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Greece: More transfers of prisoners to the maximum-security prison in Domokos

Anarchist Nikos Maziotis, member of Revolutionary Struggle, has been incarcerated for four days in the 5th wing of the new type C prison in Domokos.

On January 2nd, 2015, two more prisoners convicted as members of armed revolutionary organizations, anarchist Kostas Gournas (Revolutionary Struggle) and Dimitris Koufontinas (17 November), were transferred from the dungeon cells of Koridallos women’s prison to the maximum-security facility of Domokos. On the same morning, anarchist prisoners Yannis Naxakis and Grigoris Sarafoudis, both convicted for armed robbery in Pyrgetos-Larissa as well as for—alleged—participation in an armed revolutionary organization (Conspiracy of Cells of Fire), were also taken from the men’s prison in Koridallos to the type C prison in Domokos. Sarafoudis was moved to Domokos even though, for the present, he is co-accused in Filotas-Florina armed robbery case alongside other comrades, whose trial will continue in the special court of Koridallos prison this January.

Meanwhile, since New Year’s Eve until today, several other prisoners have been transferred to the maximum-security prison in Domokos.

Quelle: http://en.contrainfo.espiv.net/2015/01/02/greece-more-transfers-of-prisoners-to-the-maximum-security-prison-in-domokos/

Kämpfe in Solidarität mit den hungerstreikenden Gefangenen in GR

Seit bald einem Monat sind in Griechenland anarchistische Gefangene im Hungerstreik. In den vergangenen Tagen und Wochen gab es zahlreiche Aktionen der Solidarität (sowohl in Griechenland wie auch ausserhalb). So wurde das Polytechnikum in Athen besetzt, die Versammlung der Besetzenden hat dazu bereits zwei Statements veröffentlicht. In Kavala wurde ein grosses Transparent gehängt, in Exarchia kam es zu Strassenkämpfen mit der Polizei (Videos unten). Nikos Maziotis’ Erklärung der Solidarität wurde in der Zwischenzeit auch auf Deutsch übersetzt.

Infoveranstaltung zu Rojava (21.11, Zürich)

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Mit GenossInnen vor Ort wollen wir über die aktuelle Situation in Kobane und Singal informieren. Wie ist das politisch-militärische Kräfteverhältnis, was gibt es darin für Veränderungen? Was bedeuten sie für das fortschrittliche Projekt in den autonomen kurdischen Gebieten? Aus einer revolutionären, internationalistischen Perspektive wollen wir die Lage im umkämpften Rojava diskutieren und deren Bedeutung für die Schweiz betonen.
Mit kleineren und grösseren Beträgen unterstützt man die bewaffnete Verteidigung von Rojava.
Volkshaus, 21.11. 19 Uhr
Rote Hilfe Schweiz

Le gouvernement français décide de ne pas libérer Georges Ibrahim Abdallah

Aujourd’hui, 5 novembre 2014, le tribunal d’application des peines de Paris a rejeté la demande de libération que Georges Ibrahim Abdallah avait formulée en mars dernier.
La demande de Georges Abdallah a été déclarée “irrecevable” au motif qu’il n’a pas fait préalablement l’objet d’un arrêté d’expulsion. Le tribunal a également rejeté la demande d’effectuer une année probatoire, préalable à une libération, dans un établissement pénitentiaire plutôt qu’en régime de semi-liberté ou sous surveillance électronique, sous prétexte que Georges Abdallah n’a pas présenté de “projet” à l’appui de sa demande.
Ce simulacre de justice confirme une fois de plus le régime d’exception appliqué à Georges Abdallah depuis 30 ans ; il confirme que le maintien en prison de Georges Abdallah est une décision politique de l’État français.
L’acharnement contre Georges Abdallah, libérable depuis 1999, s’était déjà manifesté à deux reprises, lorsque des décisions de justice favorables à sa libération avaient été annulées sur appel du parquet, aux ordres du gouvernement. En 2012, M. Valls, alors ministre de l’intérieur, avait refusé de signer l’arrêté d’expulsion permettant à notre camarade de rentrer dans son pays, le Liban. Les autorités de ce pays s’étaient pourtant engagées à le rapatrier dès sa sortie de prison. Aujourd’hui, c’est le nouveau ministre de l’intérieur, B. Cazeneuve, qui refuse d’ordonner la mesure d’éloignement qui aurait rendu recevable la demande de libération de Georges Abdallah.
F. Hollande et le gouvernement Valls ont proclamé l’été dernier leur soutien à l’État d’Israël lors des massacres de la population de Gaza. On ne peut donc s’étonner que la complicité de l’impérialisme français avec le sionisme et les États-Unis se traduise par l’opposition à toute libération de Georges Abdallah.
Georges Abdallah reste un militant communiste, anti-impérialiste et antisioniste. Il demeure un résistant qui n’a ni regrets ni remords à exprimer pour le combat qu’il a toujours mené et continuera de mener pour la justice et la liberté, aux côtés des peuples opprimés, particulièrement le peuple palestinien.
Comme de plus en plus de voix qui s’élèvent dans notre pays et dans le monde entier, nous sommes fiers de soutenir la cause de Georges Ibrahim Abdallah et nous resterons mobilisés pour lui exprimer notre solidarité, jusqu’à sa libération et son retour au Liban.
Le Collectif pour la libération de Georges Ibrahim Abdallah (CLGIA)
Paris, le 5 novembre 2014

Grußbotschaft der Arbeitskonferenz 2014 der Roten Hilfe International

Kobane-RHI

Wir schicken euch – den politischen Gefangenen – kämpferische, solidarische Grüße in die Knäste!

Die objektive Situation, die sich zuspitzenden Widersprüche in der kapitalistischen Krisenspirale eröffnen dem Widerstand neue Möglichkeiten, die durch zunehmende Repression unterbunden werden sollen.

„Prekarisierung, Arbeitslosigkeit und Krieg sind im Alltag banale Realität und nichts was die Anhänger des globalisierten Systems in seinem fortgeschrittenen Stadium noch verstecken. Die imperialistische Bourgeoisie verstärkt immer weiter ihr Repressionsarsenal. […]

Sie lassen schamlos ganze Bevölkerungen […], verhungern, sie erklären Kriege und Embargos gegen dieses oder jenes Land […].“

Georges Ibrahim Abdallah 

Die einzige und richtige Antwort auf diese Repression muss die Weiterentwicklung des revolutionären Prozesses sein. Ein integraler Bestandteil dieses Prozesses ist der Aufbau und die Etablierung internationaler Solidarität, die wir in dem Projekt des Aufbaus der Roten Hilfe International sehen.

Auch in diesem Jahr hat die Entwicklung der internationalen Solidarität in Form unserer Organisierung weiter Kontur angenommen. Seit über 14 Jahren gründet der Prozess des Aufbaus der Roten Hilfe International auf der Idee, dass die Solidarität mit den revolutionären Gefangenen ein Bereich sein muss, in dem die Meinungsverschiedenheiten soweit möglich verschwinden sollten. Es geht nicht darum die politischen Unterschiede zu verneinen, es geht darum zu verstehen, dass es Bereiche gibt, wo sie mehr oder weniger präsent sein sollen. So wie die revolutionäre Bewegung die politischen, ideologischen und strategischen Debatten braucht, braucht sie auch Einheit in grundsätzlichen Fragen wie dem Widerstand gegen die Repression und die Solidarität mit den Gefangenen.

Auch aktuell finden auf verschiedenen Ebenen Angriffe auf antagonistische Strukturen statt gegen die wir und andere Widerstand organisieren. Einige Beispiele:

– in Indien gibt es in über 200 Knästen mehr als 10.000 politische Gefangenen. Wir haben deshalb am 15. August (am Nationalfeiertag in Indien) zu einem internationalen Aktionstag aufgerufen, um die Situation der Gefangenen zu problematisieren und ihre Freiheit zu erkämpfen. Anlässlich des Aktionstages fanden international verschiedene Solidaritätsaaktivitäten statt.

– Am 24. Oktober begann für Georges Ibrahim Abdallah das 31. Jahr seiner Inhaftierung. Georges ist ein 63jähriger libanesischer militanter Kommunist, der 1984 in Lyon verhaftet und zu lebenslanger Haft wegen Aktionen der „Fraktion Bewaffneter Libanesischer Revolutionäre“ (FARL) verurteilt wurde, für die er die politische Verantwortung übernommen hatte. Dazu gab es eine internationale Aktionswoche vom 17. bis 25. Oktober, in denen weltweit zahlreiche verschiedene Aktivitäten stattgefunden haben, an denen wir uns auch als RHI beteiligt haben.

– In Griechenland wurde im Juni ein Gesetz zur Einführung von Isolationstrakten für politische und widerständische Gefangene – ganz nach dem Vorbild von Stammheim und den F-Typ Gefängnissen in der Türkei – verabschiedet. Dagegen traten 4500 Gefangene in Griechenland in den Hungerstreik. Parallel fanden in Italien, Schweiz, Deutschland und Belgien eine Veranstaltungsrundreise zu der Situation in Griechenland.

Auf Grund einer Initiative von uns traten 8 Gefangene aus der Schweiz und aus Deutschland in einen Solidaritätshungerstreik. Diese Inhaftierte kamen aus unterschiedlichen politischen Spektren. Wir konnten das solidarische Band von drinnen nach draußen, aber auch unter den Gefangenen weltweit enger knüpfen. Jetzt steht die Verlegung der politischen Gefangenen in den Hochsicherheitsknast in Domokos an, der erste Gefangene soll Nikos Maziotis (Revolutionärer Kampf) sein. Wir sind bereit, darauf zu reagieren.

Die Notwendigkeit eines internationalen Austauschs und der Koordinierung, die letztlich auch in die gemeinsame Organisierung der internationalen Solidarität münden muss, steht auf der Tagesordnung. So droht den rückkehrenden KämpferInnen aus Kobane aufgrund ihrer Praxis Repression. Wir sind bereit, auch darauf zu reagieren.

„Die Barbarei des Kapitals und ihre verheerenden Kriege in den Peripherien des Systems, und das Elend, das sie verursachen wird, kann nur zu größerer Mobilisierung und Kampfbereitschaft der Volksmassen führen und überall auf dem Planeten Proteste und Revolten hervorrufen.“

Georges Ibrahim Abdallah

Venceremos

Arbeitskonferenz 2014 der Roten Hilfe International

Belgien, Schweiz, Deutschland, Italien, Türkei-Kurdistan

www.rhi-sri.org

Update: Waffen für Rojava!

Update [20.11.2014]: Neues Telefoninterview zur aktuellen Situation direkt aus der Region!

Update [17.11.2014]: Neues Telefoninterview zur aktuellen Situation direkt aus der Region!

Update [9.11.2014]: Telefoninterview zur aktuellen Situation direkt aus der Region!

Seit August wird Sengal im Irak durch die reaktionären Gangs des “IS” angegriffen, seit September auch die syrisch-türkische Grenzstadt Kobane in den autonomen kurdischen Gebieten von Rojava. Viel ist geschehen seit den ersten Auseinandersetzungen, klar ist eines: Ohne Waffen und internationale Solidarität sähe die Situation aktuell gänzlich anders aus. Konkret: Sowohl in Sengal wie auch in Kobane leisten die Truppen der HPG und der YPG wie auch die dazugehörigen Fraueneinheiten YJA STAR und YPJ erbitterten Widerstand gegen alle Angriffe. Und ohne die starken internationalen Mobilisierungen, bei denen 10’000e Schulter an Schulter auf die Strassen gingen, wäre der Kampf gegen den IS nicht zu dem Symbol des Kampfes geworden, das er heute ist.

Wir wollen einen bescheidenen Beitrag zur internationalen Solidarität mit Rojava leisten und rufen dazu auf, Geld für die Bewaffnung der Selbstverteidigungseinheiten vor Ort zu sammeln. Wir tun dies explizit auch darum, weil das, was aktuell in Rojava verteidigt wird, vieles von dem beinhaltet, was wir als KommunistInnen in der Perspektive befürworten. Die Verwaltung des Kapitals in den Händen der Menschen, die damit arbeiten, die unermüdliche Arbeit für die Gleichstellung der Geschlechter, der Kampf gegen den Rassismus oder eben das Bewusstsein dafür, dass ein derartiger revolutionärer Prozess auch mit der Waffe in der Hand verteidigt werden muss.

Es ist davon auszugehen, dass der Kampf um Rojava weitergehen wird, egal was in Kobane geschieht. Kobane wird mit Garantie nicht das Ende, sondern den Beginn eines Kampfzyklus markieren. Fällt Kobane, so wird der “IS” die anderen Kantone von Rojava angreifen. Hält Kobane stand, so wird man erstens die Fundamentalisten gänzlich verjagen müssen, zweitens sich auf eine Intervention der Türkei vorbereiten müssen und drittens davon ausgehen, dass die von den USA angeführte Koalition zurück zu “business as usual” geht und dann Barsanis Fraktion unterstützt, welche explizit nicht für das steht, wofür Rojava steht.

Aus all diesen Gründen rufen wir also dazu auf, Geld für Waffen für Rojava zu sammeln. Wir garantieren dafür, dass das Geld bei den richtigen Stellen landet und für den richtigen Zweck verwendet wird. Aufgrund der Erfahrungen in Deutschland, wo der Aufruf der ARAB und NAO dazu führte, dass Spendenkontos gesperrt wurden, verzichten wir auf die Sammlung via Bankkonto. Alle, die diesen Aufruf unterstützen wollen, sind dazu eingeladen, Spenden jeweils an den einschlägigen Orten wie Büchervertriebe und -läden oder aber an anstehenden Mobilisierungen und Veranstaltungen zu geben. Weiter kann via rotehilfe@aufbau.org ein direktes Treffen abgemacht werden.

Rote Hilfe Schweiz
Oktober 2014
www.rotehilfech.noblogs.org

Plakat (pdf)

Ulrike Meinhof lebt!

Ulrike wäre am 7. Oktober 2014 80 Jahre alt geworden.

Viel ist schon zu ihr geschrieben worden und ich denke, sie wird präsent in den Herzen und Köpfen der revolutionären Linken weltweit bleiben. Nicht nur bei denen, sondern auch bei Einigen, die anfangen, sich zu wehren.

Wie soll ich zu Ulrike schreiben? Wie können wir sie, eine Revolutionärin, angemessen würdigen?
Am einfachsten ist es ist für mich, einige Stationen ihres Lebens zu skizzieren, die vor allem mir wichtig waren. Mir ist dabei bewusst, dass das alles nur Auszüge sein können.

1967/1968

Während einer Demonstration gegen den Besuch des Schah von Persien am 2. Juni 1967 in Westberlin wurde der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen.
Die Erschießung Ohnesorgs war ein Fanal für Viele aus meiner Generation: wir begriffen, was für ein Staat die BRD ist – kein demokratischer Staat, sondern autoritär, der nie mit dem Faschismus gebrochen hatte, denn viele ehemalige Nazis wie Kiesinger, Lübke, Globke, Buback oder Schleyer übten wichtige Funktionen im sogenannten Rechtsstaat aus. Die Regierung der BRD war natürlich für das Folterregime Iran ein wichtiger Handelspartner.
Der Polizist Kurras wurde wegen der Erschießung von Benno nie belangt.
Die BRD war für die USA ein wichtiger Militärstützpunkt, ein Drehkreuz, von wo aus die USA die Bombenangriffe gegen die Bevölkerung Vietnams koordinierte. 1972 griff deshalb die RAF, in der Zeit war auch Ulrike dort organisiert, zwei US-Stützpunkte in Frankfurt und Heidelberg an.
Mir empfahlen FreundInnen nach dem 2. Juni 1967, die Artikel von Ulrike in der Zeitschrift “Konkret” zu lesen. Vieles war mir als knapp 17-jährigem in der Zeitschrift neu und unverständlich. Doch über Ulrikes Texte bekam ich langsam einen Begriff von der Situation und fing an, mich zu politisieren.
Die Reportagen Ulrikes über Heime, über proletarische Jugendliche, waren mir wichtig. Ihr Film “Bambule”, über eine Rebellion in einem Heim für heranwachsende Frauen, durfte 24 Jahre nicht im Fernsehen gezeigt werden, weil Ulrike sich kurz vor Aufführung im Fernsehen der RAF angeschlossen hatte.
Viele von uns, so auch ich, haben später ähnliche Arbeiten mit unterprivilegierten Jugendlichen gemacht. In Hamburg holten wir z. B. 1973 Jugendliche aus Heimen raus, die dann mit uns zusammen das Haus in der Ekhofstraße besetzten und militant verteidigten.
Ein knappes Jahr später, am 10. April 1968, schoss ein durch die Springer-Presse, Berliner Senat und Bundesregierung aufgehetzter Arbeiter auf den bekanntesten Sprecher der Außerparlamentarischen Opposition (APO) Rudi Dutschke und verletzte ihn lebensgefährlich.
An diesem Tag nahm ich mit Freunden an meiner ersten Demonstration teil, gemeinsam blockierten wir den Springerverlag in Hamburg, um die Auslieferung dieser Hetzblätter zu verhindern. Ulrike begleitete diese Aktionen nicht nur journalistisch, sondern war selbst auf der Straße. Im Grunde fing sie schon damit an, die Aufhebung von Kopf- und Handarbeit zu praktizieren und damit die Fessel und damit den Bruch des bürgerlichen Leben zu forcieren.
Ende des Jahres 1968 wurde deutlich, dass diese anti-autoritäre Bewegung an Grenzen stieß. Sie splitterte sich in verschiedene Organisationen auf. Schon in dieser Zeit berichtete sie in “Konkret” über eine Aktion gegen Kaufhäuser. Andreas Baader und Gudrun Ensslin und zwei weitere Männer zündeten aus Prostest gegen den Konsumterror und den Vietnamkrieg 2 Kaufhäuser in Frankfurt an. Sie wurden alle zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt
Ulrike schrieb in “Konkret” 14/1968 dazu:
„Das progressive Moment einer Warenhausbrandstiftung liegt nicht in der Vernichtung der Waren, es liegt im Gesetzesbruch…
Es bleibt aber auch, was Fritz Teufel auf der Delegiertenkonferenz des SDS gesagt hat: es ist immer noch besser, ein Warenhaus anzuzünden, als ein Warenhaus zu betreiben. Fritz Teufel kann manchmal wirklich sehr gut formulieren.“
Anfangs war diese Kaufhausaktion in der Protestbewegung sehr umstritten, selbst der SDS, die radikalste Studentenorganisation, distanzierte sich. Das änderte sich und Ulrikes Artikel haben bestimmt dazu beigetragen. Es zeigt sich an diesem Artikel aber auch, dass über die Anwendung von revolutionären Interventionsmethoden breit diskutiert wurde, d. h. die später entstehenden bewaffneten Gruppen wie die RAF oder die „Bewegung 2. Juni“ waren Ergebnisse davon und agierten weltweit mit anderen Guerillagruppen gegen den Imperialismus.
Das Zitat von Fritz drückt auch aus, dass das Leben im Kapitalismus für viele damals keine Perspektive war, im Grunde das, was heute mit „Kapitalismus tötet!“ bezeichnet wird.

RAF

Am 14. Mai 1970 wurde Andreas Baader, der wegen der militanten Aktion gegen Kaufhäuser eingesperrt war, in Berlin befreit. Das ist sozusagen die „Geburtsstunde“ der RAF.
Als Gefangene sagte Ulrike Meinhof 1974 im Prozess dazu:
„unsere aktion am 14. mai 1970 ist und bleibt die exemplarische aktion der metropolenguerilla. in ihr sind/waren schon alle elemente der strategie des bewaffneten, antiimperialistischen kampfes enthalten: es war die befreiung eines gefangenen aus dem griff des staatsapparats. ….war exemplarisch, weil es im antiimperialistischen kampf überhaupt um gefangenenbefreiung geht, aus dem gefängnis, dass das system für alle ausgebeuteten und unterdrückten schichten des volkes schon immer ist und ohne historische perspektive als tod, terror, faschismus und barbarei;“
http://www.labourhistory.net/raf/read.php?id=0019710501

Ulrike kannte ich ja nicht persönlich, sondern nur durch ihre Artikel. Ich konnte trotzdem ihren Schritt in die RAF gut nachvollziehen. Sie redete nicht nur von Umsturz, sondern versuchte, das auch praktisch werden zu lassen.

Des-Informationspolitik der Herrschenden

Viele Militante hatten Kinder: Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ilse Schwipper oder Willy Peter Stoll.
Natürlich versuchten oft die Medien, Polizei und Geheimdienste, die Militanten generell wegen ihrer Kinder zu erpressen und/oder zu diffamieren. Das betraf auch Ulrike. Einmal, weil sie selbst zu den Waffen griff und zum Anderen, weil sie als Frau ihre Kinder zurück ließ.
Tauchten KämpferInnen ab, um den Kampf mit anderen Mittel weiterzuführen, sorgten sie dafür, dass es für die Kinder eine gute Lösung gab.
Wenn die Kontakte auf Grund dieser Bedingungen beendet werden, ist es für beide Seiten nicht einfach, eine optimale Lösung für die Eltern und Kinder zu finden.
Klar war, die zurückgelassenen Kindern sollten gut unterkommen, sei es bei linken GenossInnen oder korrekten Verwandten.
So erzählte der kommunistische Schriftsteller Christian Geissler in einem Radiointerview 2005, dass sich Ulrike kurz vor ihrem Schritt in die RAF viele Gedanken um ihre zurückgelassene Kinder machte.
So sollten ihre Kinder in ein Palästinenserlager gebracht werden, was bekanntlich durch Stefan Aust, der eng mit den Geheimdiensten zusammenarbeitet, verhinderte wurde.
http://www.political-prisoners.net/nullaefinito/Christian_Geissler/Interview_mit_Christian_Geissler.mp3
Nach der Verhaftung von Illegalen wurde teilweise der Kontakt zu den Kindern wieder aufgenommen.

Was tun

Ich hatte ja schon die Zersplitterung der radikalen Linken Ende der sechziger Jahre angesprochen: viele gingen in die SPD oder DKP und Andere gründeten kommunistische Gruppen. All diese Ansätze waren entweder opportunistisch und/oder revisionistisch. Kurzum, sie hatten nichts mehr mit den progressiven Inhalten der APO zu tun: anti-kapitalistisch, antagonistisch und internationalistisch.
Wir hingegen versuchten, unsere Praxis mit der Politik der Guerilla zu verbinden.
Da war es nur konsequent, die Gefangenen aus der RAF aus den Isolationsbunker heraus zu kämpfen. Ich schloss mich deshalb den „Komitees gegen Folter an den politischen Gefangenen in der BRD“ an.
Nach der Festnahme zahlreicher Mitglieder aus der RAF wurde mit strikter Isolation und Sonderbehandlung versucht, die Gefangenen zu brechen und zu zerstören. Ulrike wurde am 15. Juni 1972 in Hannover durch Verrat verhaftet.
Die Weggesperrten aus der RAF wurden in verschiedenen Knästen vollständig isoliert. Ulrike z. B. wurde im „Toten Trakt“, d. h. in einem leeren, unbelegten, von der restlichen Anstalt auch räumlich isolierten Trakt der JVA Köln-Ossendorf, eingesperrt. Sie wurde von jeglicher Außenwelt akustisch und visuell abgeschnitten. Ihre Zelle war vollständig weiß gestrichen. Es war ihr verboten, Bilder, Kalender o. ä. an die Wände zu hängen. Das Fenster ließ sich gar nicht, später nur einen winzigen Spalt, öffnen, davor engmaschige, kaum durchsichtige Fliegengaze. Die Neonbeleuchtung wurde auch nachts nicht abgeschaltet. Im Winter war die Zelle permanent unterkühlt.
Zu den Wirkungen dieser wissenschaftlich ausgeklügelten „Weißen Folter“ schreibt Ulrike Meinhof in einem Brief: „Das Gefühl, es explodiert einem der Kopf … Das Gefühl, es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst, das Gefühl, das Gehirn schrumpelt einem allmählich zusammen, wie Backobst z. B., das Gefühl, man stünde ununterbrochen, unmerklich, unter Strom, man würde ferngesteuert – das Gefühl, die Assoziationen würden einem weggehackt – das Gefühl, die Zelle fährt. …. Rasende Aggressivität, für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewusstsein, dass man keine Überlebenschance hat; völliges Scheitern, das zu vermitteln; … Das Gefühl, es sei einem die Haut abgezogen worden.“
Uns gelang es durch zahlreiche Aktionen, neben Ulrike die insgesamt acht Monate da drin war, auch Gudrun Ensslin, die mit ihr drei Monate zusammen im Toten Trakt isoliert war, heraus zu holen.
Isolationsfolter wurde also systematisch 1972 gegen die Gefangenen aus der RAF, der „Bewegung 2. Juni“ und später auch gegen Gefangene aus dem anti-imperialistischen Widerstand angewandt.
Die Inhaftierten kämpften dagegen in zehn kollektiven Hungerstreiks gegen die rigiden Bedingungen.
Wir konnten trotz unseres vielfältigen Widerstandes weder die Isolation stoppen, noch verhindern, dass neun Gefangene aus diesen Zusammenhängen den Knast nicht überlebten.

Der Tod Ulrike Meinhofs

Am 8. Mai 1976 wird Ulrike Meinhof in ihrer Zelle tot aufgefunden. Eine internationale Untersuchungskommission, die im übrigen durch die deutschen Behörden auf verschiedenste Art und Weise behindert wird, kommt u. a. zu folgendem Ergebnis:
„Die Behauptung der staatlichen Behörden, Ulrike Meinhof habe sich durch Erhängen selbst getötet, ist nicht bewiesen, und die Ergebnisse der Untersuchungen der Kommission legen nahe, dass sich Ulrike Meinhof nicht selbst erhängen konnte. Die Ergebnisse der Untersuchungen legen vielmehr den Schluss nahe, dass Ulrike Meinhof tot war, als man sie aufhängte, und es beunruhigende Indizien gibt, die auf das Eingreifen eines Dritten im Zusammenhang mit diesem Tod hinweisen. … jeder Verdacht (ist) gerechtfertigt angesichts der Tatsache, dass die Geheimdienste – neben dem Gefängnispersonal – Zugang hatten zu den Zellen des 7. Stocks, und zwar durch einen getrennten und geheimen Eingang.“
http://www.labourhistory.net/raf/documents/0019760508_03.pdf

Trotzdem wurde und wird offiziell und medienwirksam Ulrike Meinhofs Tod als Selbstmord dargestellt.

Was bleibt

Sei es die Ausbeutung und die Kriege im Trikont, im Inneren die Gewalt und die Unterdrückung auf den Straßen, die Verschärfung in den Heimen und den Knästen – gegen all das hat sich Ulrike gewehrt.
All diese Bedingungen haben sich nicht verbessert, sondern in den letzten 25 Jahren eher noch verschärft und warten auf revolutionäre Veränderungen!
So wird die Isolation „Made in Stammheim“ auch weiterhin gegen Gefangene hier eingesetzt. Die Maßnahmen bekommen vor allem die §129b Gefangenen und die rebellischen Eingesperrten zu spüren. Die Isolationsfolter wird von der BRD in andere Länder exportiert, wie im Sommer nach Griechenland.
Das alles sind Gründe, gegen die Ulrike mit Anderen kämpfte, es liegt an uns, diesen Kampf um Befreiung weiter zu führen.
Machen wir uns keine Illusionen, der Weg dahin wird lang und hart sein!

“was die herrschende klasse an uns hasst, ist, dass die revolution trotz hundert jahre repression, faschismus, antikommunismus, imperialistischer kriege, völkermord wieder ihren kopf erhebt” (aus der Rede von Ulrike am 13. 9. 74 vor Gericht in Berlin wegen der Befreiung von Andreas Baader)

Ulrike lebt!

Redaktion des Gefangenen Info

Quelle: http://political-prisoners.net/item/3158-ulrike-meinhof-lebt.html

Erklärung von Nikos Maziotis, Mitglied des Revolutionärer Kampf, für die Ehrerweisung an die RAF und die Revolutionärin Ulrike Meinhof durch die Internationale Roten Hilfe.

Am 7. Oktober werden 80 Jahre seit der Geburt der Revolutionärin Ulrike Meinhof, eines der Gründungsmitglieder der Guerillagruppe RAF, vergangen sein. Meinhof, und die RAF haben einen Platz im Pantheon der Geschichte der revolutionären Bewegungen für die Befreiung der Menschheit von den Übeln der Unterdrückung und Ausbeutung gewonnen. Sie haben eine unauslöschliche Spur in der Geschichte hinterlassen; sie sind der Massstab für Generationen von RebellInnen und KämpferInnen. So wie für die RAF die antiimperialistischen und antikolonialen Kämpfe der Völker der Dritten Welt, wie die der VietnamesInnen und der Tupamaros ein Vorbild waren, so wurde die RAF zu einer Quelle der Inspiration und des Bezugs für Generationen von RebellInnen, sicher für viele in meiner Generation. RevolutionärInnen wie Meinhof trafen Entscheidungen, die sie dazu brachten alles zu wagen, um ihr Leben und ihre Freiheit im Kampf zu riskieren, wie alle anderen, die sich für den Pfad des Guerilla-Kampfes entschieden haben. Viele von ihnen wurden in bewaffneten Kämpfen gegen die Hunde des Staates getötet, sie starben im Hungerstreik im Gefängnis oder wurden in Gefängnissen getötet. Ulrike Meinhof wie auch Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe wurden ermordet, während sie Gefangene in den Gefängnissen von Stammheim waren, sie bezahlten den Preis dener, die sich für den Weg des Guerilla-Kampfes entschieden hatten. Derselbe Preis wurde von Puig Antich, Agustin Rueda, Oriol Solé, Mara Cagol, Anna Maria Ludman, Lorenzo Betassa, Riccardo Dura, Piero Panciarelli, Christos Kassimis, Christos Tsoutsouvis, Thomas Weisbecker, Georg von Rauch, Mario Galesi und Lambros Foundas bezahlt. Die Liste derer, die af dem Schlachtfeld starben ist sowieso endlos. Der Preis wurde von denen bezahlt, die als Gefangene im Hungerstreik starben, wie Holger Meins und Sigurd Debus, den Mitgliedern der IRA oder den kommunistischen Kämpfern in der Türkei im Hungerstreik im Jahr 2000. Der Preis wurde von denen bezahlt, die viele Jahre im Gefängnis verbrachten und bis zum Ende standhaft blieben, wie Joëlle Aubron, Prospero Gallinari oder der libanesische Rebell Ibrahim Abdullah, der seit 1984 in Frankreich inhaftiert bleibt. Wer sich dafür entschied, ein Rebell zu sein und sich für den bewaffneten Kampf und den Guerillakrieg entschied weiss, dass der Weg zur Befreiung des Menschen aus den Fesseln des Kapitals, des Imperialismus und des Staates nicht mit Blumen bestreut ist, sondern mit dem Tod, mit Blut, Kugeln, mit Gewalt, Gefängnis und Isolation gepflastert ist, was alles grosszügig von unserem Feind angeboten wird.

Ulrike Meinhof ist unter denen, die ein leuchtendes Beispiel sind, die bis zum Ende konsequent blieben. Meinhof, wie so viele andere GenossInnen, die sich den Reihen der Aufständischen anschlossen, durchbrachen die etablierten Rollen der sexistischen Gesellschaft, die Frauen als untergeordnete oder unterwürfige Underdogs der Männer sahen und änderten ihre Stellung als würdige und gleichwertige KämpferInnen, die mit der Waffe in der Hand kämpften. Wir vom Revolutionärer Kampf glauben, dass die beste Ehrung unserer KameradInnen die ihr Leben im Kampf gaben, die Fortsetzung desselben Kampfes ist, in dem sie fielen. Heute, mehr als 40 Jahre nach der Gründung der RAF und unter völlig anderen Bedingungen; unter den Bedingungen der globalen kapitalistischen Krise – die längste in der Geschichte des Kapitalismus – ist der Mangel an bewaffneten Aktionen in den Städten des entwickelten kapitalistischen Territoriums Europa und den USA deutlicher als je zuvor. Heute unter den Bedingungen des globalen Kapitalismus, entgegen der Überzeugung der 70er Jahre, dass die Front des imperialistischen Krieges in den Ländern der Dritten Welt wie Vietnam ist und die Rückseite in dem Gebiet Europas liegt, wo die amerikanische Kriegsmaschine auftankt, sind heute die vordere und die Rückseite des sozialen und des Klassenkampfes in der gleichen Gegend, in der der Europäischen Union und den USA. Es ist hier, wo die Entscheidungen für den brutalen Angriff des transnationalen Kapitals gegen die Menschen unter dem Vorwand der Schuldenkrise getroffen werden, wo der grösste Sozialraub orchestriert wird, die grösste Umverteilung von unten nach oben in der sozialen Hierarchie. Das heisst, in Deutschland, in Frankfurt, wo das Hauptquartier der Europäischen Zentralbank ist, in Paris, wo der Internationale Währungsfond einen Sitz hat, in Brüssel, wo der Sitz der Europäischen Union ist. Heute in Europa und in den Städten des entwickelten Kapitalismus, ist der bewaffnete Kampf notwendiger denn je. Um das Kapital der Europäischen Union zu zerstören, ist es notwendig, ein System zu untergraben, das in der grössten Krise seiner Geschichte steckt.

Der Kampf heute wird am Beispiel all derer geführt, die in früheren Zeiten ihr Leben gaben oder im Gefängnis eingesperrt waren und ungebrochen blieben.

Ehre für Ulrike Meinhof

Ehre den Toten des sozialen und des Klassenkampfes

Ehre den Reuelosen

Nikos Maziotis Mitglied des Revolutionärer Kampf

Ulrike war ein Teil des Kollektiv RAF – Orientierung im revolutionären Kampf!

Am 7. Oktober jährt sich der Geburtstag von Ulrike zum achtzigsten Mal. Anlass sich im Kontext wichtiger Fragestellungen des revolutionären Prozesses mit dem Stellenwert des bewaffneten Kampfes auseinander zu setzen: seine historische Einordnung, seine aktuelle Bedeutung. Denn Geschichtsbewusstsein erlaubt die Ettapisierung des revolutionären Prozesses und darin die Bestimmung der aktuellen Phase.

Für uns war Ulrike immer Teil des Kollektivs RAF und damit Orientierung im revolutionären Kampf. Und von dessen Aktualität gehen wir aus, auch wenn uns vergangene Fehleinschätzungen und die momentanen schwierigen gesellschaftlichen Verhältnisse nicht entgangen sind. Imperialistische Kriege, reaktionäre und klerikale Mobilisierungen, Flüchtlinge, Abbau sozialer Errungenschaften sollen kein Anlass für eine revolutionäre Veränderung sein? Ohne Zweifel, das Kräfteverhältnis dafür war schon besser, doch gerade darum braucht es die Anstrengungen zum Aufbau der revolutionären Seite! Denn diese gesellschaftlichen Krisenprozesse erzeugen nicht automatisch revolutionäres Klassenbewusstsein. Gleichzeitig bringen jedoch die fundamentalen Strukturveränderung in den hochindustrialisierten Metropolen ein grosses ‚Unruhe- und Gewaltpotential’ mit sich.

Es passt ausgezeichnet in die politische, militärische und kulturelle reaktionäre Offensive der Herrschenden, dass auch die letzten Spuren der revolutionären Erfahrungen der 1970er Jahren aus dem Gedächtnis getilgt werden sollen. Offensichtlich steckt der revolutionäre Stachel, dieser ‚fundamentaler Fehltritt der Geschichte’ wie es in den bürgerlichen Medien geheissen hat, noch immer tief. Wo es dem kapitalistischen Staat nicht gelingt Widerstand zu integrieren muss er mit allen Mitteln vernichtet werden: Die Militanten, die Gefangenen, die Ideen und ihre Geschichte.

Dagegen sehen wir unser Geschichtsbewusstsein. Diese historischen Erfahrungen sollen aufgearbeitet und somit für die heutigen Debatten nutzbar gemacht werden. Der bewaffnete Kampf für eine kommunistische Gesellschaft war nicht das Hirngespinst einiger Wirrköpfe, sondern Antwort auf eine konkrete gesellschaftliche Situation in den 1960er und 70er Jahren. Während in den hochindustrialisierten Ländern es den Herrschenden gerade auch auf der Grundlage des Mehrprofits aus den kolonialisierten Länder gelang die Ausbeutung sozial abzufedern und revolutionäre Ansätze zu zerschlagen, hatte sich mehr und mehr der Widerspruch zwischen dem kolonialen und feudalen Trikont und den imperialistischen Zentren als der entscheidende revolutionäre Faktor herausgestellt – Algerien; Cuba; Vietnam; Angola; etc. Verheissungsvoll waren die Kämpfe in Afrika, Asien und Lateinamerika in den 70er Jahren. Dieser Tatbestand war nicht ohne Folgen auch für die revolutionäre Theorie und Strategie in den Metropolen geblieben. Insbesondere in der BRD.

Aufbauend auf der Neubestimmung des Subjekts der sozialen Umwälzung, der Lehre von der ursprünglichen sozialistischen Akkumulation und des Übergangs der neudemokratischen in die sozialistische Revolution entwickelten diese Länder bzw. Befreiungsbewegungen in der Auseinandersetzung mit ihren Unterdrückern die Strategie des langandauernden revolutionären Volkskrieges Die Revolutionierung des Trikont, die nach ihrem Sieg auf die hochindustrialisierten Länder übergreifen würde. Eine Internationalisierung des Klassenkampfes mit grosser Auswirkung auf die revolutionären Bewegungen in den Metropolen. Die Befreiung der unterdrückten und vom Imperialismus ausgebeuteten Völker durch die antiimperialistischen Befreiungsbewegungen ermöglichte auch der revolutionären Linken in Europa eine neue Machtperspektive.

Allerdings war dieser Aufbruch ganz und gar nicht determiniert, sondern es galt die Entwicklung aktiv zu fördern. Innerhalb des jeweiligen objektiven Rahmens müssen Entscheidungen getroffen, die richtige Möglichkeit unter verschiedenen ausgewählt werden. Mit anderen Worten, objektive Verhältnisse bedeuten nie die Hände in den Schoss zu legen und auf ‚günstigere’ Verhältnisse zu warten. Aufgrund des globalen Charakters des Imperialismus war er auch an jedem Ort angreifbar und durch eine zusätzliche Front weiter zu schwächen. Insbesondere in Deutschland und den USA war dieses Verhältnis zentraler Impuls für die revolutionäre Bewegung.

Am konsequentesten wurde die Verbindung zwischen diesem theoretischen Ansatz und der revolutionären Praxis in Europa durch die Stadtguerilla hergestellt. Besonders der Kampf des Vietcong und die damit verbundene internationalistische Solidaritätsbewegung war quasi die subjektive Bedingung aus der sich die Rote Armee Fraktion entwickelt hatte. Es war dieser antiimperialistische Kontext der die strategische Funktion der Stadtguerilla definierte: Die Einkreisung der Metropolen durch die Befreiungskämpfe, durch den Aufbau der äusseren Front zu ergänzen. Mit militärischen Interventionen sollte das imperialistische Hinterland destabilisiert werden. Die RAF bezog sich in ihrer strategischen Orientierung einerseits auf die chinesischen Kommunisten Lin Biao anderseits auf Mao. Lin Biao stellte zwischen dem langandauernden Volkskrieg und der Weltrevolution eine Analogie her, nach der die ‚Weltdörfer’ die ‚Weltstädte’ langsam einkreisen würden. Von Mao wiederum wurde die Volkskrieg-Theorie der inneren und äusseren Linien übernommen. Die äussere Linie waren die Metropolen, also auch die BRD.

Unmittelbare strategische Bedeutung für die Stadtguerilla kam dabei der Focus-Theorie zu, in der das Verhältnis zwischen den kämpfenden Avantgarde und den Massen neu definiert wurde. Die Tupamaros in Uruguay interpretierten dieses Konzept so, dass es für die Stadtguerilla in Europa bestimmte Vorbildfunktion hatte. Sie begannen ihren Kampf in geographischen Verhältnissen die für einen ruralen Guerillakampf nicht geeignet war. In den urbanen Zentren, in Montevideo, hingegen sei der Klassenkampf so polarisiert, dass die Guerilla sich wie der Fisch im Wasser bewegen könne. Die Verbindung mit der sozialen Basis würde wiederum durch die bewaffneten Aktionen geschaffen, der bewaffnete Kampf könne ohne Massenorganisation begonnen werden. Die bewaffnete Aktion bringe nicht nur revolutionäres Bewusstsein sondern auch revolutionäre Bedingungen hervor.

Tatsache ist, dass es kleine bewaffnete revolutionäre Stadtguerilla-Gruppen mit gezielten Angriffen schaffen den kapitalistischen Staat herauszufordern, blosszustellen und zu verunsichern. Bewaffnete Aktionen, Feuergefechte mit den Repressionskräften, erfolgreiche Expropriationen, die Etablierung origineller Prinzipien der Konspiration, der Aufbau von illegalen Strukturen, waren auch in Europa erfolgreich. Allerdings fehlte in diesem Zusammenhang eine weitergehende politische Machteroberungsstrategie. Ohne politischen Aufbau einer Massenperspektive diente diese Praxis letztlich dazu den empirischen Beweis zu liefern, dass bewaffneter Widerstand möglich ist. In wie weit dadurch Bewusstsein in der Klasse geschaffen werden konnte hat die Geschichte beantwortet.

Die Kämpfe, Entwicklungen und Debatten der 70er und 80er Jahre, die von Ulrike Meinhof mitgeprägt wurden, gehören mittlerweile zwar der Vergangenheit an, Sie sind bereits Ge­schichte. Doch sie sind ein historischer Abschnitt, der auch heute noch jeden Ansatz von revolutionärer und kommunistischer Politik entscheidend prägt.

Rote Hilfe des Revolutionären Aufbau Schweiz

7.10. 2014

Interview: Wienke Zitzlaff über ihre Schwester Ulrike

Am 7. Oktober 2014 wäre Ulrike Meinhof (Mitglied der Roten Armee Fraktion) 80 Jahre alt geworden. Anlässlich dieses Jahrestags hat Wienke Zitzlaff, Ulrikes Schwester, dem WDR ein längeres Interview gegeben. Wienke ist selber politisch aktiv und blickt auf eine lange Geschichte zurück. 1986 hat sie beispielsweise der Libertad ein längeres Interview über den Zustand der deutschen revolutionären Linken gegeben. Sie war auch eine der treibenden Kräfte bei der Hinterfragung der “Selbstmordthese” im Fall von Ulrike. In ihren Worten:

Die  Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft sind so voller Widersprüche, dass die These der Staatsanwaltschaft vom “Selbstmord” von uns angezweifelt werden muss.