kader Spenden und Mitgliedsbeiträge gesammelt und PKK-Anhänger zu Veranstaltungen und Schulungen mobilisiert haben. Geschehen sein soll all dies zwischen Januar 2013 und Juli 2014. Zu diesem Zeitpunkt ließ die PKK im Zuge von Friedensgesprächen ihres gefangenen Vorsitzenden Abdullah Öcalan mit Regierungsvertretern in der Türkei die Waffen ruhen, führte aber im Irak und Syrien einen erbitterten Widerstandskampf gegen das Vordringen der IS-Terroristen. Zwar rüstet die Bundesregierung derzeit selbst die im Kampf gegen den IS nur mäßig erfolgreichen Peschmerga der allerdings über gewaltige Ölfelder gebietenden Barsani-Regierung im kurdischen Nordirak mit Bundeswehrwaffen aus. Doch von Kurden aus Deutschland, die sich dem Kampf der PKK gegen den IS anschließen, gehe eine mit den Dschihadisten qualitativ vergleichbare Gefährdung aus, behauptete das Bundesinnenministerium vergangenen Oktober. Entsprechend prüft die Bundesanwaltschaft, ob nicht auch gegen die in Deutschland legale Marxistisch-Leninistisch-Kommunistische Partei (MLKP) aus der Türkei wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland ermittelt werden müsse. Grund dafür ist, dass sich mehrere Mitglieder dieser Partei – darunter die im März 2015 bei der Verteidigung eines aramäischen Dorfes gefallene Duisburger Internationalistin Ivana Hoffmann – dem Kampf gegen den IS in Rojava angeschlossen haben.

Ebenfalls in Rojava kämpfen Mitglieder der Kommunistischen Partei der Türkei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML). Sieben mutmaßliche Mitglieder dieser in Deutschland weder verbotenen noch auf der EU-Terrorliste genannten maoistischen Partei wurden am 15. April 2015 bei Razzien in vier Bundesländern aufgrund von Haftbefehlen der Bundesanwaltschaft unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung verhaftet. Die TKP/ML habe das Ziel, in der Türkei ein »kommunistisches Regime« zu errichten und dafür zahlreiche Anschläge begangen, heißt es in der Anklageschrift. Seit 2007 habe sie dabei auch gemeinsam mit der PKK-Guerilla agiert, wird der vor allem in der rebellischen Bergregion Dersim im Osten der Türkei verankerten Partei strafverschärfend angerechnet. Die Verhafteten – allesamt Mitglieder der seit den 80er Jahren bestehenden, für die Rechte von Arbeitsmigranten eintretenden Föderation der Arbeiter aus der Türkei (ATIF) – sollen Finanzmittel beschafft sowie Propaganda- und Schulungsveranstaltungen durchgeführt und neue Mitglieder für die Partei rekrutiert haben. Zu von der deutschen Bundesanwaltschaft im Zuge von Amtshilfe veranlassten Verhaftungen von türkeistämmigen Kommunisten kam es auch in Frankreich, der Schweiz sowie der griechischen Hauptstadt Athen. Für die dortige Syriza-Regierung dürfte es zu einem Test werden, ob sie tatsächlich der Auslieferung von drei türkeistämmigen Linken an die Bundesrepublik zustimmt.

An den Ermittlungen gegen die mutmaßlichen TKP/ML-Kader mitgewirkt hatte auch der V-Mann des Bundesnachrichtendienstes Alaattin A. Dieser war 2010 zum Deutschland-Verantwortlichen der in der Bundesrepublik verbotenen und auf der EU-Terrorliste genannten Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) aufgestiegen. Aus A.s junge Welt vorliegender Ermittlungsakte geht hervor, dass der V-Mann nicht nur Aussagen über angebliche DHKP-C-Mitglieder gemacht hatte, die zur Verurteilung von drei Funktionären der legal in Deutschland bestehenden Anatolischen Föderation zu zum Teil langjährigen Haftstrafen beitrugen. Auf Fotos, die ihm Beamte des Bundeskriminalamtes vorlegten, denunzierte A. zudem einen in Duisburg lebenden ehemaligen Mitgefangenen aus der Türkei als »einer höheren Ebene der TKP/ML« angehörend und einen Kölner Restaurantbesitzer als einen »alten Kader der TKP/ML«. Der 2010 selbst wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhaftete V-Mann A. erhielt aufgrund seiner zuvor gut entlohnten Spitzeltätigkeit eine milde Haftstrafe von lediglich zwei Jahren auf Bewährung. Ein von der Generalbundesanwaltschaft gegen A.s V-Mann-Führer beim BND eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung wurde nach Paragraph153d »Absehen von Strafverfolgung bei politischen Straftaten« eingestellt.

Quelle: Staat & Gewalt, Beilage der jW vom 20.05.2015

Urteilsverkündung im Stuttgarter 129b-Prozess wegen DHKP-C steht bevor

Bis zu sechseinhalb Jahre für legale Vereinstätigkeit gefordert

Göttingen, 25. 07.2015

Am kommenden Dienstag, 28. Juli 2015 geht in Stuttgart der Prozess gegen vier Angehörige der Anatolischen Föderation zu Ende, denen Mitgliedschaft in der linken türkischen Gruppierung ‘DHKP-C’ vorgeworfen wird. Muzaffer Dogan, Yusuf Tas, Sonnur Demiray und Özgür Aslan waren am 26. Juni 2013 im Zuge einer internationalen Großrazzia gegen linke türkische Vereinsstrukturen verhaftet worden und befinden sich seitdem in Isolationshaft. Bei den Aktivitäten, die den Angeklagten vorgeworfen werden, handelt es sich um vollkommen legale Tätigkeiten im politischen und kulturellen Bereich wie Informationsarbeit, Spendensammlungen und die Organisierung von Musikveranstaltungen, darunter vor allem ein Großkonzert mit der beliebten türkischen Band ‘Grup Yorum’.

Die Bundesanwaltschaft fordert Haftstrafen von bis zu sechseinhalb Jahren.
Dass derartige linke Arbeit kriminalisiert werden kann, ist einzig dem Gummiparagrafen 129b zu verdanken, der sich hier erneut als staatliche Allzweckwaffe gegen die migrantische Linke zeigt.

Das Gesetz, das die Betätigung für “terroristische Organisationen im Ausland” unter Strafe stellt, wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 unter dem Vorwand eingeführt, islamistische Gruppen bekämpfen zu wollen. Tatsächlich kommt der neue Paragraf aber in erster Linie gegen linke Bewegungen zum Einsatz und dient der umfassenden Kriminalisierung politischer Basisarbeit, indem ein Bezug zu Organisationen konstruiert wird, die in anderen Ländern militant agieren. Welche fortschrittlichen Gruppierungen als “terroristisch” eingestuft werden, entscheidet die Exekutive in Form des Bundesjustizministeriums. Diese Einstufung unterliegt den Interessen der Bundesregierung und ihrer Verbündeten, und bei wechselnden Allianzen können sich “Terrorgruppen” in Windeseile zu legitimen Freiheitsbewegungen wandeln – oder umgekehrt. Im Fall des NATO-Partners Türkei ist die Beurteilung klar: terroristisch ist, wer vom repressiven Regime unter Erdogan verfolgt wird, weshalb in den letzten Jahren zahlreiche 129b-Prozesse gegen vermeintliche Mitglieder der linken türkischen DHKP-C und der kurdischen PKK mit langjährigen Haftstrafen endeten.

Im Fall des aktuellen Verfahrens in Stuttgart steht zu befürchten, dass das Gericht ein weiteres Gefälligkeitsurteil gegenüber der türkischen Regierung folgen lässt.

Die Rote Hilfe e. V. fordert erneut die Einstellung sämtlicher 129b-Verfahren. Wir werden uns auch weiterhin für die Abschaffung der Gesinnungsparagraphen 129a und 129b einsetzen.

H. Lange für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.

Quelle: http://political-prisoners.net/item/3664-urteilsverkuendung-im-stuttgarter-129b-prozess-wegen-dhkp-c-steht-bevor.html

PAJK and PKK prisoners begin hunger strike for Suruç Massacre

PAJK (Kurdistan Women’s Liberation Party, Partiya Azadiya Jin a Kurdistan) and PKK (Kurdistan Worker’s Party) prisoners will go on a hunger strike between July 24 and 26 in order to protest Suruç Massacre.

PAJK (Kurdistan Women’s Liberation Party, Partiya Azadiya Jin a Kurdistan) and PKK (Kurdistan Worker’s Party) prisoners will go on a hunger strike between July 24 and 26 in order to protest Suruç Massacre.

Deniz Kaya on behalf of the prisoners stated that they would be mourning for 3 days and rebelling for another 3. Kaya defended their right to bring AKP to account for not preventing ISIS attacks and setting ISIS gangs free, and called on civilians to organize their self-defense and condemned the massacre in Suruç.

‘OPPONENTS OF SOLUTION AND NEGOTIATION ARE THE PARTNERS OF THE MASSACRE’

Kaya described the attack on revolutionary youth aiming to rebuild Kobanê as the denial of humanity, and strongly condemned the ISIS army of rape for its massacre. Kaya stated that the partners of the massacre were the opponents of solution and negotiation in Turkey, who targeted HDP and the Kurdish People’s Leader Öcalan’s perspective of democratic solution and nation.

Describing Suruç martyrs as the followers of revolutionaries such as Deniz, Mahir, Paramaz and Sarya, and saying that the young socialists were showing solidarity with YPG/YPJ forces inflicting heavy blows on ISIS gangs from Jarablus to Raqqa, Kaya called on peoples in Turkey unite, mobilize and resist attacks like the one in Suruç, and recalled Öcalan’s earlier warnings concerning peoples’ self-defense.

‘WE MUST BRING AKP TO ACCOUNT AND ENSURE OUR OWN SECURITY’

Kaya warned young people and civilians about similar attacks across Kurdistan and Turkey, and called on civilians to organize their self-defense. Kaya defended their right to bring AKP to account for not preventing ISIS attacks and setting ISIS gangs free, since it was the state’s main responsibility to protect its citizens, and called upon people to ensure their own security in every street, gathering and event.

HUNGER STRIKE DECISION

The statement on behalf of PKK and PAJK prisoners emphasized that no massacre could force them to give up on their demands for freedom and democracy, but instead give them more reasons for resistance.

Kaya said that they would go on a hunger strike between July 24 and 26 in order to protest Suruç Massacre, and would be mourning for 3 days and rebelling for another 3. Kaya offered their condolences to peoples and commemorated with respect the young revolutionaries who sacrificed themselves for the freedom of their people.

Source: http://anfenglish.com/news/pajk-and-pkk-prisoners-begin-hunger-strike-for-suruc-massacre

Auftakt des § 129b-Prozesses gegen Mehmet D. vor dem OLG Hamburg

Am 20. Mai wird das Hauptverfahren gegen den kurdischen Exilpolitiker Mehmet D. vor dem 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) eröffnet; vorgesehen sind Verhandlungstage bis Ende Juni.
Der Prozess vor dem OLG beginnt um 9.oo Uhr in Saal 237, Sievekingplatz 3, Hamburg
Die Anklage beschuldigt Mehmet D. der Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung im Ausland” (§ 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 StGB). Er soll sich in der Zeit von Januar 2013 bis Mitte Juli 2014 in verschiedenen Regionen der BRD – u.a. im Sektor Nord – als mutmaßlicher Funktionär der PKK betätigt haben. Aussagen des Generalbundesanwalts zufolge sei Mehmet D. unter dem Decknamen „Kahraman” in den verschiedenen Gebieten für die Koordinierung der politischen Arbeit verantwortlich gewesen sowie für die Beschaffung von Spenden und Beiträgen für die PKK. Außerdem habe er sichergestellt, dass hinreichend Anhänger an Veranstaltungen und Schulungen teilnehmen und nicht zuletzt seien die ihm übergeordneten Kader der Europaebene über seine Arbeitsergebnisse unterrichtet worden.
Mehmet D. wurde am 29. August 2014 festgenommen und befindet sich in Untersuchungshaft.
Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Oktober 2010, den im Jahre 2002 eingeführten § 129b StGB auch gegen die PKK anzuwenden, wurden bereits fünf kurdische Aktivisten zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Weil der BGH deren Revisionen im vergangenen Jahr verworfen hat, sind diese Urteile rechtskräftig geworden.
Im März dieses Jahres endete ein weiteres Verfahren vor dem OLG Düsseldorf. Abdullah S. wurde zu einer Haftstrafe von 6 Jahren verurteilt; gegen dieses Urteil ist Revision eingelegt worden.
In Straf- bzw. Untersuchungshaft befinden sich derzeit fünf Aktivisten.
Im Verfahren gegen Mehmet D. wird die Verteidigung wie in den vorhergehenden Prozessen die historischen und völkerrechtlichen Aspekte des kurdischen Befreiungskampfes thematisieren, ebenso die Ende 2012 eingeleiteten Sondierungsgespräche zwischen Abdullah Öcalan und Vertretern der türkischen Regierung, die dramatischen Entwicklungen im Mittleren Osten und die Rolle der PKK-Guerilla im Kampf gegen die Terrororganisation ISIS bzw. IS im Nordirak und in Nordsyrien (Rojava/Kobanê).
In diesem Zusammenhang wird auch die Frage der Ermächtigungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Personen nach § 129b zur Sprache kommen. In juristischen Kreisen wird diese Regelung als rechtsstaatlich äußerst problematisch bewertet, u.a. weil es alleine der Exekutive in Gestalt des Bundesjustizministeriums überlassen bleibt festzulegen, ob eine Vereinigung im Ausland als terroristisch oder als legitime Freiheitsbewegung zu gelten hat. Deshalb werden diese Verfolgungsermächtigungen hauptsächlich aus außenpolitischen Opportunitätserwägungen erteilt, die im übrigen nicht begründet werden müssen und gegen die eine Klage nicht möglich ist.
AZADÎ ist der Auffassung, dass solche politischen Verfahren gegen kurdische Aktivisten vor dem Hintergrund der gravierenden Veränderungen insbesondere im Mittleren Osten und der Tatsache, dass die kurdische Bewegung schon seit Jahren eine auf friedliche Konfliktlösung orientierte Politik betreibt, nicht mehr stattfinden dürfen.
Deshalb muss das PKK-Betätigungsverbot aufgehoben, alle Gefangenen freigelassen und laufende §129b-Verfahren eingestellt werden.
AZADÎ e.V.
Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden